Meine Watchlisten bei Netflix und Amazon werden immer länger. Es gibt einfach zu viele interessante Serien und auch Filme, die ich mir gerne anschauen würde – wenn ich denn die Zeit dazu hätte. Schön, dass man sie für spätere Regentage oder die nächste Grippesaison speichern kann, blöd ist aber, dass manche Filme nur für begrenzte Zeit zur Verfügung stehen.
Einen Film, den ich kürzlich gesehen habe, war The Limehouse Golem, den ich im Kino leider verpasst habe. Düstere Gassen, dichter Nebel und aufwändige Kostüme – das ist das viktorianische London, wie man es sich vorstellt. Da ich historische Filme im Allgemeinen und Geschichten über England im 19. Jahrhundert im Besonderen liebe, lasse ich mir kaum einen davon entgehen.
The Limehouse Golem
London 1880: Eine Reihe brutaler Morde erschüttert die Stadt, und Inspector Kildare (Bill Nighy) steht vor einem Rätsel, denn weder die Opfer noch die Umstände der Verbrechen scheinen etwas miteinander zu tun zu haben. Der Mörder, der sich nach der Tötung eines jüdischen Gelehrten selbst als Golem bezeichnet, hat jedoch ein Tagebuch hinterlassen, und Kildare klappert nun eine Reihe von Verdächtigen ab, um sich eine Handschriftenprobe zu beschaffen. Einer davon, der Bühnenreporter John Cree (Sam Reid) wurde gerade tot aufgefunden, seine Frau Lizzie (Olivia Cooke) verhaftet. Kildare ist jedoch davon überzeugt, dass sie unschuldig ist …
Auf den ersten Blick erfüllt der Film von Regisseur Juan Carlos Medina genau die Erwartungen, die man an ihn richtet: Das Setting besitzt eine düstere Eleganz, es gibt ein großes Geheimnis, das es zu ergründen gilt, und mit Bill Nighy und Olivia Cooke zwei sympathische und profilierte Darsteller, denen man gerne in die Abgründe Londons folgt.
Nachdem man sich zusammen mit Kildare einen Überblick über das Tatgeschehen verschafft und einen Einblick in das blutige Handwerk des Mörders gewonnen hat, treten die Ermittlungen dann aber leider ziemlich auf der Stelle. Kildare entdeckt noch das Tagebuch, durch das er dem Täter etwas näherkommt und den Kreis der Verdächtigen einkreisen kann, aber danach hat er nicht mehr zu tun, als sie der Reihe nach abzuklappern und von seiner Liste zu streichen. Das ist leider nicht sonderlich spannend, zumal der Mörder auch nicht erneut zuschlägt.
Der zweite und im Grunde bedeutendere Handlungsstrang erzählt die Geschichte von Lizzie Cree, die in ärmlichen Verhältnissen aufwächst und als junges Mädchen zum Theater kommt. Als Mitglied der Gruppe um den gefeierten Autor und Schauspieler Dan Leno (Douglas Booth) avanciert sie zum Star und erobert das Herz von John Cree. Im Grunde ist diese Story nicht uninteressant, doch kommt man als Zuschauer Lizzie nicht wirklich nahe. Man versteht mitunter auch nicht, welche Motive ihrem Handeln zugrunde liegen, wodurch es schwer wird, der Figur zu folgen.
Die Handlungsarmut auf der einen Seite und eine undurchsichtige, allem Anschein nach aber naiv-unbedarfte Figur auf der anderen lassen den Film vor allem in der zweiten Hälfte stark abfallen. Es stellen sich Längen ein, und Langeweile kommt auf. Erst gegen Ende, wenn ein unvorhergesehener Twist die wahre Identität des Mörders offenbart, ergibt vieles einen Sinn – oder erweckt zumindest den Anschein. Bei genauerem Nachdenken passt jedoch vieles nicht zusammen, und man fragt sich, ob es an dem eher schwachen Buch von Jane Goldman liegt oder schon in der Romanvorlange von Peter Ackroyd begründet ist.
Nur für eingefleischte Fans des Genres.
Note: 4+