Ich persönlich bin ein Gewohnheitstier, deswegen fühlt sich der diesjährige Einstieg in die Summer Season einfach falsch an. Wie bereits den Meisten bekannt sein dürfte, hat der ursprüngliche Auftakt, „Avengers: Infinity War“, einen Frühstart hingelegt und lässt so eine ungewöhnliche Lücke und einen recht traurigen Anblick an den ersten beiden Wochenenden des Monats zurück. Doch so ganz ohne Marvel und Disney muss der Mai auch nicht auskommen und genau diese beiden werden darüber entscheiden, ob die Branche den schwächsten Wonnemonat der jüngeren Kinogeschichte erleiden wird.
Wochenende 18 vom 4. Mai. 2018 – 6. Mai. 2018
- Wie gesagt, das Jahr 2018 schreibt eine etwas andere Geschichte und so wird zu diesem Termin kein Film mit mehr als 2000 Kopien starten. (Update: Nach aktuellem Stand hat es „Bad Samaritan“ auf genau 2007 Kinos gebracht). Das war an einem Mai-Wochenende zuletzt im Jahre 1999 der Fall. Es ist wie es ist, freuen wir uns also auf ein rekordverdächtiges zweites Wochenende der Avengers und auf das, was die Studios sonst noch zu bieten haben. Eines der Alternativprogramme ist das Remake der 80er-Komödie „Overboard – Ein Goldfisch fällt ins Wasser“, in der Anna Faris und der mexikanische Superstar Eugenio Derbez in die einstigen Rollen Goldie Hawns und Kurt Russels schlüpfen werden. Viele werden von diesem Remake zum ersten Mal hören, doch wie im vergangenen Jahr bei „How to be a Latin Lover“ ist als Hauptzielgruppe auch diesmal wieder das lateinamerikanischen Publikum auszumachen. „Overboard“ startet praktisch zum selben Termin, wie der letztjährige „Latin Lover“ und sollte auch eine ähnliche Performance aufs Parkett legen können. Vielleicht geht es mit $15m/$42m für Lionsgate ja sogar noch einmal eine Stufe höher.
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- Die Wildcard des Monats ist das Comeback des einstigen Erfolgsduos Jason Reitman und Diablo Cody. Für Regisseur und Drehbuchautorin startete mit der sympathischen „Juno“ eine große Karriere. „Never change a winning team“, dachten beide und versuchten mit „Young Adult“ und ähnlichem Stil den Erfolg der Indie-Komödie zu reproduzieren. Der Erfolg blieb dabei allerdings aus. Überhaupt liefen die letzten Jahre für beide dann eher schleppend, wenngleich Cody einige Erfolge im mittlerweile sehr lukrativen Seriengeschäft feiern konnte. Nun also kam es, abermals in Zusammenarbeit mit Charlize Theron, zu einer weiteren Kollaboration des Duos, die ein realitätsnahes Bild einer Mutterschaft einfangen soll. Eigentlich ist „Tully“ damit die logische Konsequenz aus „Juno“. Nur eben zwei Verhütungspannen später. Theron ist ja bekannt für den Körpereinsatz, den sie für ihre Rollen leistet und so legte sie innerhalb von wenigen Monaten um die 25 Kilo zu, um das Bild der ausgelaugten Normalo-Mutter besser ausfüllen zu können. Dies scheint ihr auch sehr gelungen zu sein, denn die Kritiken sind sehr wohlwollend und feiern die Leistung der gebürtigen Südafrikanerin. Die Konkurrenz in diesem Genre war zuletzt eher dürftig und mit dem Muttertag im Rücken könnten trotz überschaubarer Kopienzahl vielleicht $5m/$20m eingespielt werden.
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- Nachdem im Schatten des einstigen Erfolgsregisseurs Roland Emmerich nicht mehr viel zu verdienen war, musste sich der Autor und Produzent seines Vertrauens, Dean Devlin, nach einer anderen Alternative umschauen: Selbst Regie führen. Das lief mit dem Emmerich-Light-Katastrophenfilm „Geostorm“ aber im vergangenen Jahr eher suboptimal. Auch für den Horrorthriller „Bad Samaritan“ sieht es nicht unbedingt freundlicher aus. Dieser dürfte aber zumindest in der Produktion deutlich günstiger ausgefallen sein. Verliehen wird der Film von Devlins hauseigener Produktionsfirma Electric Entertainment und folgt damit dem Trend weg von den Majors, der sich zuletzt immer weiter verfestigt hat. Lasst euch nicht von den Trailerklicks täuschen, da wurde sehr wahrscheinlich eine Werbung bei Youtube geschaltet, sodass das Ergebnis hier kaum repräsentativ ausgefallen sein dürfte. Tatsächlich glaube ich, dass der Film nur wenige Besucher anlocken wird und viele stattdessen zum dritten Mal im Avengers-Saal einkehren werden. Ich bezweifle, ob die $10m Marke hier am Ende fallen wird.
