Alles im Leben gleicht sich irgendwann wieder aus. So zumindest eine tröstliche Hoffnung, an die wir Menschen uns gerne klammern. Und tatsächlich, nach einem unterdurchschnittlichen August, erwartet uns ein September, wie wir ihn wohl noch nie gesehen haben. Machen wir es kurz: Der Startrekord wird fallen und das ist noch lange nicht alles, auf das wir uns freuen dürfen. Seid gespannt.
Wochenende 35 vom 1. September. 2017 – 3. September. 2017
- Der erste Montag eines jeden Septembers ist in den USA ein Feiertag. Der „Labor Day“ beschließt traditionell die Reisesaison des Sommers, sodass Urlaubsorte und Ausflugsziele ein letztes Mal von Besuchern geflutet werden, bevor die Strandkörbe in ihr wohlverdientes Winterquartier verfrachtet werden. Leider ist man in den Kinos der Meinung, dass ein klimatisierter Kinosaal kein solches Ausflugsziel darstellt. Eine der vielen selbsterfüllenden Prophezeiungen, mit denen sich die Branche das Leben schwer macht. Nächste Woche wird dann aber mit der Annahme, die Menschen hätten im September kein Interesse am Kino, endgültig aufgeräumt werden. Vielleicht wird auch irgendwann eine Zeit kommen, in der wir am ersten Septemberwochenende einen Blockbuster bestaunen dürfen. Bis es soweit ist, müssen wir uns aber mit der traurigen Gegenwart abfinden, in der im Jahr 2017 tatsächlich kein einziger Film mit mehr als 700 Kopien an den Start gehen wird. In einer Tradition von Wiederaufführungen zu diesem Termin, wird Steven Spielbergs Meisterwerk „Unheimliche Begegnung der Dritten Art“ seinen 40. Jahrestag begehen und damit hoffentlich ein paar Nostalgiker vor die Leinwände locken. Außerdem startet noch der eigentlich bereits für das letzte August-Wochenende angekündigte „Tulpenfieber“, der weiterhin kaum eine Rolle spielen wird.
Wochenende 36 vom 8. September. 2017 – 10. September. 2017
- Dies ist keine wissenschaftlich begründete These, doch würde es mich nicht wundern, wäre die Zahl diagnostizierter Coulrophobie-Fälle seit dem Erscheinen von Stephen Kings Bestseller „Es“ durch die Decke geschossen. Spätestens jedoch mit dem 1990 erschienenen TV-Zweiteiler, der dem gruseligen Clown Pennywise ein Gesicht verlieh, wurde eine Generation geprägt, die fortan mit eher gemischten Gefühlen in den Zirkus ging. Der Film ist heute Kult und so war auch ein Remake schon seit 2009 in Planung. Unverständlicherweise dauerte es aber weitere 8 Jahre, bis der Film es schlussendlich zur Leinwandreife gebracht hat. Wenn man bedenkt, wie viel Schrott so einfach durchgewunken wird, ist es eigentlich unglaublich, dass ein solch sicherer Hit eine solch schwere Geburt war. Jetzt ist aber endlich alles gut und Warner Bros bzw. New Line Cinema sind bereit zur Veröffentlichung. Mit dem ersten Trailer sind alle Dämme gebrochen, der Hype ist enorm und der Startrekord im September wird geradezu pulverisiert werden. Möge ein Horror-Clown derjenige sein, der die nächste Barriere in den Köpfen der Studiobosse einreißt. Es lebe der September. Die Klickzahlen und der damit einhergehende Rekord des meistgesehenen Trailers innerhalb von 24 Stunden, können nicht irren. Macht euch auf ein schockierendes Wochenende gefasst, an dem nicht weniger als $80m/$185m eingespielt werden.
