Das Wochenende wollten wir etwas ruhiger angehen lassen. Samstagnachmittag waren wir mit Freunden aus Rom verabredet, die zufällig an dem Tag ebenfalls in Ragusa waren. Daher verbummelten wir den Vormittag und machten uns erst relativ spät auf den Weg.
Ragusa ist zwar die Provinzhauptstadt, das alltägliche Leben tobt jedoch in der Neustadt aus dem 19. und 20. Jahrhundert auf einer höher gelegenen Ebene, während das altehrwürdige Ragusa-Ibla weitgehend den Touristen gehört und sich malerisch an die Berghänge schmiegt. Das bedeutet vor allem eins: Über tausend Treppen musst du gehen, willst du die schönen Seiten sehen …
Besonders schweißtreibend war der Aufstieg zur schmucken, kleinen Kirche Santa Maria delle Scale, dafür wird man zusätzlich mit einem hübschen Blick auf Ragusa-Ibla belohnt. Die meisten Sehenswürdigkeiten befinden sich allerdings unterhalb oder in der Nähe des prächtigen Doms von Ibla, in dem am Samstag natürlich wieder eine Hochzeit stattfand. Der September scheint der Monat zu sein, in dem die meisten Leute heiraten, und in der Regel sind das überaus prachtvolle Veranstaltungen.
Ein paar Kirchen und ein schöner Park, in dessen Nähe sich noch das Portal der alten, beim Erdbeben von 1693 zerstörten Kathedrale befindet, viel mehr gab es nicht zu sehen. Es sei denn, man ist ein Fan einer bekannten Krimiserie, die hier beheimatet ist: Sowohl Noto als auch Ragusa sind Schauplätze der Fälle von Commissario Montalbano. Die Altstadt ist zwar klein, aber dafür sehr hübsch, und ein Spaziergang durch enge, verwinkelte Gassen ist auch eine schöne Abwechslung.
Weil es schon spät war und wir nicht schon wieder in der Pizzeria in der Nähe unseres B&B essen wollten, kehrten wir am Abend noch in einem Restaurant ein. Wie immer waren wir um acht Uhr hoffnungslos zu früh dran. Der Koch, der übrigens ausgezeichnet Deutsch sprach, hatte gerade erst den Ofen eingeheizt, und es roch angenehm nach Holzrauch. Das Essen – eine gemischte Meeresfrüchteplatte, Pasta und Schnitzelchen in Weinsauce – war solide und schmackhaft. Wenn ein Gericht alla Siciliana heißt, sind garantiert Auberginen im Spiel, so viel haben wir inzwischen gelernt. Zur landestypischen Küche gehören übrigens auch Arancini. Die konisch geformten und frittierten Reisgerichte, die mit leckeren Saucen gefüllt sind, heißen zwar „kleine Orangen“ (vermutlich wegen ihres Aussehens, das entfernt an Südfrüchte erinnert, haben aber nichts mit ihnen zu tun. Mein Fall sind sie nicht, weil sie zu fettig sind, aber sie schmecken recht gut.
Für Sonntag hatten wir eigentlich vor, auf der Rückfahrt nach Catania noch in ein, zwei netten Bergstädtchen anzuhalten, doch Petrus hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Zum ersten Mal seit unserer Ankunft hat es hier geregnet, ach was, geschüttet, und kalt und neblig war es außerdem. Wir brachen daher gleich nach dem Frühstück auf und kehrten auf schnellstem Weg zurück. Unterwegs fielen uns noch die riesigen Weingärten auf, die Rebstöcke allesamt unter dichten Folien verborgen – es sah aus, als hätte sich Christo hier ausgetobt.
In Catania erwartete uns die nächste Überraschung: Die Spitze des Ätna ist schneebedeckt! Im Tal hörte es dafür wenigstens kurz nach Mittag auf zu regnen, aber warm und sonnig war es definitiv nicht. Für die nächsten Tage wurde aber Besserung angesagt, und wir haben ohnehin vor, uns zwei Tage Auszeit zu gönnen und zu faulenzen. So schön die sizilianischen Bergstädte auch sind, irgendwann sehen all die engen, verträumten Gassen und barocken Kirchen gleich aus …