Während Teile des Oktobers hierzulande zumindest wettertechnisch golden daherkamen, sah es in den US-Kinos wieder einmal eher herbstlich-grau aus. Von Rückschlägen sollte sich die Verleiher aber nicht verunsichern lassen, denn je tiefer man gefallen ist, desto höher kann man wieder hinauf steigen. Eine Geschichte von Superhelden, überforderten Eltern und vom Tod erwartet uns im November. Legt die Füße hoch und freut euch, auf einen tollen Kinomonat, in dem viele Gipfel erklommen werden..
Wochenende 44 vom 3. November. 2017 – 5. November. 2017
- Der graue Monat startet direkt mit einem Paukenschlag. Wenn es in den Kinos nicht mehr so läuft, dann braucht es ab und an eben auch mal Hilfe von ganz Oben. In diesem Fall vom Donnergott persönlich. Nicht unerwähnt sollen die unfehlbaren Halbgötter aus der himmlischen Schreiberwerkstatt der Marvel Studios bleiben. „Thor: The Dark Kingdom“ mit seinem RT-Wert von 66% ist tatsächlich der bisherige „Schandfleck“ im MCU. Das wollten die Macher nicht auf sich sitzen lassen und haben sich vier Jahre Zeit genommen, auch Thor endlich zu einem vollwertigen Avenger zu machen. Mit „Thor: Tag der Entscheidung“ scheint dies nun gelungen. Der neuseeländische Regisseur Taika Waititi hat mit seinem bunten und humorvollen Makeover wohl genau den richtigen Ton getroffen und die Kritiker in Verzückung versetzt. Auch die Tatsache, dass man dem gefallenen Gott mit Auftritten von Hulk und Doctor Strange diesmal prominente Unterstützung zugesichert hat, wird dem Film weiteren Aufwind geben. Die Trailer kamen ausgesprochen gut an und auch der Vorverkauf lässt darauf schließen, dass, trotz des eher mittelmäßigen Vorgängers, eine deutliche Steigerung auf die Reihe wartet. Mit $120m/$300m wäre der Film eine echte Kampfansage an die Kollegen von der Justice League.
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- „Bad Moms“ und „Daddy’s Home“ haben einige Gemeinsamkeiten. Beide wurde zu überraschenden Hits, beide haben ihre Sequels in die Weihnachtszeit verlegt und beide starten nun innerhalb von 2 Wochen. „Bad Moms 2“ gönnt sich genaugenommen noch einen kleinen Vorsprung, denn das Erfolgssequel eröffnet bereits am Mittwoch, dem Tag nach Halloween. Ob dieser Film die richtige Therapie für einen brummenden Schädel nach einer Halloween-Party sein wird? Dem Verleih wäre es zu wünschen, denn seit dem Überraschungserfolg des Vorgängers im letzten Juli, lief es für diesen nicht allzu rund. Auch deswegen entschied man sich wohl, die Fortsetzung blitzschnell nachzuschieben. In dieser schnellen Welt sicher keine schlechte Strategie, sofern das Drehbuch darunter nicht leiden muss. Die letzte Weihnachtskomödie, die Blockbusterstatus erlangen konnte, liegt nun fast schon ein Jahrzehnt zurück. Höchste Zeit also, dass die Weihnachtsthematik seinen Dornröschenschlaf endlich beendet und zu alter Stärke zurückkehrt. Mit den „Bad Moms“ wird das wohl nicht ganz gelingen, weil man in meinen Augen zu früh an den Start geht und damit zum Weihnachtsfest in diesem umkämpften Geschäft bereits aus den Kinos verdrängt sein wird. Als solides Gegenprogramm sollte der Film aber in jedem Fall funktionieren und mit $30m(5T)/$80m zwar den Meilenstein verpassen, den Verleih aber dennoch glücklich machen.