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- Ob an einem Wochenende wie diesem noch Platz für andere Filme bleibt? Zumindest könnte man kaum ein besseres Gegenprogramm liefern, als es Open Road Films mit der traditionellen Romcom „Liebe zu Besuch“ tut. Der Name Meyers steht seit 2 Jahrzehnten für hochwertige Unterhaltung, die sich zwar vorrangig an Frauen richtet, aber mit Herz und Humor durchaus auch die Männerwelt anzusprechen vermag. Viel zu selten hat sich Nancy Meyers in ihrer Karriere ans Werk gemacht und ist in einem fast schon eingemotteten Genre eine der letzten Verfechterinnen von Liebe und Gefühlen. In diesem Fall wird sie zwar nur als Produzentin fungieren, doch da der Apfel nicht weit vom Stamm fällt, hat keine geringere als Tochter Hallie Meyers-Shyer die Regie der romantischen Komödie übernommen. Hauptdarstellerin Reese Witherspoon ist wahrlich keine Unbekannte des Genres, konnte seit dem massiven Flop /Mir ist es bis heute ein Rätsel, wie man dafür $120m ausgeben konnte)?) „Woher weißt du, dass es Liebe ist“ aber nicht mehr an alte Erfolge anknüpfen. Ich hoffe inständig, dass dieser Film nicht einen weiteren Sargnagel für die Romcom darstellt. Die Trailer wirken in jedem Fall recht sympathisch und mit $11m/$45m wäre das Ende vermutlich noch einmal aufgeschoben.
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Wochenende 37 vom 15. September. 2017 – 17. September. 2017
- Eine absolute Wildcard ist der in jeder Hinsicht hochkarätig besetzte Psychothriller „Mother!“. Darren Aronowskys siebte Regiearbeit hat mit Jennifer Lawrence, Javier Bardem und der bezaubernden und der heutzutage viel zu selten agierenden Michelle Pfeiffer immerhin 5 Oscars im Gepäck. Aronowsky war lange ein Geheimtipp, bis ihm, mit einem weiteren Psychothriller, der finanzielle Durchbruch gelang. Danach standen ihm alle Türen offen. Seine Wahl fiel auf die kontroverse Neuinterpretation der biblischen Sintflut, „Noah“. Die Produktion wurde zwar finanziell zum Erfolg, fiel aber beim Publikum weitestgehend durch. Während um „Noah“ durchaus ein Hype entstand, ist es zum Start von „Mother!“ erstaunlich ruhig. Das mag zum einen daran liegen, dass erst vor wenigen Wochen überhaupt ein Trailer erschienen ist, zum anderen daran, dass Jennifer Lawrence ihre Starpower einfach nicht zu nutzen weiß. Als Ikone einer Generation von Teenagern, verweigert sie sich diesen strikt und lässt sich stets in Filmen casten, die eher ein älteres Publikum ansprechen. So auch mit diesem Film, dessen Trailer mich persönlich ein wenig ratlos zurück lässt. Die Horror-Fans wird man damit sicher nicht abholen können, bleibt also noch die Arthaus-Kundschaft, die sich wiederum an Teenie-Schwarm Lawrence stören könnten. Das erinnert doch sehr an den ebenfalls ambitionierten „Crimson Peak“ oder das zuletzt spektakulär gescheiterte „A Cure for Wellness“, die am großen Publikum vorbei produziert wurden. Mehr als $13m/$35m sehe ich momentan leider nicht.
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- Den Auftakt einer nun dreiwöchigen Reihe von Actionfilmen/Thrillern stellt die Buchverfilmung „American Assassin“ dar (Weshalb startet ihr ihn nicht am Labor Day Wochenende, liebe Verleiher?). „American Assassin“ ist ein 2010 erschienenes Prequel aus der seit 1999 verlegten Mitch Rapp-Reihe. Als CBS Films 2008 die Rechte daran erwarb, sah der Plan für die Serie noch ein wenig erwachsener aus. Nach Erscheinen der Vorgeschichte orientierte man sich aber um und setzt mit dem Nachwuchstalent Dylan O’Brien auf eine Origin- Geschichte und hofft auf ein erfolgreiches Franchise, auf das Verleih Lionsgate nach den überragenden Erfolgen von „Twilight“ und „Hunger Games“ weiter wartet. Ein junges Publikum wird man mit diesem Anti-Terror-Thriller und R-Rating wohl kaum ansprechen. Überhaupt wirkt das alles ein wenig eingestaubt und nicht sonderlich innovativ. Ein Film, den man besser vor 10 Jahren verwirklicht hätte. So wandelt man wohl eher auf den Spuren des mäßig erfolgreichen Jack Ryan-Reboots aus dem Jahr 2014. $13m/$35m werden wohl nicht reichen, um einem erfolgreichen Franchise auf die Beine zu helfen.
