Kann sich die Branche das wirklich leisten?

Guardians of the Galaxy war – verdientermaßen – ein Sleeper-Hit wie er im Buche steht. Mit guter Mundpropaganda ausgestattet, robbte sich die Marvel-Comicverfilmung bei uns auf 1,8 Mio. Besucher hoch und war natürlich auch weltweit ein Hit. Gerade weil der Film so gefiel, war GOTG auch im Homevideo-Bereich ein großer Erfolg.

Dementsprechend gab es dieses Jahr für das Sequel Guardians of the Galaxy Vol. 2 sogar 2,5 Mio. Besucher – eine Steigerung um rund 700.000 Besucher (ca. 40 %). Viele Besucher kannten das Original also nicht aus dem Kinoeinsatz und ich hörte auch in meinem Bekanntenkreis, dass sie den Erstling nur auf der kleinen Mattscheibe gesehen haben.

Und einige von ihnen hätten sehr gerne zum Start von Guardians of the Galaxy Vol. 2 den Vorgänger auf der großen Leinwand nachgeholt – aber zur allgemeinen Überraschung gab es dazu keine Gelegenheit. Anscheinend gab es in der gesamten Republik keine Double Features.

Und das ist wahrlich kein Einzelfall – die Double und Triple Features der Vergangenheit sind vom Aussterben bedroht…

Wie konnte das passieren? Wenn ich Verleiher frage, was da los ist, dann schieben sie die Schuld auf die Kinoketten, die sich „Sondervorstellungen“ angeblich vom Verleih bezahlen lassen wollen. Wenn ich Kinomacher frage, dann heißt es, die Verleiher scheuen angeblich den Aufwand, sich das Okay von den Hollywood-Studios zu holen.

Beide Ausreden sind natürlich ein Armutszeugnis für die Branche, die den Kunden doch ein möglichst breit gefächertes Angebot bieten sollte. Und das Verrückteste dabei ist, dass sich sowohl Verleiher als auch Kinos ein gutes Geschäft durch die Finger gehen lassen!

Für die Kinos sind gut gefüllte Double Features ein im wahrsten Sinne doppelter Traum: Unter der Woche sind die Kapazitäten sowieso nicht ausgefüllt und zudem gibt es zwischen den Filmen eine „natürliche“ Pause, die die Thekenumsätze in die Höhe schnellen lässt.

Und die Verleiher verdienen ohne einen Cent für Werbung auszugeben mit einem alten Film einige Euros zusätzlich, und zudem steigen die „Oldtimer“ in den All-Time Charts einige Ränge nach oben.

Man bedenke nur einmal die Tatsache, dass der SF-Klassiker Matrix mit den Starts von Matrix Reloaded und Matrix Revolutions in den Double und Triple Features weitere 440.000 Besucher holte!

Bei Peter Jacksons Der Herr der Ringe – Die Gefährten waren es sogar fast eine halbe Million Besucher. Allein das Triple Feature vor dem Start von Die Rückkehr des Königs brachte mehr als 300.000 Besucher an einem Dienstagabend – insgesamt waren das also 600.000 abgerechnete Besucher für Teil I und Teil II (Teil III startete um 00:00 Uhr am Mittwoch) – wann hat die Branche schon mal 600.000 Besucher an einem Dienstag?

Natürlich gibt es noch andere erfolgreiche Double/Triple/Quadruple/Quintuple Features (ich erinnere z.B. an die Twilight Saga) und ich behaupte nicht, dass ein Double Feature von den Guardians of the Galaxy-Filmen solche Zahlen geschrieben hätte, aber ich kann mir schon vorstellen, dass da 75.000 Besucher durchaus drin gewesen wären – und 75.000 zusätzliche Besucher an einem Wochentag haben oder nicht haben ist schon eine ganze Menge.

Kann es sich die Branche bei Besucherzahlen, die letztes Jahr 57 Millionen (!!!) Besucher unter dem Jahr 2001 lagen, wirklich leisten, auf solche Besucherzahlen und auf solche Events zu verzichten? Schaut Euch doch noch einmal den Startplan genauer an – da gibt es schon noch einige Möglichkeiten, ein paar mehr Besucher in die Kinos zu locken…