Mal Hand aufs Herz: Wer hat schon alle Geschenke beisammen? Ich für meinen Teil befinde mich gerade im Endspurt, die meisten Präsente sind besorgt und verpackt, die letzten Kekse werden heute gebacken, und auch das Menü für die Feiertage steht. Weihnachten kann also kommen. Stressig wird es bis dahin dennoch, denn es sind immer noch tausend Kleinigkeiten, die man auf den letzten Drücker zu erledigen hat.
Aber Stress ist bekanntlich hausgemacht, auch wenn wir das nicht gerne hören, und wenn wir uns nicht immer selbst unter Druck setzen würden, wäre das Leben viel entspannter. Vielleicht wäre das ja ein guter Grundsatz fürs neue Jahr?
Vor ein paar Jahren lief ein französischer Film im Kino, dessen Titel meinem beinahe täglichen Stoßseufzer entspricht: Ach, ich hätte gerne einmal ein, zwei Stunden nur für mich, um in Ruhe zu lesen oder einen Film zu schauen. Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt, weiß bekanntlich der Volksmund, und wer hätte noch nicht erlebt, dass seine Pläne im letzten Augenblick durchkreuzt wurden? Ironie des Schicksals: Auch bei der Sichtung des Films kam ständig etwas dazwischen, in meinem Fall ein Skype-Anruf von jemandem, der das Programm gerade neu geladen hatte und es testen wollte – wobei es zu einer Reihe von Pannen kam, die zu einer endlos langen Unterbrechung des Films führten. Zweimal.
Nur eine Stunde Ruhe
Michel (Christian Clavier) entdeckt auf dem Flohmarkt eine von ihm sehr geschätzte Schallplatte und will sie sich in Ruhe anhören. Doch ausgerechnet jetzt muss seine Gattin (Carole Bouquet) ihm einen lange zurückliegenden Seitensprung beichten, seine Geliebte (Valérie Bonnetone) die Beziehung beenden und der Handwerker die Wohnung unter Wasser setzen. Gleichzeitig will der Sohn philippinische Flüchtlinge bei den Eltern einquartieren und der Nachbar eine Party veranstalten …
Früher war es gang und gäbe, dass ein Bühnenstück als Vorlage für einen Film diente, doch die Zeiten ändern sich, heute sind es in erster Linie Romane, Comics oder Videospiele. Das Stück von Florian Zeller wurde 2013 uraufgeführt, was ziemlich erstaunlich ist angesichts des altmodischen Charakters der Geschichte.
Eine Story wie diese, die eine gewöhnliche Alltagssituation nimmt und sie durch eine Reihe ungewöhnlicher und absurder Ereignisse ins Groteske kippen lässt, hat es früher häufiger gegeben. Eines der witzigsten Beispiele ist wohl die John Cleese-Komödie Clockwise – Recht so, Mr. Stimpson von 1986, in der ein Schulleiter auf dem Weg zu einem Vortrag ein haarsträubendes Abenteuer erlebt.
Auch wenn die Idee also ein wenig altbacken wirkt, kann das Resultat doch äußerst amüsant sein. Ich habe ja schon häufiger die Schwäche der zeitgenössischen Komödie beklagt, warum also nicht auf altbekannte Erzählmuster vertrauen und sie behutsam modernisieren? Tatsächlich gibt es auch einige witzige Szenen und Dialoge, vor allem wenn der Handwerker sich nicht als der begehrte Pole, der ja technisch außerordentlich versiert sein soll, sondern als ahnungsloser Portugiese entpuppt. Oder wenn der doppelte Seitensprung ans Tageslicht kommt und ungeahnte Folgen hat.
Leider scheinen all diese Enthüllungen aber kaum Einfluss auf die Hauptfigur zu haben. Michel will selbst dann noch in Ruhe Musik hören, wenn sein Leben bereits in Trümmern liegt und seine Wohnung unter Wasser steht. Das ist nicht nur ein bisschen weltfremd und irritierend, und auch sonst fallen die Konflikte reichlich zahm aus, da hätte man früher wesentlich mehr herausgeholt. Vermutlich mit Louis de Funès in der Hauptrolle …
Note: 3-