Im All und auf hoher See

Der wichtigste Unterschied zwischen Europäern und Amerikanern, so heißt es, besteht darin, dass erstere hundert Kilometer für eine weite Strecke halten, letztere hundert Jahre für eine sehr lange Zeit. In Deutschland käme ich nie auf die Idee, eine dreiviertel Stunde zu fahren, um ins Kino zu gehen. In den USA kommt einem das nicht besonders weit vor. So fuhren wir am Samstagmorgen bei strahlendem Sonnenschein zu den Kinos in Universal City, um uns Gravity in der Imax-Version anzuschauen. Leider war es das einzige (echte) IMAX-Kino, das den Film zeigt, daher hatten wir keine andere Wahl…

Gravity

Die beiden Astronauten Ryan Stone (Sandra Bullock) und Matt Kowalski (George Clooney) sind auf einem Außeneinsatz, als sie von den Trümmern eines zerstörten Satelliten getroffen werden. Ryan wird ins All geschleudert, Matt gelingt es, sie zu retten, aber die Rückkehr zur Erde gestaltet sich als ein einziger Kampf ums Überleben…

Alfonso Cuaron ist seit Children of Men sicherlich einer der besten und innovativsten Regisseure unserer Zeit. Leider hat er sich seit seinem Geniestreich sehr lange Zeit gelassen, bevor er wieder einen Film ins Kino brachte, aber die Wartezeit hat sich gelohnt. Gravity ist der beste Film des Jahres, vielleicht des Jahrzehnts. Punkt. Die Inszenierung ist großartig, die Kamera superb, und Bullock und Clooney agieren vorzüglich. Ein Film, an dem es nichts auszusetzen gibt und der einen oft staunen lässt, kurz und gut: Ein Meisterwerk.

Note: 1

Nach dem Film waren wir mit Mark G.s Cousine und ihrem Mann zum Lunch in der Filiale der lokalen Burgerkette Umami verabredet. Nettes Interior, aber der Versuch, Haute Cuisine-Burger und Hot Dogs zu kreieren, ist nicht ganz gelungen. Mein Burger hatte als Besonderheit eine dünne Kruste aus gebackenem Parmesan, aber das allein reicht noch nicht, um die hohen Preise und winzigen Portionen zu rechtfertigen.

Am Abend gab es in einem nicht ganz so weit entfernten Kino eine Preview von:

Captain Phillips

Richard Phillips (Tom Hanks) ist der Kapitän eines amerikanischen Frachters, der in die Hände somalischer Piraten fällt. Mit allen Mitteln versuchen die Seeleute, sich gegen die Angreifer zu erwehren, doch diese nehmen Phillips schließlich als Geisel, um Lösegeld zu erpressen…

Der Film basiert auf einer wahren Geschichte, die 2009 durch die Presse ging, und an dem Piratenproblem vor der ostafrikanischen Küste hat sich seither nichts geändert. Immerhin muss man es Regisseur Paul Greengrass hoch anrechnen, dass er sich bemüht, beide Seiten zu zeigen und dabei erstaunliche Parallelen aufdeckt. So haben sowohl Phillips als auch sein Widersacher Muse (Barkhad Abdi) jeweils Bosse, die sie unter Druck setzen und die beiden Hauptakteure zu unbedeutenden Figuren in einem viel größeren und viel schmutzigeren Spiel degradieren. So ist das Psycho-Duell zwischen den Männern, die Kaperung des Schiffes und die Geiselnahme sehr spannend und wie von Greengrass gewohnt in verwaschener Doku-Optik inzeniert. Gegen Ende, wenn das US-Militär eingreift und die drei Geiselnehmer in ihrem winzigen Boot mit Flugzeugträgern und Helikoptern jagt, wird die Geschichte fast zu einer Metapher auf die verfehlte amerikanische bzw. westliche Politik, die mit großem Aufwand versucht, Probleme zu beseitigen, die sie selbst geschaffen hat. Leider hat der Filme hier einige Längen, aber Tom Hanks schauspielerische Leistung entschädigt für das eine oder andere Manko.

Note: 3+

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Mark G. & Pi Jay in La-La-Land 2013 von Pi Jay. Setze ein Lesezeichen zum Permalink.

Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.