Über Texas braute sich was zusammen. Schon auf dem Weg zum Frühstück mussten wir gegen den Wind ankämpfen, der über die Prärie pfiff und überall in Van Horn Staub aufwirbelte. Im Fernsehen wurde dann vor Tornados im Osten des Landes gewarnt, was uns zum Glück nicht betraf, da wir ja unterwegs nach Westen waren. Dennoch konnte man nur einige Kilometer weit sehen, der Rest verschwand hinter einem Vorhang aus braunem Staub.
Beim Frühstück wurden wir auch mit einem Rätsel konfrontiert, das wir nicht lösen konnten. Es ist ja inzwischen durchaus üblich, dass die Hotels ein üppiges Frühstück anbieten, meistens Eier in irgendeiner Form, Bagels, Toast oder Toasties, Joghurt, Obst und – Waffeln. Man kann sie frisch ausbacken und dann mit Ahornsirup genießen, und normalerweise sind sie rund und dick (die Kenner wissen, es sind belgische Waffeln), doch heute hatten sie eine eigenartige Form, die wir nicht deuten konnten. Ist es ein Hase? Die Form von Texas? Vorschläge können gerne im Forum unterbreitet werden …
Die Fahrt war trotz des heftigen Windes gar nicht mal schlimm. Anscheinend gibt es solche Sandstürme nun häufiger, denn im Gegensatz zu früheren Jahren warnen Schilder in Texas und New Mexico davor und empfehlen, in einem solchen Fall rechts ranzufahren, angeschnallt zu bleiben und zu warten, bis alles vorbei ist. Also ähnlich wie bei einem Sandsturm in der Sahara, und vielleicht sollte man auch eine Schaufel parat halten, nur für den Fall, dass man von einer Düne begraben wird. So weit ist es dann zum Glück nicht gekommen, aber wir haben mehrere dünne Windhosen (oder sind es Sandhosen?) gesehen, die über die Ebene zogen.
In New Mexico gerieten wir auch noch in eine Grenzkontrolle. Während in Europa die Grenzen abgeschafft werden, kommen hier neue hinzu. Alle Fahrzeuge mussten eine Art Schleuse passieren, in der Dutzende Kameras auf einen gerichtet waren. Ein bewaffneter Grenzer hat uns dann freundlich begrüßt und sofort durchgewunken. Wir sahen vermutlich zu touristisch aus, obwohl Mark G. meinte, mit meiner Sonnenbräune hätten sie mich durchaus auch für einen Mexikaner halten können.
Wenn ich alle meine Reisen in die USA zusammenzähle, komme ich auf rund ein Jahr, das ich hier verbracht habe. Mit der diesjährigen Reise war ich insgesamt in siebzehn Bundesstaaten, hauptsächlich im Süden des Landes. Aber in all der Zeit habe ich noch nie so viel Polizei auf den Straßen gesehen. Ich denke, in erster Linie hat das mit Geschwindigkeitskontrollen zu tun, schließlich sind die Städte und Gemeinden hier wie in Europa auf das Geld der Verkehrssünder angewiesen, aber wir haben darüber hinaus auch Fahrzeuge der Border Patrol gesehen, und die Geschichten, die man über diese Truppe hört, sind haarsträubend.
Und ich habe auch noch nie so viele liegengebliebene Fahrzeuge an den Rändern der Highways gesehen. Geplatzte Reifen findet man hier zuhauf, und man sieht auch immer wieder, wie Platten repariert werden, aber darüber hinaus standen auch etliche Autos verlassen am Straßenrand, was ein bisschen gespenstisch wirkte.
Ansonsten war es ein weiterer langer Fahrtag ohne besondere Vorkommnisse. Wir haben hin und wieder angehalten und die Landschaft bewundert, die nun wieder braun und staubig aussieht, manchmal von hohen Bergen durchzogen ist, dann wieder von zerklüfteten Felsen. Die Sonne stach vom Himmel – in Arizona kletterte das Thermometer sogar auf vierzig Grad – und wir genossen die Freiheit der Straße und gönnten uns unterwegs einen leckeren Milch Shake. Der Genuss wäre noch größer gewesen, wenn die Amerikaner nicht über weite Strecken einen so furchtbaren Asphalt gewählt hätten. Die Straßen sind an sich in gutem Zustand, teilweise wird hier und da noch repariert, aber anstelle eines Flüsterasphalts wird hier eher ein “Schreiasphalt“ verwendet – er sorgt für so laute Nebengeräusche, dass man sich nur schreiend miteinander verständigen kann …
Die letzte Nacht unserer Rundreise verbrachten wir knapp außerhalb von Phoenix, und am Montag legten wir dann die letzten Meilen nach Los Angeles zurück. Leider ist mir am Morgen ein Missgeschick passiert: Als ich meinen Koffer ins Auto tragen wollte, habe ich meinen Rücken verletzt. Die Fahrt verlief ganz okay, aber ich werde wohl noch eine Weile in meiner Mobilität eingeschränkt sein und herumlaufen wie Frankensteins Monster.
Kaum in L.A. angekommen, gab es die nächste Enttäuschung: Mein geliebter Fish Grill hat den Besitzer gewechselt, und das neue Management hat sofort beschlossen, die Speisekarte zu verschlimmbessern. Die gegrillten Zucchini und die Clam Chowder Soup werden immer noch serviert und schmecken nach wie vor gut, aber der Shrimp Burrito musste dran glauben. Dafür gibt es jetzt eine Dynamite Shrimp Bowl, die ebenfalls gut und vor allem schön scharf ist, aber leider kein Ersatz für den Burrito.
Es ist also vollbracht! Wir haben den Kontinent durchquert, sogar zweimal, und sind wieder in der kalifornischen Zivilisation angekommen. Wenn wir erzählt haben, dass wir von coast to coast fahren, haben uns die Leute zuerst immer verblüfft angesehen, als wollten sie sagen: „Es gibt tatsächlich Idioten Menschen, die das machen!“ Oft haben wir danach aber auch gehört: „Das war auch immer mein Traum!“
Unterwegs haben wir viel gesehen, und ich bilde mir ein, ein besseres Verständnis gewonnen zu haben, was das Land, die unterschiedlichen Mentalitäten und vor allem die geografischen Dimensionen betrifft. Die Südstaaten sind vor allem flach und bewaldet, voller Alligatoren und höflicher Menschen. Wenn man grandiose Natur sehen will, sollte man daher besser in den Südwesten der USA reisen. Am besten hat mir Savannah gefallen, zu den weiteren Highlights gehörten New Orleans, Panama Beach und St. Augustine, obwohl ich natürlich keine unserer Reisestationen missen möchte. Insgesamt kann ich mir jedoch gut vorstellen, irgendwann einmal in die Südstaaten zurückzukehren, denn es gibt immer noch jede Menge zu sehen.
Die letzten Tage in La La Land werden wir wohl nicht so viel unternehmen, vor allem relaxen, ins Kino gehen, ein paar neue und alte Restaurants ausprobieren und – leider – wieder etwas arbeiten. Daher werde ich vermutlich nur alle zwei oder drei Tage einen neuen Blogbeitrag verfassen.