Die Achtziger erleben seit einiger Zeit ein Comeback, obwohl es noch gar nicht so lange her ist, dass alle über die Frisuren und die Mode jener Jahre ätzten. Aber wenn man lange genug wartet, kommt eben alles wieder und verwandelt sich in Coolness. Es ist wohl das erfolgreichste Beispiel für diese Retro-Welle, und auch die Serie Stranger Things sollte man nicht vergessen. Nicht ganz so erfolgreich an den Kassen war hingegen dieser Film.
Sing Street
Mitte der Achtzigerjahre in Dublin: Weil seine Eltern (Maria Doyle Kennedy und Aiden Gillen) sich nur noch streiten und das Geld knapp ist, muss Conor (Ferdia Walsh-Peelo) auf eine andere Schule wechseln, die von strengen Priestern geführt wird. Auf dem neuen Schulweg trifft er immer wieder auf die schöne, unglaublich coole Raphina (Lucy Boynton), die etwas älter ist und davon träumt, in London Karriere als Model zu machen. Um sie zu beeindrucken, bietet Conor ihr einen Job als Schauspielerin in einem Musikvideo an, das seine Band demnächst drehen will. Dumm ist nur, dass Conor nicht mal eine Band hat …
Man muss den Ausstattern, Kostümbildnern und Hairstylisten zugutehalten, dass sie die Achtziger hervorragend getroffen haben: von den hochtoupierten Locken bis zu den breiten Schultern sieht alles einfach perfekt aus. Und manchmal auch ein bisschen lächerlich. Sind wir wirklich so rumgelaufen, damals?
Regisseur John Carney, der nach einer Idee von Simon Carmody auch das Drehbuch schrieb, hat 2007 mit Once schon einmal einen „Musikfilm“ gemacht, der damals im Arthaus reüssierte. Auch in Sing Street dreht sich alles um Musik, um die Songs, die Conor schreibt und mit seinen Freunden vertont, um Raphinas Herz zu erobern. Was wieder einmal beweist, dass die Liebe und das Streben nach ihr eine der stärksten menschlichen Triebfedern ist.
Tatsächlich ist die Musik außerordentlich gut gelungen und authentisch. Hauptdarsteller Ferdia Walsh-Peelo singt sogar selbst, und zu sehen, wie er seiner Figur im Verlauf der Geschichte immer mehr Stärke und Selbstbewusstsein verleiht, ist exzellent gespielt. Als coming-of-age-Film funktioniert Sing Street richtig gut.
Carney will jedoch noch mehr erzählen, reißt ein Familiendrama um Conors Eltern an, das sich aber trotz toller Schauspieler nicht so recht entwickeln will, kritisiert die harschen Erziehungsmethoden irischer Geistlicher und deutet sogar sehr dezent den Missbrauchsskandal an, der einige Jahre später die Insel erschüttern sollte, aber auch das bleibt nur vage. Auch die Liebesgeschichte zwischen Conor und Raphina, die sich schließlich entwickelt, bleibt etwas oberflächlich, zumal die Chemie zwischen den Darstellern nicht so ganz stimmt.
Ein Nebenaspekt ist jedoch gut gelungen: Conors großer Bruder Brendan (Jack Reynor) gibt dem Jüngeren nicht nur Tipps in Sachen Mädchen, sondern vor allem fungiert er als Berater in punkto Musik, bildet seinen Geschmack aus und hilft ihm, seinen Weg zu gehen. Gleichzeitig ist Brendan selbst gescheitert, hat sein Studium abgebrochen und nicht den Mut, seinen Weg als Musiker zu gehen wie Conor. Das macht ihn ein wenig zu einer tragischen Figur, über die man leider zu wenig erfährt. Insgesamt ist das aber die berührendste Nebengeschichte des Films.
Sing Street ist ein schöner Film über die Macht der Musik und der Träume, luftig leicht und in seiner Unperfektion so charmant wie ein frühes Musikvideo aus den Achtzigern.
Note: 2-