Mademoiselle Populaire

Ach, wird es doch noch endlich Frühling? Die wunderbar warmen letzten Tage sind geradezu verführerisch, man kann endlich wieder nur mit einem Pullover bekleidet nach draußen gehen und auf die dicken Jacken, Mützen, Handschuhe und Schals verzichten, die Sonne lacht vom Himmel, und sogar die Menschen wirken deutlich beschwingter. Trunken vom Frühling, vielleicht auch von einer Weißweinschorle in einem Café, das bereits die ersten Tische und Stühle rausgestellt hat. Blaue Bänder und so, und der Maitanz folgt ja auch schon in wenigen Wochen.

Was passt besser zu einer solch heiteren Atmosphäre als ein leichter, französischer Film?

Mademoiselle Populaire

Rose (Déborah Francois) will raus aus der Enge ihres Heimatdorfs und dem Laden ihres Vaters. Deshalb bewirbt sie sich um die Stelle einer Sekretärin bei Louis Èchard (Roman Duris). Sie ist zwar ein bisschen chaotisch, aber Louis erkennt sehr schnell, dass sie ein besonderes Talent hat: Rose beherrscht sehr gut die Schreibmaschine, auch wenn sie nur mit zwei Fingern darauf herumpickt. Louis bietet ihr an, sie weiter zu trainieren und an Wettbewerben teilnehmen zu lassen, um eines Tages französische Meisterin zu werden, und Rose lässt sich bereitwillig darauf ein, denn sie hat längst ein Auge auf ihren Chef geworfen …

Der Film spielt 1958 und versprüht den Retro-Charme jener Jahre. Ein bisschen spiegelt sich hier auch der Glanz früherer französischer Filme wider, die immer in eleganten Kulissen gedreht wurden und in denen die weiblichen Darstellerinnen wie Models aussahen. Auch Rose wirkt ein wenig wie eine blonde Audrey Hepburn, die natürlich auch eines ihrer Vorbilder ist. Mit mädchenhaftem Charme, einer Prise Schusseligkeit und einem unschuldigen Augenaufschlag stiehlt sie sich innerhalb kürzester Zeit in die Herzen der Zuschauer.

Für Louis erwärmt man sich deutlich langsamer und kommt ihm auch nicht besonders nahe. Erst nach und nach enthüllt sich sein Trauma: Als Widerstandskämpfer im Zweiten Weltkrieg hat er seine gesamte Einheit verloren und im Anschluss daran auch noch die Liebe seines Lebens, die einen Amerikaner geheiratet hat. Inzwischen sind die drei gute Freunde, aber Louis kann sich nicht mehr der Liebe öffnen und kompensiert das mit einem kleinen Helferkomplex. Das ist zwar psychologisch betrachtet recht simpel gestrickt, muss in einer Komödie aber reichen, um die Hindernisse für das Paar als nahezu unüberwindlich zu gestalten.

Die Story ist reichlich dürftig, macht aber viel mit dem Charme ihrer Inszenierung und seiner hinreißenden Hauptdarstellerin wieder wett. Gelegentlich kabbeln Louis und Rose sich auch sehr nett, wobei sie leider nicht den Witz zeitgenössischer amerikanischer Komödien erreichen. Und wenn Rose in der zweiten Hälfte endlich bereit ist, sich auf die Wettkämpfe einzulassen, wandelt sich der Film in ein echtes cheerie movie. Es ist wirklich erstaunlich, wie spannend Schreibmaschine-Wettschreiben sein kann …

Ein angenehm altmodischer, harmloser Spaß aus Frankreich. Luftig leichte Koste für einen heiteren Abend.

Note: 3

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.