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Wochenende 19 vom 11. Mai. 2018 – 13. Mai. 2018
- Trotz der offen zur Schau getragenen Abscheu zahlreicher Internet-Trolle, hat sich Melissa McCarthy von der herzlich-tollpatschigen Köchin Sookie zu einer der einflussreichsten Komödiendarstellerinnen unserer Zeit entwickelt. Vollkommen zurecht, denn ich kann es nur immer wiederholen, sie ist eine großartige Schauspielerin, was sie zuletzt in ihrer Saturday Night Live-Rolle als Donald Trumps ehemaliger Pressesprecher Sean Spicer unter Beweis stellen konnte. Leider scheint dieses Talent in den Filmen, die unter der Regie von Ehemann Ben Falcone entstanden, nur selten durch. So stehen die Chancen nicht schlecht, dass mich auch die Dritte Zusammenarbeit „How to Party with Mom“ (Ernsthaft, Warner?) inhaltlich nicht überzeugen kann. Doch an diesem Wochenende soll es auch nicht an mir liegen, sondern an den Müttern dieser Welt oder in diesem Fall der USA. Passend zum Muttertag erbarmen sich die Verleiher, eine der immer seltener werdenden Produktionen für ein hauptsächlich weibliches Publikum auf den Markt zu werfen. Die Onlineaktivität ist gar nicht mal so schlecht, vor allem bei Facebook sind die Damen fleißig am Klicken. Hoffen wir, dass mit Hilfe Zahlreicher Mutter/Tochter-Tage schöne $24m/$60m in die Kassen des Verleihs gespült werden.
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- Ebenfalls eher an die Damenwelt gewandt, scheint der Rachethriller „Breaking In“, der in meinen Augen durchaus das Potential hat, einige zu überraschen. Gabrielle Union ist seit 20 Jahren ein fester Bestandteil des afroamerikanischen Kinofilmes und darf hier als rachsüchtiges und verzweifeltes Familienoberhaupt am Muttertag mal ordentlich die Puppen tanzen lassen. Regisseur James McTeigue kann man vieles vorwerfen, aber nicht, dass er in diesem Genre nicht zu Hause ist. Als Regieassistent der Matrix-Reihe und Regisseur von Filmen wie „V wie Vendetta“ oder „Ninja Assassin“ konnte er genügend Erfahrung sammeln, um auch dieser neuen Aufgabe gewachsen zu sein. Immer wieder muss ich an Beyonce Knowles „Obsessed“ denken, wenn Filme dieser Art in die Kinos kommen, denn dessen überraschender Erfolg ist wohl noch heute ein Argument für die Studios, den Drehbüchern grünes Licht zu geben. An das Vorbild wird man vermutlich nicht heranreichen, doch wäre ich nicht überrascht, wenn auch hier mit dem inoffiziellen Feiertag im Rücken überdurchschnittliche $18m/$40m eingesammelt würden.
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Wochenende 20 vom 18. Mai. 2018 – 20. Mai. 2018
- Wer noch einmal einen Marvel-Film ohne Disneyfizierung genießen möchte, der sollte an diesem Wochenende ins Kino gehen, denn nach der großen Übernahme, die im Sommer 2019 stattfinden soll, wird nichts mehr sein, wie es einmal war. Auch wenn Sony theoretisch noch die Rechte am Spider Man Universum besitzt, hat Disney selbst diese als „Mieter“ für sich vereinnahmt. Zwar wurde bereits angekündigt, dass es auch unter dem Label von Disney R-Rated-Filme geben wird, doch ein Stück weit Vielfalt wird durch diese Fusion sicher wieder verloren gehen. Wie dem auch sei, mit „Deadpool“ brachte Fox vor 2 Jahren wahrlich frischen Wind in das ein wenig festgefahrene Genre und belohnte sich selbst mit einem kleinen Vermögen. Das Sequel war deswegen nur noch Formsache und so darf die größte Laberbacke der Comicgeschichte sogar mit den ganz Großen des Sommers mitspielen. Eingequetscht zwischen zwei Großproduktionen der Zukünftigen Muttergesellschaft, muss „Deadpool 2“ nun zeigen, ob er dem großen Erwartungsdruck standhalten kann. Die Marketingkampagne mit all ihrer Ironie ist im vollen Gange und auch wenn ich persönlich denke, dass sich der erste Film schnell abgenutzt hat, wird es für diese Runde noch einmal funktionieren. Alles wird ein wenig größer, teurer und lauter sein, doch die Besetzung bleibt selbstverständlich die Alte. Spannend wird sein, wie Josh Brolin als Bösewicht Cable aufgenommen wird, der nur drei Wochen zuvor bereits als Thanos den Avengers-Fans das Fürchten gelehrt hat. Die Traileraufrufe sprechen eine eindeutige Sprache: Ryan Reynolds wird seinen Fans nicht weniger als $140m/$315m abschwatzen können.
