„Mein Gott, ist das heiß!“, lautet, glaube ich, der von uns am häufigsten geäußerte Satz in den letzten Tagen. Dabei haben wir schon deutlich höhere Temperaturen auf unseren Reisen erlebt, ich erinnere mich da nur zu gut an einen Ausflug nach Death Valley mit rund fünfzig Grad im Schatten. Dagegen ist Savannah mit seinen dreißig Grad lediglich sommerlich warm. Was uns aber ganz schön zu schaffen gemacht hat, ist die hohe Luftfeuchtigkeit. Am Sonntag sollen es über neunzig Prozent gewesen sein. Was sind dann eigentlich hundert Prozent? Regen?
Im Laufe des Tages wurde es zwar etwas angenehmer, vor allem wenn vom Fluss her ein sanfter Wind wehte, blieb aber immer noch sehr drückend und schwül. Kein Wunder, dass alles hier viel gemächlicher vonstattengeht; die Menschen bewegen sich langsamer, und ihre Sprache ist weicher und in die Länge gezogen. Hauptsache, man strengt sich nicht so sehr an. Selbst Schwitzen ist hier mühsam.
Und geschwitzt haben wir reichlich, als wir uns Savannah angesehen haben. Zum Glück ist die historische Innenstadt überschaubar, und wenn man ganz bequem ist, kann man mit einem kleinen Trolley-Bus herumfahren. Es heißt ja allgemein, dass Savannah die schönste City Amerikas besitzt, und ich glaube, diesen Titel kann sie zurecht einfordern. Von ihrer entspannten Atmosphäre her erinnert sie ein wenig an Portland oder Moab, ist aber viel netter anzuschauen.
Savannahs Gründerväter haben die Stadt bewusst so angelegt, dass alle paar Blocks ein Park zum Verweilen einlädt. So sind über zwanzig kleine Plätze entstanden, um die sich wunderschöne Häuser gruppieren. Wo man heute spazieren geht oder sich mit Freunden trifft, wurde früher jedoch gekocht, denn das war in den Holzhäusern verboten.
Aber diese Zeiten sind lange vorbei, und inzwischen gibt es jede Menge Restaurants und Cafés, aus denen so manch verführerischer Duft wehte. Savannah ist ein erklärtes Touristenziel, auch wenn die Stadt noch nicht so überlaufen ist wie andere. Vor allem auf der River Street tummeln sich jedoch die Menschenmassen, was vermutlich auch daran liegt, dass hier und an einigen anderen Orten der sichtbare Konsum von Alkohol auf offener Straße erlaubt ist. Als wir uns zu einem späten Mittagessen in einem kleinen Restaurant niederließen, wurden wir dann auch mehrfach auf ihre Cocktails hingewiesen. Aber Alkohol bei dem Wetter hätte nur dazu geführt, dass ich eingeschlafen wäre …
Bestimmte Sehenswürdigkeiten wie in anderen Städten gibt es eigentlich nicht, die (Innen-)Stadt selbst ist das Erlebnis. Man muss sich dem hiesigen Tempo anpassen, sich treiben lassen und einfach die schönen Häuser mit ihren teilweise noch gasbetriebenen Laternen, schmiedeeisernen Balkonen und prachtvollen Säulen bewundern. Ein Abstecher auf der River Street zur Statue des „Waving Girl“ ist nett, aber kein absolutes Muss, obwohl es angenehm ist, eine Weile aufs Wasser zu starren – und auch das eine oder andere Containerschiff oder auch mal einen Raddampfer zu beobachten, die gerade vorbeischippern.
In einem Shop wurden Nüsse in allen möglichen Geschmacksrichtungen angeboten, und nachdem wir uns einmal quer durchs Sortiment probiert hatten, konnten wir nicht widerstehen und mussten ein paar Dosen mitnehmen: Honey Toasted Cashews, Honey Mustard, Smokehouse Barbeque und Spicy Smoky Redskins Peanuts. Danach war ich fast zu satt für mein Gumbo mit Hähnchen, Würstchen und Shrimps, das jedoch so vorzüglich war, dass ich es morgen gleich noch einmal essen könnte. Mark G. hatte sich für Shrimps mit Grits entschieden, obwohl uns der ungesüßte Grieß in der Vergangenheit nie geschmeckt hat (ein bisschen wie Tapetenkleister, und damit meine ich nicht nur seine Konsistenz). Aber auch er war begeistert. Und zum Dessert gab es etwas später noch einen Erdbeer-Bananen-Milchshake.
Nachdem wir rund vier Stunden herumgewandert waren, hatten wir genug gesehen und waren auch ziemlich erschöpft. Savannah ist auf jeden Fall eine Reise wert, und falls wir irgendwann noch einmal in die Südstaaten kommen sollten, könnte ich mir vorstellen, hier wieder Station zu machen. Von der Hitze einmal abgesehen, ist es eine Stadt mit wunderschöner, alter Bausubstanz, freundlichen Menschen, ungemein sauberen Straßen, die trotz zahlreicher Touristen ziemlich leer waren. Stellenweise war es sogar so ruhig, dass man hätte meinen können, sich irgendwo auf dem Land zu befinden. Einzig die Obdachlosen, die man bisweilen in den Parks angetroffen hat, passten nicht so recht zum Bild eines reichen, wohlgeordneten Gemeinwesens.