Hollywood kann ein grausamer Ort sein. So viele junge, begabte Menschen kommen in die Stadt der Engel, um Schauspielerin oder Schauspieler zu werden, sie belegen Kurse, gehen zu Vorsprechen und leben von der Hoffnung, eines Tages berühmt zu werden. Aber die Konkurrenz ist groß und nicht jeder hat das Zeug zum Star. Und selbst jene, die es immerhin zu einiger Bekanntheit gebracht haben, können schnell wieder der Vergessenheit anheimfallen.
Ben Hecht, einer der Chronisten des klassischen Hollywoods, hat einmal eine bemerkenswerte Geschichte über eine junge Aktrice geschrieben, die als Schauspielerin gescheitert war und wenigstens ihren Selbstmord hollywoodreif in Szene setzen wollte. Dazu bestreute sie ihr Bett mit Rosenblätter und zog sich ein wunderschönes weißes Kleid an, sie verwendete viel Zeit auf ihre Frisur und ihr Make-up und schluckte dann einen Haufen Schlaftabletten. Solchermaßen legte sie sich aufs Bett und wartete auf den Tod. Dummerweise wurde ihr so speiübel von den Tabletten, dass sie sich übergeben musste. Und so fand die Polizei später ihre Leiche: mit dem Kopf in der Toilettenschüssel …
So grotesk ist das Ende von Gloria Grahame glücklicherweise nicht verlaufen, aber auch in ihrem Fall ist der Glanz des Ruhms bereits zu ihren Lebzeiten verblasst …
Film Stars Don’t Die in Liverpool
Peter Turner (Jamie Bell) ist ein mäßig erfolgreicher Schauspieler in Liverpool. Eines Tages erhält er die Nachricht, dass seine ehemalige Geliebte Gloria Grahame (Annette Benning) schwer krank ist. Er holt sie zu sich und kümmert sich zusammen mit seiner Mutter (Julie Waters) um den ehemaligen Hollywoodstar, der sich seit Jahren nur noch mühsam über Wasser hält. Während Gloria zu verheimlichen versucht, wie schlecht es ihr geht, erinnert sich Peter an ihre gemeinsame Zeit …
Gloria Grahame hatte eine kurze, relativ erfolgreiche Zeit in den 1940er und 1950er Jahren, als sie in Ist das Leben nicht schön? die kokette Violett spielte und zweimal für den Oscar nominiert wurde, wobei sie ihn 1953 für ihre Nebenrolle in Stadt der Illusionen, einem Drama über die Schattenseiten Hollywoods, dann auch gewann. Berühmt war sie aber auch für ihre Affären, vor allem mit sehr viel jüngeren Männern. So war ihr vierter Ehemann ihr ehemaliger Stiefsohn, der am Beginn ihrer Beziehung noch minderjährig war.
Der Film basiert allerdings auf der Lebensgeschichte Peter Turners, die er Ende der Achtziger, einige Jahre nach Glorias Tod verfasst hat. Deshalb handelt die Story auch nur von ihrer relativ kurzen Beziehung, während Glorias wildbewegte Vergangenheit nur einmal am Rande erwähnt wird. Es ist ein sehr liebevoller, fast schon verklärter Blick auf eine Frau, die es verstanden hat, das Leben voll und ganz auszukosten, auch wenn sie selbst und andere dabei verletzt werden.
Annette Benning spielt Gloria Grahame mit solch emotionaler Wucht, erfrischender Lebenslust und beinahe kindlicher Naivität, die gleichzeitig mit dem unvergleichlichen Charme der Femme fatale gepaart ist, dass man von dieser Figur absolut hingerissen ist. Auch Jamie Bell agiert facettenreicher und subtiler als sonst, so dass es eine wahre Freude ist, diesem ungleichen Paar zu folgen. Es ist wirklich eine Schande, dass keiner von ihnen für den Oscar nominiert wurde.
Man merkt dem Film leider an, dass er unterfinanziert ist, dennoch hat Regisseur Paul McGuigan es geschafft, eine eigene Handschrift zu kreieren und Peters Erinnerungen kongenial mit der Rahmenhandlung zu verschmelzen. Raffiniert ist auch, wie er den Moment ihrer Trennung zunächst aus Peters Sicht erzählt und dann noch einmal aus der Glorias, um der Story eine größere emotionale Wucht zu verleihen.
Die Geschichte an sich ist leider etwas dünn geraten und arm an wirklichen Höhepunkten, aber das machen die beiden Hauptdarsteller mehr als wett. Man sollte den Film unbedingt im Original sehen, da Annette Benning nahezu perfekt Glorias eigentümliche Art zu sprechen kopiert. Ein toller, zutiefst bewegender Film!
Note: 2