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- Angeblich soll auch Marc Forsters Drama „All I see is you“ an diesem Wochenende breit starten, allein mir fehlt der Glaube…
Wochenende 38 vom 22. September. 2017 – 24. September. 2017
- Erst 14 Filme konnten im September über der $30m-Marke eröffnen. An diesem Wochenende könnten gleich zwei dieser Exemplare parallel starten. Den besten Start erwarte ich mir von Matthew Vaughns erstem Sequel „Kingsman: The Golden Circle“. Vaughn ist mein absoluter Lieblingsregisseur und wusste mich noch mit jedem Film zu überzeugen. Ob „Der Sternwanderer“, „Kick Ass“ oder „Kingsman“, sie alle verbindet vor allem eines: Innovation. Vaughn ist einer dieser Regisseure, die den so dringenden neuen Stoff geliefert haben, ohne dabei an Massenkompatibilität zu verlieren. Nun macht er sich also erstmals an eine Fortsetzung und ich setze all mein Vertrauen in seine Fertigkeiten. Glücklicherweise hat man es geschafft, den Film halbwegs zeitnah zum Vorgänger zu platzieren. Wie wichtig das ist, haben zuletzt einige Sequels gezeigt, die in dieser schnelllebigen Welt einfach zu spät kamen. Selbst „Kingsman“ ist da mit seinen 2 1/2 Jahren gefühlt schon nah an der Grenze. Deswegen denke ich nicht, dass es hier wie bei „Now You See Me 2“ laufen wird und sich auch die Qualität erneut durchsetzen kann. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass der erste Film mit seiner Originalität bereits den Höhepunkt der Serie erreicht hat, deswegen erwarte ich zwar einen besseren Start als beim Vorgänger, allerdings auch eine schwächeren Laufzeit. $40m/$110m.
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- Es ist vor allem Sony Animation zu verdanken, dass der September in den letzten 10 Jahren ein wenig Aufwind bekam. Auf der Suche nach einer Nische für sein Produkt, wurde das Animationsstudio in der Kinderfilmwüste nach Ende der Ferien fündig. Warum man diesen Termin nun aufgab, das verstehe wer will, aber ich weiß, dass man bei Warner Bros artig Danke sagt und sich ins gemachte Nest setzt. Im letzten Jahr waren es die „Störche“, jetzt versucht man sein Glück mit einem weiteren Abenteuer der kultigen, gelben Spielfiguren. Nach „The Lego Batman Movie“ im Februar, gibt es nur 7 Monate später „The Lego Ninjago Movie“. In meinen Augen vielleicht ein wenig zu früh, aber alleine die Tatsache, dass bis in den November hinein nur der sehr mädchenlastige „My Little Pony“ überhaupt als Konkurrenz startet, macht den Film zu einem sicheren Hit. Die Macher setzen erneut auf den bekannten und erfolgsversprechenden Humor der Geschwisterfilme, dennoch glaube ich, dass man sich diesmal vornehmlich an das jüngere Publikum richten wird und demnach weitere Einbußen beim Einspielergebnis hinnehmen muss. $38m/$130m bedeuten jedoch sicherlich alles andere, als ein Verlustgeschäft.
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- Mit ein wenig Verspätung startet an diesem Wochenende Simon Verhoevens „Unfriend“ auch in den Vereinigten Staaten. Auch wenn Entertainment Studios mit „47 Meter Down“ einen Überraschungshit landen konnten, wird man hier wohl nicht über die $5Mio-Marke hinaus kommen.
