Die letzten achtundvierzig Stunden sind so schnell vergangen, dass sie mir vorkamen wie ein einziger Tag. Dabei ist gar nicht viel passiert, am Dienstag waren wir im Kino, um uns Tully anzuschauen, und am Mittwoch haben wir einen Ausflug nach Hollywood gemacht, weil Deadpool 2 im Imax-Kino des Chinese Theaters lief. Anders als in den letzten Jahren werde ich heuer übrigens keine Kritiken in meinem Reise-Blog veröffentlichen, sondern bis zur Rückkehr nach Deutschland damit warten, um die beiden Bereiche klarer voneinander zu trennen.
Hollywood hat sich seit unserem letzten Besuch ganz schön verändert. Die Straßen waren früher immer ein bisschen schmuddelig und heruntergekommen, es wimmelte an manchen Ecken von zwielichtigen Gestalten, und auch die Geschäfte waren eher dunkle Höhlen, in denen Gott weiß was verlauft wurde. Davon ist nichts mehr zu sehen, dafür riecht es hier bisweilen nun nach Marihuana, weil der Konsum vor einiger Zeit legalisiert wurde.
Fährt man nun den Hollywood Boulevard hinunter, sieht alles sauber und aufgeräumt aus. Die Bürgersteige wirken wie frisch geschrubbt, es gibt eine Menge Bars und Restaurants, Museen und Souvenirshops – und darüber hinaus nicht viel mehr. Die Gentrifizierung, die sich seit einiger Zeit in Downtown vollzieht, hat nun auch Hollywood erfasst, es sind eine Menge neuer Appartementhäuser entstanden, deren Wohnungen – so haben wir gehört – bevorzugt von reichen Asiaten gekauft werden.
Diese neuen Nachbarn haben wir zwar nicht gesehen, dafür aber jede Menge Touristen aus China, die in großen Gruppen die Gegend unsicher gemacht haben. Die Bürgersteige waren jedenfalls voll von ihnen, hinzu kommen die üblichen fliegenden Händler und Kostümhelden, die als Bumblebee, Superman oder Deadpool verkleidet darauf warten, dass man sich mit ihnen fotografieren lässt.
Und es gibt eine Menge Verrückter auf den Straßen. Direkt vorm Chinese Theater hatten sich ein, zwei Christen breitgemacht, die uns arme Sünder mit Plakaten und Lautsprechern auf das nahende Ende der Welt aufmerksam gemacht und zur Umkehr aufgerufen haben. Dann war da Bane aus The Dark Knight Rises, der seinen winzigen Schoßhund ausgeführt und dabei lautstark mit sich selbst gesprochen hat – in einer Fistelstimme, die eher an Mickey Mouse erinnert hat und eines Schurken ganz und gar unwürdig ist. Und nicht zu vergessen der alte Mann mit Strohhut, der einen großen Stofffisch im Arm hielt und betrunken vor sich hingelallt hat; entweder hat er Der Weiße Hai nachgespielt oder The Piraten von Penzance als Einpersonenstück aufgeführt. Manchmal war ein „Ho, ho, ho“ zu verstehen oder – vielleicht – ein „I’m the frog!“
Es lohnt sich auf jeden Fall immer, dem Chinese Theater einen Besuch abzustatten, ganz besonders dem Imax-Kino. Bild und Ton sind exzellent, die Preise leider ebenfalls … Wenn man außerdem über den Vorplatz mit den vielen Autogrammen sowie Hand- und Fußabdrücken auf den Eingang zugeht, kommt man sich immer ein bisschen wie ein Hollywoodstar auf einer Premiere vor. Woran die vielen fotografierenden Touristen nicht ganz unschuldig sind. Es ist unvermeidlich, auf dem einen oder anderen Urlaubsvideo zu landen – als ich dem einen Hobbyfilmer auswich und schnell den Kopf drehte, um nicht von seiner Linse erfasst zu werden, starrte ich dem nächsten sofort in die Kamera. Und irgendwo in Seoul oder Shanghai amüsiert sich bald eine Familie über meinen dämlichen Gesichtsausdruck.
Mit dem Wetter haben wir gerade kein Glück. Im Juni ist es oft am Vormittag neblig und trüb, um erst gegen Mittag aufzuklaren, und irgendwie scheint diese „june gloom“ genannte Wetterlage bereits eingesetzt zu haben. Richtig heiß und sonnig wird es leider erst am Nachmittag, weshalb wir nach dem Kino noch einen Ausflug zum Farmer’s Market und der Outdoor Mall The Grove gemacht haben. Hier hat sich eigentlich seit Jahren nichts verändert. Es gibt immer noch jede Menge kleiner Restaurants, Delikatessenläden und Souvenirshops, die Einheimische wie Touristen gleichermaßen anlocken. Nichts, das man unbedingt gesehen haben muss, aber insgesamt doch recht reizvoll.
Durch den Kinobesuch ist es leider so spät geworden, dass wir mitten im Feierabendverkehr gelandet sind. Zwischen fünfzehn und zwanzig Uhr sind eigentlich alle Straßen verstopft, so dass wir endlos für den Heimweg gebraucht haben. Weil wir sehr hungrig waren und es ein winziges Thai-Restaurant nur ein paar Blocks vom Haus unserer Freunde entfernt gibt, das wir schon seit Jahren ausprobieren wollten, machten wir dort Station und bestellten eine Tom Kah-Suppe, Papayas-Salat, Pad Thai sowie Reis mit Ananas und Shrimps. Alles war ausgezeichnet, nur mäßig scharf und insgesamt mehr als wir geschafft haben. Nach all den Touristenorten im Süden sind wir die großen kalifornischen Portionen nicht mehr gewöhnt, aber so bleibt wenigstens was für morgen …