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- Auch im Mai lassen die Verleiher Familien und Kids weitestgehend im Regen stehen. Wer seine Sprösslinge nicht unbedingt in „Avengers: Infinity War“ schicken will, hat an diesem Wochenende mit „Show Dogs“ nun erstmals wieder die Möglichkeit, Kevin und Chantal für zwei entspannte Stunden im Kino seines Vertrauens zu parken. Verantwortlich für den klamaukigen Hundefilm zeichnet sich kein geringerer als Raja Gosnell. Mit Klamauk und Familienunterhaltung kennt sich dieser bekanntlich dank Produktionen wie „Big Mommas House“ oder „Die Schlümpfe“ bestens aus. Mit „Scooby Doo“ und „Beverly Hills Chihuahua“ war er zuvor bereits einmal auf den Hund gekommen und beide wurden unter seiner Führung zu großen Erfolgen. Deswegen glaube ich, dass „Show Dogs“, trotz des starken Neustartes an diesem Wochenende, einen kleinen Achtungserfolg hinlegen könnte. Witzige Hunde haben eigentlich schon immer funktioniert und wenn die Eltern nicht schon vergessen haben, was Kino eigentlich ist, wird die zurückliegende Durststrecke für Familienfilme der Komödie helfen, über den Erwartungen zu starten. Dafür muss aber auch das erst 2017 gegründete Studio Global Road Entertainment mitspielen und den Film ordentlich vermarkten und entsprechend breit starten. Ist dies der Fall, dann liegen $14m/$45m sicher im Bereich des Möglichen.
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- Wer diesen Blog aufmerksam liest, der wird schon mitbekommen haben, dass Zetern für mehr Frauenfilme eines meiner größten Hobbies darstellt. Deswegen waren die Verleiher so nett und liefern direkt einmal vier davon innerhalb von nur zwei Wochen. Tja, man erntet, was man sät. Zumindest sollte sich „Book Club“ mit seinem 288 Jahre alten Hauptcast an ein betagteres Publikum richten, als die Beiträge der Vorwoche. Jane Fonda, Diane Keaton, Mary Steenburgen und Candice Bergen, das sind drei Oscarpreisträgerinnen und eine Oscarnominierte, die hier ein eindrucksvolles Ensemble bilden und den Trailern nach zu urteilen eine menge Spaß beim Dreh hatten. In der Komödie suchen die vier Grazien im besten Alter zusammen mit der Lektüre des Buches „Fifty Shades of Grey“ noch einmal nach dem gewissen Etwas im Leben und werden dieses, so das Gesetz des Genres, letztendlich wohl auch finden. Die Traileraufrufe bei Facebook sehen gut aus, das bedeutet, dass die Zielgruppe erreicht wurde. Deswegen hoffe ich, dass mindestens $10m/$35m für die offensichtlich von „Grace & Frankie“ inspirierte Geschichte zu Buche stehen werden.
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Wochenende 21 vom 25. Mai. 2018 – 28. Mai. 2018 (Memorial Day)
- Ein letztes Ass hätte ich noch im Ärmel und da es einen wahrlich großen Namen trägt, sollte hier eigentlich der am meisten erwartete Film des Sommers starten. Doch irgendwie will die Marketingkampagne zu „Solo – A Star Wars Story“ nicht so wirklich zünden, was sicherlich auch an der turbulenten Produktionsgeschichte des Prequels liegen mag. Im vergangenen Juni, als die Dreharbeiten bereits lange im Gange waren, entschied man sich dazu, die Zusammenarbeit mit Phil Lord und Christopher Miller (die zugegebenermaßen von Beginn an eine recht erstaunliche Wahl darstellten) aufgrund kreativer Differenzen zu entlassen und durch den Filmveteranen Ron Howard zu ersetzen. Dieser drehte den Film mit ausführlichen Nachdrehs praktisch noch einmal von Neuem und konnte den Zeitplan, Profi, wie er ist, natürlich dennoch locker einhalten. So ein wenig ist in jedem Fall nach dem gigantischen Comeback der Reihe der Wurm drin. Erst die exzessiven Nachdrehs für „Rogue One“, dann die negative Presse und die geteilten Fanmeinungen zu „Die letzten Jedi“ und nicht zuletzt die in meinen Augen viel zu kurzen Abstände, mit denen Disney seinen Goldesel zu verheizen droht. Dies alles scheint in der Gesamtheit dafür zu sorgen, dass der Star Wars-Hype in den letzten Monaten ordentlich zurechtgestutzt wurde. Das Memorial Day Wochenende war eigentlich schon immer eines, das als Retter in der Not diente. Dies hat „Solo“ vermutlich gar nicht nötig, denn ein Erfolg wird es so oder so. Ich glaube aber sehr wohl, dass Disney insgeheim mit deutlich mehr als $125m(4T)/$265m gerechnet hat.
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Wir erleben einen Mai, der noch immer unter dem Eindruck der Avengers steht. Ein solcher Start, ein solcher Film, natürlich hat das einen Einfluss auf die nachfolgenden Wochenenden. Dennoch erleben wir einen Monat, der wieder für fast jeden etwas zu bieten haben sollte, wenngleich ich mir gewünscht hätte, dass Disney „Die Unglaublichen 2“ und „Solo“ getauscht hätte. Das Leben ist aber kein Wunschkonzert und deswegen freue ich mich jetzt bereits, den Animationsfilm in der nächsten Ausgabe besprechen zu dürfen. Es wird ein großartiger Juni, das verspreche ich euch.