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Wochenende 45 vom 10. November. 2017 – 12. November. 2017
- Wie versprochen, startet nur eine Woche nach den „Bad Moms“ das männliche Pendant „Daddy’s Home 2“. Während die Moms Unterstützung von drei bezaubernden Großmüttern bekommen, engagierte Paramount mit Mel Gibson und John Lithgow für die konkurrierenden Protagonisten zwei prominente Großväter. Eine weitere Parallele. Ähnlich wie STX Entertainment, hat auch Paramount einen Hit dringendst nötig, denn das bisherige Jahr war eine Aneinanderkettung von mittleren Katastrophen. Weihnachten 2015 wurde der Vorgänger (im Nachhinein vielleicht nicht mehr ganz so) überraschend zum großen Profiteur, da andere Verleiher, aufgrund des alles überschattenden Comebacks von „Star Wars“, keine brauchbaren Familienalternativen im Angebot hatten. Will Ferrell ist sowieso eine Bank in Sachen US-Box Office, wäre da nicht „Casino Undercover“, der im Juni Opfer der grassierenden Komödienseuche wurde und Ferrells ersten Flop seit „Die fast vergessene Welt“ bedeutete. Dieses Schicksal wird „Daddy’s Home“ nicht ereilen, dennoch wird es spannend sein, wie sich das Sequel gegen deutlich härtere Konkurrenz zu schlagen weiß. Auch hier muss das Geld in den Kassen sein, bevor die heiße Phase des Weihnachtsgeschäftes überhaupt begonnen hat. Mit Hilfe des bald folgenden Thanksgiving-Festes sollten $25m/$75m aber noch einmal machbar sein.
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- Neuverfilmungen von Klassikern kamen und gingen, meist mit eher bescheidenem Erfolg. Deswegen war ich auch skeptisch, als ich erstmals von der Idee eines „Mord im Orient Express“-Remakes erfuhr. Zwar liegt das Material bei Kenneth Branagh in den besten Händen, dennoch fehlte mir die Vision, wie man einen Film erneut verkaufen soll, dessen ursprüngliche Faszination im Geheimnis um den Mörder lag (sofern man Agatha Christies Romanvorlage noch nicht gelesen hatte). Ein Geheimnis, über das das Zielpublikum nun Bescheid wissen sollte. So liegt die große Stärke des Filmes nun in einem erneut herausragenden Cast und in seinen überzeugenden Bildern. Eine Kombination, die schon für „Der große Gatsby“ im Jahr 2013 funktionierte. Da der Film vor allem ein älteres Publikum anlocken wird, wird auch vieles von der Qualität abhängen. Bei diesem Produktionsteam bin ich aber vorsichtig optimistisch, dass diese gegeben sein wird. Der Thriller braucht sicher keinen bombastischen Start, um ein zufriedenstellendes Endergebnis zu erreichen. Vielmehr erwarte ich eine ansprechende Laufzeit, die betagteren Rätselfreunden $24m/$85m aus der Rentenkasse abzweigen wird.
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Wochenende 46 vom 17. November. 2017 – 19. November. 2017
- Man muss es ganz klar sagen. Was Warner und DC fehlt, ist ein vernünftiger und strukturierter Plan. Während Marvel immer komplett und bis ins kleinste Detail durchkalkuliert wirkt, herrscht bei der Konkurrenz eher kreatives Chaos. Zwar konnte „Wonder Woman“ im Sommer mit einem ikonischen Auftritt alle in ihren Bann ziehen, doch bald danach zogen schon wieder dunkle Wolken auf. Der unter Fans umstrittene Regisseur Zack Snyder musste aufgrund einer familiären Tragödie, die seine komplette Aufmerksamkeit forderte, überraschend das Projekt verlassen. In der heißen Phase der Post-Produktion übernahm also Avengers-Regisseur Joss Whedon die noch anstehenden Arbeiten und späten Nachdrehs im Wert von $25 Mio. Man kann nur hoffen, dass Whedon es mit seinen hervorragenden Fähigkeiten als Drehbuchautor geschafft hat, ein wenig Avengers-Magie in den Film zu zaubern. Die bisherigen Trailer zu „Justice League“ wirkten jedenfalls, typisch Snyder, einfach nur düster und steril und waren nicht in der Lage zu vermitteln, dass da etwas größeres wartet. Eben das, was „Avengers“ zu einem Überhit verholfen hat. Genau genommen muss Warner sogar aufpassen, nicht von „Thor“ der Rang abgelaufen zu bekommen, denn all die negativen Nachrichten, die das DC Universum immer wieder umkreisen, werden ihre Spuren hinterlassen. Die Trailerklicks sind zwar sensationell, aber auch der immensen Anzahl an unterschiedlichen Trailern geschuldet. Die Trackingzahlen sind bisher recht verhalten und ein Hype um den Vorverkauf und wie er um „Wonder Woman“ zu fühlen war, fehlt mir ebenfalls. Das alles ist jedoch Jammern auf immens hohem Niveau, denn $140m/310m wären noch immer ein großer Gewinn, wenn auch bei weitem nicht das, was man von dieser Vorlage erwarten sollte.
