Das Jahr ist zur Hälfte rum und ich werde das Gefühl nicht los, dass die vergiftete politische Stimmung auch in den Kinosälen ihre Ausdünstungen hinterlassen hat. Leichte Sommerkomödien, die Reise in ferne Fantasywelten, sie alle bleiben bisher weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Die Leichtigkeit hat das Kino verlassen. Stattdessen funktionieren ein Horrorfilm über Rassismus, einer über eine vielfach gespaltene Persönlichkeit und ein Animationsfilm, dessen Star eine gewisses Staatsoberhaupt persifliert. Und dann sind da noch die Helden. Die Superhelden. Belle und Diana kämpfen für die Liebe und Gerechtigkeit, die Guardians gegen eine böse Macht, die alles zerstören möchte, was einst war. Kann das alles Zufall sein? Vermutlich.
Die Welt braucht sie dennoch, diese Superhelden. Auch im Juli.
Bevor wir aber wie gewohnt und auch deutlich optimistischer in den Juli blicken, kündige ich noch eine Neuerung an. Ab sofort möchte ich auch euch Lesern einen Einblick in einige meiner Prognosengrundlagen liefern. Trailerklicks bei Youtube und Facebook, sowie Facebook-Likes werden nun Monat für Monat für den jeweiligen Film gezählt und mitveröffentlicht. Weshalb? Weil ich denke, dass es interessante Vergleichswerte liefern könnte. Gewertet werden bei Youtube die fünf meistgeklickten Teaser -und Haupttrailer bzw. alle Trailer mit mehr als 2 Mio Klicks, bei Facebook alle Trailer, die auf der offiziellen Fanseite hochgeladen wurden. Wie immer wünsche ich viel Spaß beim Lesen und Mitprognostizieren.
Wochenende 27 vom 7. Juli. 2017 – 9. Juli. 2017
- Man möchte es kaum glauben, doch die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft erhält innerhalb von nur 15 Jahren ihren nunmehr dritten Neustart. Noch immer unter der Leitung von Sony, doch als Resultat eines interessanten Deals mit Disney und Marvel, der auch für andere Franchises interessante Optionen versprechen könnte. Tom Holland heißt der Auserwählte, der diesmal in die Rolle des Spinnenmannes schlüpfen wird bzw. dies bereits in „Captain America: Civil War“ tun durfte. Während „The Amazing Spider-Man“ daran scheiterte, sich zu wenig von der ersten Trilogie zu unterscheiden, könnte in Zusammenarbeit mit den Spezialisten bei Marvel nun genau das gelungen sein. Mit seinen John Hughes-Anleihen und dem Tom Holland geschuldeten, jugendlicheren Anstrich, scheint dank „Spider-Man: Homecoming“ tatsächlich noch einmal frischer Wind in die Reihe zu kommen. Die Fans haben den Newcomer, der viele seiner Stunts als ehemaliger Turner selbst in die Hand genommen hat, bereits in ihr Herz geschlossen und auch die Kritiken, die man selbstbewusst schon früh freigegeben hat, versprechen viel Gutes. Was das Comicstudio in die Hand nimmt, das wird zu Gold. Daran wird auch die zurückliegende Durststrecke von Sony nichts ändern. Ich denke zwar noch immer, dass eine längere Pause angebrachter gewesen wäre, mit der Hilfe von Tony Stark erwarte ich aber dennoch einen erfreulichen Neustart im Wert von $110m/$300m.
Trailerklicks YT: 191 Mio
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Wochenende 28 vom 14. Juli. 2017 – 16. Juli. 2017
- Was 2011 mit dem qualitativen -und finanziellen Überraschungserfolg „Planet der Affen: Prevolution“ seinen Anfang fand, wird in diesem Juli mit „Planet der Affen 3: Survival“ seinen Abschluss finden. Wer hätte vor 6 Jahren und nach Tim Burtons bestenfalls durchwachsenem Remake geglaubt, dass aus der Materie eine der aus Kritikersicht gefeiertsten Filmtrilogien aller Zeiten enstehen würde? Die Reihe überzeugte vom ersten Moment an mit beeindruckend realistischen CGI-Affen zu Dumpingpreisen. Noch immer frage ich mich, wie Hugo Cabret damals mit dem Oscar nach Hause gehen konnte. Auch im dritten und wohl auch düstersten Teil, wird Motion Captur-Spezialist Andy Serkis wieder in die Rolle des sprechenden Schimpansen Caesar schlüpfen. Während „Prevolution“ mit seinem Einspielergebnis noch überraschen konnte, blieb die erhoffte Steigerung für „Revolution“, zumindest in den USA, leider aus. Ein wenig erinnert das alles an die Entwicklung der Star Trek-Reihe, der die Pausen von 3 und 4 Jahren zwischen den Filmen letztendlich ein wenig geschadet haben. Auch Verleih Fox fehlt es im Marketing leider zuletzt ein wenig an Durchschlagkraft, dennoch hoffe ich, ähnlich wie bei „Kong: Skull Island“, auf eine Menge älterer Semester, die nicht zuletzt aufgrund der durchweg frenetischen Kritiken den Weg in die klimatisierten Kinosäle finden werden. $62m/$185m werden im Heimatland erreicht, den Rest muss der asiatische Markt regeln.
