Heute geht es mal wieder um eine Serie. Mindestens genauso wichtig wie eine tolle Grundidee, faszinierende Figuren und eine spannende Pilotfolge ist eine starke zweite Staffel. Denn in dieser zeigt sich erst, ob die Idee wirklich trägt und man den Figuren auch über die ersten sechs, zehn oder mehr Episoden hinaus folgen möchte.
An dieser Stelle habe ich vor einiger Zeit über zwei Serien geschrieben, die mir gefallen haben, weil sie schräg, witzig und gut gemacht waren: Preacher und Dirk Gentlys holistische Detektei. Inzwischen habe ich mir von beiden die zweiten Staffeln angesehen – und bin ziemlich enttäuscht. Beide haben nahezu komplett ihren anarchischen Witz verloren, sind langweilig und bisweilen sogar nervig.
Aber es gibt auch Serien, die eine relativ enttäuschende erste Staffel haben, sich im Folgejahr aber steigern können. Into the Badlands ist so ein Fall. Ich glaube, ich habe bislang nicht über die Serie, die von Alfred Gough und Miles Millar entwickelt wurde, geschrieben, weil sich meine Begeisterung nach der sechsteiligen ersten Staffel etwas in Grenzen hielt, aber das hat sich mit den zehn neuen Folgen verändert.
Die Geschichte spielt ein paar Jahrhunderte nach der Apokalypse in Amerika – oder dem, was davon übrig ist. In den Badlands leben die Menschen in einem streng hierarchisch geordneten Lehnssystem, an deren Spitze die Barone stehen, die die Ressourcen kontrollieren und sie von ihren Clippern genannten Kämpfern bewachen lassen. Sunny (Daniel Wu), der oberste Gefolgsmann von Baron Quinn (Martin Csokas), stößt eines Tages auf einen geheimnisvollen Jungen namens M.K. (Aramis Knight), der eine seltene Gabe besitzt: Sobald er verletzt wird, verwandelt er sich in eine tödliche Kampfmaschine. Auch die Witwe (Emily Beecham), die sich nach dem Mord an ihrem Mann selbst zur Baronin ernannt hat, zeigt großes Interesse an dem Jungen, und es stellt sich heraus, dass sowohl sie, M.K. als auch Sunny etwas gemeinsam haben: Alle drei besitzen Gegenstände, die ein Emblem ziert, das Symbol der mythischen Stadt Azra.
Es ist eine ungeheuer komplexe Welt mit eigenen Riten, Begriffen und Religionen, die dem staunenden Zuschauer hier präsentiert wird, und es braucht eine Weile, bis man sich einigermaßen in ihr zurechtfindet. Nicht so detailreich wie Game of Thrones, aber liebevoll gemacht in einer Mischung aus japanischer Folklore, amerikanischer Südstaatenromantik und Steam Punk-Elementen. So ein bisschen Vom Winde verweht mit Martial Arts.
Die Serie hat in punkto Schauwerte auf jeden Fall einiges zu bieten. Nicht nur die Kostüme, die Kulissen und die Ausstattung sind sehenswert, sondern vor allem auch die Kämpfe. Und es wird eine Menge gekämpft in den ersten beiden Staffeln, denn es ist eine grausame, unbarmherzige Welt, in der sich jederzeit Eltern gegen ihre Kinder wenden oder Eheleute sich gegenseitig an die Gurgel gehen können. Das Resultat sind beeindruckende Martial Arts-Kämpfe, die hervorragend choreographiert sind, aber mitunter extrem blutig. In ihrer expliziten, aber grotesk überzeichneten Gewaltdarstellung erinnert die Serie bisweilen an Spartacus: Gods of the Arena.
Die erste Staffel benötigt also viel Zeit, um die Figuren und das ungewöhnliche Setting einzuführen und die Geschichte auf den Weg zu bringen. Es gibt eine Menge Intrigen und Machtkämpfe, so dass es schwierig ist, den Überblick über alle Verschwörungen zu behalten, zumal die meisten Figuren nur wenig sympathisch sind und man schnell das Interesse an ihnen verliert. Aber gegen Ende der Staffel sind die Fronten klarer, und wer durchhält, wird mit einer qualitativ besseren zweiten Staffel belohnt, die sich stärker auf jene Figuren konzentriert, die man ins Herz geschlossen hat. Man erfährt mehr über ihre Vergangenheit, und es kommt zu einem dramatischen Kampf um die Vorherrschaft in den Badlands. Verglichen mit den ersten Folgen wird auch sehr viel temporeicher, kurzweiliger und prägnanter erzählt.
Das größte Plus in der zweiten Staffel ist eindeutig Nick Frost, der als geheimnisvoller Bajie Sunny hilft, seine Familie aus der Gewalt Quinns zu befreien. Allein seinetwegen lohnt es sich fast schon, der Serie eine Chance zu geben, und wer hätte gedacht, dass der pummelige Nick Frost es einmal zu einer Karriere als Martial-Arts-Kämpfer bringen würde?
Into the Badlands ist sicherlich kein Meisterwerk der Serien-Geschichte, aber sie ist verdammt gut gemacht, entwickelt einen starken Sog und besticht vor allem durch ihre exotische Ästhetik. Wer spannende Unterhaltung sucht, sollte ihr eine Chance geben, auch wenn die erste Staffel relativ schwach ist.
Die ersten beiden Staffeln findet man als OV bei Amazon Prime, die dritte Staffel startet im Frühjahr.