Nach einem Tag in New Mexico kann ich sagen, dass ich diesen Bundesstaat lieber mag als Arizona. Arizona ist ein bisschen wie der fiese Nachbar, der nie den Ball zurückgibt, der in seinem Garten landet oder der gleich die Polizei ruft, wenn man mal die Musik zu laut aufdreht. New Mexico dagegen ist viel entspannter.
Nach dem Frühstück mussten wir nicht allzu weit fahren, um unseren ersten Zwischenstopp zu erreichen: El Morro National Monument. Vor rund tausend Jahren kam diesem Ort eine besondere Bedeutung zu, denn es war einer der wenigen Wasserspeicher in einer trockenen Welt. Keine nennenswerten Flüsse, keine Seen oder Quellen versorgten die indianischen Ureinwohner mit dem kostbaren Nass, sondern ein natürliches Becken, in dem Regen und Schmelzwasser gesammelt wurden. Die jungen Menschen trugen das Wasser dann zu den Zisternen im nahegelegenen Pueblo, wo bis zu 1500 Menschen lebten.
Vom Visitor Center führt ein Pfad in die Berge hinauf zu den Ruinen dieses Pueblos, von dem nur ein winziger Bruchteil bislang ausgegraben wurde. Vor Ort trafen wir auf einen Rancher, der zum Stamm der Zuni gehört und uns von den Leistungen seiner fernen Vorfahren erzählt hat. Die Anlage war ungeheuer weitläufig, mehrere Stockwerke hoch und existierte einige Jahrhunderte lang, bis sie wegen der anhaltenden Dürre schließlich aufgegeben werden musste.
Einige Jahrhunderte später kamen die Spanier auf der Suche nach Gold hierher und verewigten sich ebenfalls in den Felswänden, wieder zwei Jahrhunderte danach folgten die Amerikaner. Man kann noch immer ihre Namen lesen und ihre Botschaften, auch wenn sie inzwischen verwittert sind, ein Gruß aus ferner Vergangenheit. Zu jenen „Besuchern“ zählten auch die Vorfahren der Einwohner einer nahegelegenen Stadt, die wir auf unserem Weg durchquerten. Sie wollten eigentlich weiter nach Kalifornien und haben nur eine Rast eingelegt – die nun schon hundertsechzig Jahre dauert.
Ein Wanderweg führte uns zuerst den Berg hoch zu den Ruinen, dann über den Bergrücken zur anderen Seite, wo das Bassin liegt und sich die Inschriften befinden. Ein schöner Spaziergang mit einer wunderbaren Aussicht über das Tal.
Eine weitere Stunde Fahrt entfernt liegt El Malpais, ein weiterer Nationalpark mit schönen Gesteinsformationen und dem größten natürlichen Felsbogen in New Mexico. Berühmt ist er vor allem für die Lavaströme, die hier vor rund dreitausend Jahren entlangflossen. Unterwegs stießen wir auf die ersten Schilder, die vor Sandstürmen mit null Sicht warnten. Wenn man dafür eigens Schilder aufstellt, scheint es sich vermutlich um kein allzu seltenes Naturphänomen zu handeln, und tatsächlich zogen bereits kurz nach unserer Abfahrt aus El Morro dunkle Wolken auf. Bald blitzte und donnerte es, und dann wehten die ersten dichten Schleier aus braunem Sand über die Prärie.
Als wir El Malpais erreichten, war das Gewitter zum Glück noch weit weg. Dafür wurden wir nun vor Klapperschlangen gewarnt. Falls es nur halb so viele von ihnen wie Warnschilder geben sollte, dürfte die Gegend von ihnen nur so gewimmelt haben …
Lange Wanderungen konnte man leider nicht unternehmen. Oder vielmehr, man hätte können, wenn man sich auf einen Marsch von fünfzehn Meilen eingelassen hätte. Selbst ohne heraufziehendes Gewitter hätten wir wohl dankend verzichtet. Während eines Gewitters wäre es lebensgefährlich, zum einen wegen der Höhe, zum anderen weil Lava stark eisenhaltig ist und Blitze anzieht. Stattdessen haben wir einen Abstecher zu einem Aussichtspunkt unternommen und sind zu der Felsbrücke gelaufen. Da hatte der Himmel sich bereits verdüstert, und es gab immer wieder kleine Schauer.
Zum Glück hatten wir zu dem Zeitpunkt alles gesehen, was wir sehen wollten, und machten uns auf den Weg nach Albuquerque. Wir checkten rasch im Hotel ein und gingen danach mexikanisch essen. Tortillasuppe und Chili Rellenos für mich, Chili und Burritos für Mark G., dazu gab es Sopaipillas, ein fluffiges, frittiertes Brot, das erstaunlicherweise gar nicht fettig war. Man isst es als Beilage oder manchmal auch als Dessert. Wir konnten wählen, denn es gab noch eine Art Creme dazu, die wie ein Butter-Honig-Gemisch schmeckte. Lecker.
Anschließend machten uns auf den Weg in Kino, um Avengers: Infinity War anzuschauen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Sandsturm übrigens bereits die Stadt erreicht und hüllte alles wie in einen dichten Nebel. Nach kurzer Zeit war dann jedoch alles wieder vorüber. Tatsächlich gelang es uns sogar, noch Karten für eine Vorstellung zu ergattern, allerdings in der ersten Reihe. Dafür hatte der Saal herrlich bequeme Liegesessel …
Zum Film äußere ich mich vielleicht morgen (da steht ohnehin ein langer, ereignisloser Fahrtag auf dem Programm). In den nächsten Tagen werden wir bei Verwandten von Mark G. wohnen, so dass ich leider nicht sagen kann, ob ich regelmäßig Bericht erstatten kann.