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- Etwas überraschend starten an diesem Wochenende gleich noch zwei weitere Produktionen. Speziell „Wunder“ wäre eigentlich ein Kandidat, den man eher am nächsten Wochenende erwartet hätte. Vielleicht haben die Verleiher aufgrund der traditionell großen Abstürze nach dem Feiertagswochenende nun eine neue Taktik im Sinn. Mit Pixars „Coco“ am kommenden Wochenende ist das Angebot für Familien allerdings immens, weswegen einer sicher darunter leiden wird. „Wunder“ wird es wohl nicht sein, denn mit seiner millionenfach verkauften Buchvorlage, hat der Film deutlich mehr Trümpfe in der Hand, als der konkurrierende Animationsfilm. Das Drama ist Stephen Chboskys erste Regiearbeit seit der Verfilmung seines eigenen Romanes „Vielleicht lieber morgen“ und erscheint in einem Jahr, in dem er als Drehbuchautor von „Die Schöne und das Biest“ bereits an einem großen Hit beteiligt war. Auch wenn wir es hier mit einer Romanverfilmung mit Fangemeinde zu tun haben, scheint die Onlineaktivität für einen Film dieser Art sehr vielversprechend. Große Namen wie der von Julia Roberts tun dann ihr Übriges, um dem inspirierenden Wohlfühlfilm über die nächsten Wochen zu $20m/$90m zu verhelfen.
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- Auch „Bo und der Weihnachtsstern“ hätte gerne ein Stückchen vom Kuchen ab und kämpf an diesem Wochenende vorrangig um die Gunst von Familien mit kleineren Kindern und um das christliche Publikum. Der Animationsfilm, der die Weihnachtsgeschichte aus der Sicht eines abenteuerlustigen Esels erzählt, ist der neueste Streich von Sonys Hauseigenem Animationsstudio Sony Pictures Animation. Für nur $18 Mio produziert, sieht man dem Film das geringe Budget doch deutlich an und stellt fest, dass er mit heutigen Standards nur schwer mithalten kann. Trotz allem kann der Film mit einem recht prominenten Voicecast aufwarten. Außerdem konnte man einige namhafte Stars für den Soundtrack gewinnen, was dem Film zumindest einige Aufmerksamkeit bringen könnte. Die Konkurrenzsituation ist, wie bereits angesprochen, schwierig und so muss der Film versuchen, sich über eine lange Laufzeit irgendwie bis zum Weihnachtsfest zu retten. Dort wird der abenteuerlustige Esel dann aber schnell auf einen abenteuerlustigen Bullen treffen. Vielleicht reicht es ja dennoch zu $10m/$45m
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Wochenende 47 vom 24. November. 2017 – 26. November. 2017
- Ungewohnt ruhig geht es in diesem Jahr am Thanksgiving-Wochenende zu. Nur zwei Filme gehen an den Start und nur einer davon scheint erfolgsversprechend. Wie bereits in den vergangenen zwei Jahren, startet Disney zum Fest vor dem Fest einen seiner beliebten Animationsfilme. 2017 darf nun Pixar wieder ran und hofft, das enttäuschende Abschneiden von „Cars 3“ im Sommer wieder gut zu machen. Ich mag mich wiederholen, aber Pixar muss nun wirklich höllisch aufpassen, den einstigen Zauber und seine hart verdiente Unantastbarkeit vollends zu verlieren. Mit dem Fantasy-Musical „Coco – Lebendiger als das Leben!