Nach dem üblichen Frühstück in unserem neuen Stammcafé brachen wir am Montag ausnahmsweise einmal nicht mit dem Auto, sondern mit dem Bus auf. Wir wollten nach Catania, und eingedenk der Warnung bei der Autovermietung erschien uns der öffentliche Nahverkehr sicherer. Auf der einen Seite sind die Busse hierzulande auch wahnsinnig günstig (wir haben für die Strecke nach Catania und zurück nur drei Euro bezahlt), auf der anderen Seite ziemlich unzuverlässig. Fahrpläne werden nur grob eingehalten (unser Bus fuhr fünf Minuten früher ab als angegeben), und am Busbahnhof in Catania wusste kein Mensch, von welcher Haltestelle es wieder zurück geht. Selbst die Sizilianer mussten sich durchfragen. Aber wir sind gut zurechtgekommen und würden es jederzeit wieder machen – denn der Verkehr ist höllisch.
Catania wurde wie fast alle Städte im Osten der Insel nach dem verheerenden Erdbeben von 1693 im Barockstil wiederaufgebaut, aber da die Bewohner Lavastein benutzt haben, wirken die Gebäude sehr dunkel. Man kann sagen, die Stadt besitzt eine düstere Eleganz, die mich ein wenig an Neapel erinnert hat. Nur sind die Straßen dort wesentlich enger und nicht so voller Menschen und Autos. Hier herrscht ein ständiges Geschiebe und Gedränge, und wenn man eine Straße überqueren will, sollte man eine nicht zu enge Lücke im Verkehr abwarten und dann todesmutig voranschreiten. Meistens halten die Autos …
Die historische Altstadt ist nicht so riesig, weshalb man sie sehr gut an einem Tag erkunden kann. Wir machten zuerst am Domplatz Halt, der wirklich schön gestaltet ist und das Wahrzeichen der Stadt beherbergt: einen niedlichen, kleinen Elefanten namens Liotru.
Obwohl die der Heiligen Agatha geweihte Kathedrale erst kürzlich restauriert wurde, muss ich gestehen, dass sie von außen wesentlich spektakulärer ausschaut als von innen. Dafür konnte man diese Kirche wenigstens besichtigen, denn fast alle anderen waren geschlossen.
Direkt neben dem Domplatz befand sich ein Markt, der sich über mehrere Straßen hinweg erstreckte. Das alltägliche Treiben zu beobachten, von Stand zu Stand zu schlendern und die Auslagen an Obst, Gemüse oder frischem Fisch zu betrachten, ist immer wieder faszinierend. Die Metzger zerlegten auf offener Straße ihre Tiere, was in Deutschland vermutlich wegen der Hygienevorschriften undenkbar wäre. Auch finden sich in Catania – ebenfalls eine Parallele zu Neapel – noch zahlreiche kleine, höhlenartige Geschäfte und winzige Werkstätten, so dass man bisweilen das Gefühl hat, siebzig Jahre in die Vergangenheit gereist zu sein.
Ein römisches Theater gibt es in der Stadt übrigens auch, direkt daneben befindet sich noch ein Odeon, und ein Amphitheater liegt auch in der Nähe. Das antike Vergnügungszentrum sozusagen, von dem natürlich nur Trümmer erhalten geblieben sind. Von der Arena wurde nur ein winziges Segment freigelegt, das Theater hingegen in den letzten Jahren weitgehend ausgegraben. Wer weiß also, was noch alles unter dem Pflaster schlummert?
Ein altes Benediktinerkloster war der Endpunkt unseres Rundgangs. In ihm befindet sich nun eine Fakultät der Universität, so dass wir einen Teil davon besichtigen konnten, auf eine detaillierte Führung haben wir allerdings verzichtet. Das Treppenhaus ist jedoch absolut sehenswert, die Klosterkirche wurde jedoch nie vollendet und wirkt daher wie eine Bauruine. Von hier aus ging es dann wieder zurück zum Bus.
Nachdem wir am Sonntag schon so viel gelaufen waren, wollten wir es eigentlich etwas gemütlicher angehen – dennoch sind wir erneut auf zehn Kilometer gekommen. Ausgelassen haben wir zum Beispiel fast alles, was mit Bellini zusammenhängt. Als berühmtester Sohn der Stadt ist der Komponist so etwas wie der Archimedes von Catania, es gibt ein nach ihm benanntes Theater, eine Villa, einen Park und auch ein Getränk, aber das hat ein Venezianer erfunden …
So gefährlich wie befürchtet ist Catania übrigens gar nicht. Selbst im Marktgetümmel hatte man nie den Eindruck, dass hier Taschendiebe ihr Unwesen treiben würden, und wir waren auch in keiner Gegend, in der wir uns unsicher gefühlt hätten. Mit einer Ausnahme vielleicht: Die Tauben scheinen zu oft Hitchcocks Die Vögel gesehen zu haben, denn sie sausen so knapp über einen hinweg, dass man fast die Spitzen ihrer Flügel zu spüren meint.