Wochenende 39 vom 29. September. 2017 – 1. Oktober. 2017
- Nach solch einer ungewohnten Geldflut im September, wird es zum Monatsausklang wieder ein wenig ruhiger. Dennoch verwöhnt Universal die Zuschauer in „Barry Seal: Only in America“ mit einer weiteren Portion Star-Kino. Tom Cruise ist ohne Zweifel einer der größten Actionhelden unserer Zeit. Momentan befindet er sich wohl bestenfalls am Zenit seiner zweiten Karriere, in der er nun mehr und mehr durch repetetive Rollenauswahl auf der Stelle zu treten scheint. Diesmal verkörpert er immerhin zur Abwechslung eine reale Person, denn Cruise schlüpft in die Rolle des einstigen Drogenschmugglers Barry Seal. Unter der Regie von Doug Liman stand Cruise bereits in „Edge of Tomorrow“ halbwegs erfolgreich vor der Kamera, in diese Regionen wird man aber diesmal sicherlich nicht vorstoßen können. Da der Film in großen Teilen der Welt bereits gestartet ist, kann man in etwa sehen, wohin die Reise gehen wird. Letztendlich erwarte ich nach all der Konkurrenz in den letzten Wochen ein Ergebnis, das mit $15m/$45m in etwa dem von „War Dogs“ entsprechen sollte.
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- Ein großer Anteil des Erfolges von „Flatliners – Heute ist ein schöner Tag zum Sterben“ im Jahr 1990 dürfte dem neu erworbenen Status des Superstars von Julia Roberts zuzuschreiben sein. Der Film startete nur sechs Monate nach dem legendären „Pretty Woman“ und in einer Zeit, als Starpower noch Zuschauer anzogen. Stellt man dem Ellen Page und „Vampire Diaries“-Star Nina Dobrev gegenüber, wird schnell klar, dass man auf dieses Pferd diesmal nicht setzen darf. Überraschenderweise nimmt auch Kiefer Sutherland seine Rolle aus dem ersten Teil wieder auf. Ja, richtig gehört, „Flatliners“ ist kein Remake, es ist offiziell ein Sequel. Doch wo ist da in diesem Fall der Unterschied? Ein wenig mehr Horror als im Original, ein wenig mehr Übersinnliches und dazu eine stylische, aber vollkommen sterile Kamera und fertig ist das Werk. Letztendlich wirkt es wie eine weitere verzweifelte Tat eines Verleihs, endlich wieder Fuß im Geschäft zu fassen. „Flatliners“ wird sicher nicht dieser Film sein, mit dem dies gelingt. Dazu bräuchte es Inspiration und Innovation und dies bekommt man hier sichtlich nicht geboten. Vielleicht bekommt man ja ein paar Horror-Fans zusammen, die am Ende für $9m/$23m sorgen könnten.
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- Abschließend startet auch noch der christliche Werbefilm „A Question of Faith“ aus dem Hause Pure Flix, der die gewohnte Ware liefert und sein typisches Publikum ansprechen soll. Wie immer, gab es zumindest bei Facebook einige Interessenten am Trailer, sodass es die üblichen $3m/$10m in die Portokasse des Studios spülen dürfte.
Ich glaube, ich habe nicht zu viel versprochen. Das dürfte ein September werden, der uns im Gedächtnis bleiben wird. Hauptsächlich, so meine Hoffnung, den Studios. Als treuer Leser von Insidekino sollte man eines verinnerlicht haben: „Hits generieren Hits“. Es ist eines der wichtigsten Zitate der Branche, geprägt von einem uns allen bekannten Insider, der nicht müde wird, es in die Chefetagen der Verleihe zu tragen. Mal mit mehr, leider aber auch mal mit weniger Erfolg. In diesem September wurde ein leises Echo seiner Stimme wohl auch in Hollywood vernommen. Es kann nur weiter bergauf gehen. Weiter so, Liebe Studiobosse!