“ zeigt man nun immerhin mal wieder ein wenig Mut und wandelt auf neuen Pfaden. In Mexiko startete der Film bereits passend zum „Diaz de la Muerte“, dem Tag der Toten, mit großem Erfolg. Dies soll nun auch in den USA gelingen. Die ersten Kritiken sind gut und die Zuschauerreaktionen aus Mexiko gar hervorragend. Nun bleibt nur zu hoffen, dass Lee Unkrichs Vision auch für Zuschauer funktioniert, die irgendwo im hintersten Kentucky mit dem „Diaz de la Muerte“ so gar nichts am Hut haben. Ich drücke dem Film in jedem Fall die Daumen und setze auf die Qualität und den Willen von Familien, zu Thanksgiving einen schönen Tag vor der Leinwand zu verbringen. Als Ass im Ärmel hat Disney den 22 minütigen Kurzfilm „Die Eiskönigin: Olaf taut auf“ vor „Coco“ platziert und sollte damit, trotz bisher recht überschaubarer Onlineaktivität, $75m(5T)/$225m einspielen können.
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- Ganz und gar nicht festlich erscheint der Horrorstreifen „Polaroid“, der ganz im Stil von „The Ring“ daherkommt. Normalerweise wurden Horrorfilme dieser Art stets am Wochenende nach Thanksgiving verramscht, da am Feiertagswochenende aber diesmal so viel Platz ist, hat sich die Weinstein Company diesen lukrativen Starttermin unter den Nagel gerissen. Wie immer sollte man PG-13 Horrorfilme nicht unterschätzen und tatsächlich sehen die Trailerklicks gar nicht so düster aus, dennoch scheint mir die Marke Weinstein nach den Anschuldigungen gegen den ehemaligen Firmenchef nun endgültig am Ende. Da wäre man zum ursprünglichen Starttermin im August wohl besser bedient gewesen. Überhaupt scheint dieses Wochenende kein gutes Pflaster für Horror zu sein, stehen doch eigentlich ganz andere Werte im Vordergrund. Je nachdem, wie breit der Film letztendlich gestartet wird, könnten ein paar ausgewählte Feiertagsverweigerer für $6m(5T)/$12m sorgen.
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- Auch Sonys Oscarhoffnung „Roman J. Israel, Esq.“ mit Superstar Denzel Washington soll an diesem Wochenende einen breiten Start erhalten. Aufgrund der bestenfalls mittelmäßigen Vorabkritiken beim beim TIFF begab sich Regisseur Dan Gilroy zurück in den Schneideraum und erstellte eine neue Fassung des Filmes. Es ist löblich, dass er sich die Kritiken so zu Herzen nimmt und versucht, ein besseres Produkt zu liefern, die Geschichte wird dem Film allerdings als negativer Ballast anhängen, eine Tatsache, mit der Sony ja mittlerweile Erfahrung hat. Da bisher noch überhaupt nicht abzusehen ist, wie breit genau der Film nun gestartet wird, sind Prognosen eigentlich Stochern im Nebel. Aktuell rechne ich aber nicht damit, dass der Film die $20m-Marke erreichen wird.
Und damit würden wir einen mehr als erfreulichen November sehen. Eigentlich fast zu gut um wahr zu sein und ich werde das Gefühl nicht los, dass ein wenig von Mr. Optimistics Zaubertrank in meinen Frühstückstee geraten ist. Die besinnliche Zeit ist allerdings auch eine Zeit der Hoffnung, deswegen nehme ich diesen Optimismus gerne an und wünsche allen viel Spaß im Kino. Bei dieser gebotenen Genrevielfalt sollte doch wirklich ausnahmsweise für jeden etwas dabei sein.