Nach anderthalb Jahren sollte man erwarten, dass sich einiges verändert hätte, aber das ist nicht der Fall. Vor dem Haus unserer Freunde wurde ein Baum gefällt, und mein erster Kommentar bei unserer Ankunft dazu war: „Welcher Baum?“ Vermutlich ebenfalls eine Auswirkung von zu wenig Schlaf. Zum Ausgleich bin ich an unserem ersten Abend schon um halb zehn ins Bett gegangen und habe bis fünf Uhr geschlafen, was für die erste Nacht gar nicht mal schlecht ist.
Amerikanern ist ihr Zuhause heilig. Deshalb verteidigen sie es mit Waffengewalt und haben den Spruch My home is my castle geprägt, der neuerdings eher My home is my fortress lauten sollte. Sogar unsere Freunde haben ihre noch gar nicht so alte Alarmanlage aufgerüstet und um eine Videoüberwachung ergänzt. Wenn uns nun langweilig werden sollte, können wir uns vor den Monitor setzen und beobachten, was die anderen so gerade treiben. Sobald jemand ein Fenster oder eine Tür öffnet, erklingt ein Signal, nähert sich jemand der Haustür, ertönt eine Art elektronisches Windspiel – es klingelt und dudelt also alle naselang, was vermutlich ein Gefühl der Sicherheit vermitteln soll. Mich nervt es jedoch nur.
Hinzukommt, dass das Telefon spricht. Sobald es klingelt, ertönt eine Computerstimme und verkündet, wer gerade anruft. Ein bisschen so wie der Herold im Mittelalter die Ankunft von Besuchern mit einem Fanfarenstoß angemeldet hat. Und mindestens genauso enervierend. Schuld daran ist natürlich der Kapitalismus und die ungebetenen Werbeanrufe, die man nach Möglichkeit unterbinden will. Statt sie wie in Europa zu verbieten – was in den Augen der Amerikaner purer Sozialismus wäre – wird den Leuten einfach ein neues Gerät verkauft, das ihr Leben angeblich einfacher machen soll. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Es sind ja zumeist die Kleinigkeiten im Haushalt, die nerven. Zum Beispiel wurde der Strahl des Wasserspenders neu justiert, so dass man nun, wenn man sein Glas unter den Einfüllstutzen hält und gegen die Taste drückt, gleich im Anschluss die Küche aufwischen darf, weil das Wasser darüber schießt. Ich habe mehrere Anläufe gebraucht, um den richtigen Winkel zu berechnen, in dem ich das Glas halten muss, aber dafür ist der Boden vor dem Kühlschrank nun blitzblank.
Normalerweise fahren wir am ersten Tag immer an den Strand und machen einen Spaziergang. Heuer war es jedoch ziemlich bewölkt und windig, und die Temperaturen lagen rund zehn Grad unter denen in Deutschland. Da fragt man sich, warum man eigentlich so weit fährt. Statt am Pazifik entlang zu schlendern, haben wir ein paar Vorräte für unsere Rundreise bei Costco’s eingekauft und sind dann essen gegangen.
Vor einigen Jahren waren wir schon einmal in der winzigen Pupusaria in Hawthorne, um dieses salvadorianische Nationalgericht zu essen. Pupusas sind gefüllte und gebratene Maistortillas, etwas dicker und weicher als ihre mexikanischen Vettern und daher saftiger. Gefüllt werden sie mit fein gehacktem Schweinefleisch, Bohnenmus, Käse, diversen anderen Köstlichkeiten oder einer Mischung aus mehreren Komponenten. Dem Erfindungsreichtum sind da keine Grenzen gesetzt. Dann werden sie von beiden Seiten in der Pfanne angebraten und mit einer dünnen Tomatensauce und Krautsalat serviert. Wer mag, würzt noch mit einer scharfen Salsa nach oder bestellt sich schwarze Bohnen mit Reis dazu. In El Salvador gibt es übrigens an jedem zweiten Sonntag im November einen Feiertag zu Ehren dieser indigenen Spezialität. Und sie sind verdammt lecker!