Berlin war verdammt anstrengend. Drei Tage Projektbesprechung sind keine Kleinigkeit, sondern harte Arbeit, hinzu kommen ein paar nette Abende mit Freunden – und sogar ein Kinobesuch. Meine Liste mit Filmen ist immer noch lang, aber wenn man schon mal die Gelegenheit hat, Blade Runner 2049 im Imax zu sehen, sollte man diese nicht einfach so verstreichen lassen. Leider war es eine 3D-Vorführung, so dass die riesige, fünfhundert Quadratmeter große Leinwand gar nicht angemessen gewürdigt werden konnte, denn die Brillen ließen das Bild wieder auf ein kleines Kästchen zusammenschrumpfen. Wirklich schade und ein weiterer Beleg, dass für mich, der wie ein gar nicht mal so kleiner Teil der Kinobesucher physisch nicht in der Lage ist, 3D überhaupt wahrzunehmen, diese Form der Vorführung eine eindeutige Verschlechterung ist.
Blade Runner 2049
Dreißig Jahre nach dem Ende von Blade Runner geht die Geschichte weiter: Die Tyrell Corporation und ihre rebellischen Maschinenmenschen sind schon lange von der Bildfläche verschwunden, und ein genialer Wissenschaftler, Niander Wallace (Jared Leto), hat eine neue, gefügigere Generation von Replikanten erschaffen. K (Ryan Gosling) ist einer davon und jagt als Blade Runner der Polizei von Los Angeles immer noch einige ältere Modelle, die untergetaucht sind. Als er einen davon zur Strecke bringt, stößt er auf die Überreste einer unbekannten Replikantin, die ein Kind geboren hat – für die Staatsmacht und seine Vorgesetzte Lieutenant Joshi (Robin Wright) ein Alptraum, für den Widerstand eine neue Hoffnung. Die Suche nach dem Schicksal des Kindes lässt K zwischen alle Fronten geraten und bringt ihn zudem auf die Spur seiner eigenen Vergangenheit …
Regisseur Denis Villeneuve ist einer der aufregendsten und visuelle beeindruckendsten Regisseure unserer Zeit, und es lohnt sich schon, allein wegen der atemberaubenden Bilder, die er zusammen mit der Kameralegende Roger Deakins geschaffen hat, ins Kino zu gehen. Das Los Angeles der Zukunft, dessen Look bereits Ridley Scott vor drei Jahrzehnten definiert hat, ist immer noch von beklemmender Schönheit. Auch das Erzähltempo und die Einbettung vieler kleiner Details in Ausstattung und Kostüm erinnern an das Meisterwerk der Achtziger. Vieles ist also bekannt, seien es die düsteren Straßenschluchten oder der tempelähnliche Firmensitz der früheren Tyrell Corporation, die Waffen, Mäntel oder auch der Fremdsprachenmix, den die Leute benutzen.
Was neu ist, passt sich wunderbar dem alten Setting an, so dass die Fortsetzung sehr organisch wirkt. Auch das gemächliche Erzähltempo entspricht dem des Vorgängers. Der Film nimmt sich Zeit, seine Schauplätze zu etablieren, als Zuschauer kann man den Blick schweifen, die Atmosphäre auf sich wirken lassen und hat genügend Gelegenheiten, über die Geschichte nachzudenken, die wie ihr Vorgänger vom Film Noir inspiriert ist. Es ist erneut ein beinahe schon philosophischer Krimi, weniger elegisch, dafür zumindest gegen Ende hin etwas actionlastiger. Eine Fortsetzung der alten Geschichte in Form einer Variation ihres Themas.
Insgesamt ist die Story weniger rätselhaft und mystisch aufgeladen als im alten Blade Runner. Erneut geht es um die Suche nach der eigenen Identität, um die Frage nach dem Wesen und der Seele eines künstlichen Menschen. Es geht auch, allerdings kommt dieser Aspekt viel zu kurz, obwohl er der aktuellere gewesen wäre, um das Zusammenleben der Menschen und der Beinahe-Menschen, deren Existenz immer noch ein wenig unklar ist. Die alten Replikanten wurden geschaffen, um die gefährlichen Arbeiten in den extraterrestrischen Minen zu übernehmen, aber welchen Zweck die jüngere Generation erfüllt, ist nicht ganz ersichtlich. Auf jeden Fall werden sie diskriminiert und schlecht behandelt – obwohl man sie auf den ersten Blick nicht von normalen Menschen unterscheiden kann. Hier werfen die Drehbuchautoren viele Fragen auf, die sie nicht beantworten.
Damit geht der Geschichte viel von ihrer Emotionalität verloren. Außerdem werden bestimmte gesellschaftliche Entwicklungen angedeutet und vorbereitet, die komplett ins Leere laufen, so als wäre dies nur der erste Teil einer geplanten Reihe, der Auftakt zu einer viel komplexeren Geschichte. Denn die eigentliche Handlung, die Suche nach dem geheimnisvollen Kind und der Vergangenheit von K, ist ziemlich dürftig. Die falschen Fährten werden zwar geschickt ausgelegt, so dass man lange braucht, bis man das Rätsel gelöst hat, insgesamt passiert allerdings relativ wenig. So langsam und stellenweise langweilig wie das Original ist die Fortsetzung zwar nicht, aber dennoch weit davon entfernt, eine wirklich raffinierte, einzigartige Story zu erzählen. Dafür hat es in diesem Bereich der Science Fiction in den letzten Jahren einfach schon zu viele ähnliche Geschichten über Andoiden gegeben, die ein Bewusstsein entwickeln.
Am Ende bleibt vor allem ein düsterer, aber schöner Bilderbogen aus einer Zukunft, die wir hoffentlich nie erleben werden. Das Zeug zum Klassiker dürfte der Film jedoch eher nicht haben.
Note: 2-