Trailerklicks YT: 55 Mio
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- Mein Horror-Tipp im Juni hat sich leider als Rohrkrepierer herausgestellt, deswegen bleibt mir nur, meine Aufgabe im Juli besser zu erfüllen. „Wish Upon“ wird höchstwahrscheinlich ohne die wohlwollenden Kritiken von“It Comes at Night“ auskommen müssen, erhielt dafür aber das attraktiveren PG-13-Rating, das hoffentlich viele Teenager auf der Suche nach ein wenig Grusel in die Kinosäle treiben wird. Keine nennenswerten Verschiebungen, monatelange Betrailerung, ein vorbildlicher Zustand, der in diesem Genre nicht allzu häufig anzutrffen ist. Die Broad Green Studios-Produktion, deren Drehbuch der berühmten Black List entstammt, dürfte mit seinem Budget von nur $12m spätestens mit der Homevideoauswertung schwarze Zahlen schreiben und mit $10m/$24m einer der größten Erfolge des jungen Verleihs werden.
Trailerklicks YT: 9,8 Mio (+11 Mio durch kurze Clips)
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Wochenende 29 vom 21. Juli. 2017 – 23. Juli. 2017
- Noch vor 20 Jahren war es gang und gäbe, alleine wegen des Regisseurs den Weg ins Kino anzutreten, doch genauso wie bei den Schauspielern, hat die Starpower heute nur noch untergeordneten Einfluss auf die Kinolandschaft. Eine Ausnahme stellt Chris Nolan dar, der sich mit seiner unantastbaren Batman-Trilogie eine treue Fangemeinde, die „Nolanites“, erarbeitet hat. Nolan steht für Qualität, Nolan kreiert Hype, Nolan ist eine eigene Marke. Nach einem kurzen und nicht ganz reibungslosen Ausflug ins All an der Seite von Paramount, kehrt der Meister mit dem Weltkriegsfilm „Dunkirk“ zurück zu seinem vertrauten Verleih Warner Bros. Nach all seinen Erfolgen gehe ich davon aus, dass er mittlerweile drehen darf, was er möchte, deswegen verwundert es nicht, dass er diese Herzensangelegenheit zu Film bringen durfte. Während das Internet (und vor allem die One Direction-Fans) schon völlig aufgeregt ist, frage ich mich, ob die Thematik geeignet ist, auf dem Niveau von Spielbergs „Der Soldat James Ryan“ zu funktionieren. Mir fehlt im Trailer der Bezug zu den Protagonisten und die fehlende Beteiligung der USA zu diesem frühen Zeitpunkt des Krieges halte ich ebenfalls für problematisch für die Erfolgsaussichten. $40m/$160m wären für einen Film, der nur eine kurze Episode zu Beginn des Krieges erzählt, in meinen Augen bereits ein enormer Erfolg.
Trailerklicks YT: 43 Mio
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- Jetzt wird es ein wenig ungemütlich, denn das Sorgenkind des Monats wartet auf seine Bewertung. Ich fürchte, dass ich keine allzu guten Nachrichten für den mit Abstand teuersten europäischen Film aller Zeiten habe, denn „Valerian – Die Stadt der Tausend Planeten“ wird große Probleme haben, sein enormes Budget von 197 Mio € wieder einzuspielen. Produziert wird die Verfilmung eines Comics aus den 60er Jahren von Luc Bessons EuropaCorp. Selbstverständlich saß die Ikone des Sci-Fi Filmes auch selbst im Regiesessel. Zumindest die ersten Reaktionen stimmen mich ein wenig positiver, denn es scheint uns kein zweiter „Jupiter Ascending“ zu erwarten. Alle Kritiker sind sich bisher einig, dass das visuelle Erlebnis allein in diesem farbenfrohen Weltraum-Epos sein Geld absolut wert ist. Auch die Tatsache, dass der US-Verleih STX Entertainment die Anfangssequenz des Filmes vor „Spider-Man: Homecoming“ auf den größten Leinwänden des Landes präsentieren wird, beweist, dass man Valerian noch lange nicht aufgegeben hat. Sollte sich dieses 3D-Erlebnis herumsprechen, dann ist in der Tat noch nicht alles verloren, vor allem, wenn Asien am Ende noch seinen Teil dazu beizutragen weiß. Ich bleibe dennoch erst einmal skeptisch und würde dem Film deutlich mehr als $25m/$70m wünschen.
Trailerklicks YT: 26,2 Mio
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- „Mädelstrip“, „Girls‘ Night Out“ und jetzt „Girls Trip“. So langsam wird es ein wenig unübersichtlich, denn die Mädels kommen in diesem Kinosommer ganz schön herum. Es ist tatsächlich eine der letzten Chancen dieser Saison, die Ehre der Komödie zu retten. Diese Aufgabe liegt nun in den Händen eines Quartetts renommierter Schauspielerinnen, ja fast schon der Creme de la Creme des afroamerikanischen Filmes. Letztendlich unterscheidet sich die Komödie inhaltlich kaum von gerade erst gescheiterten „Girls‘ Night Out“. Ein wenig zahmer kommt er vielleicht daher, trotz seines R-Ratings. Das Liegt vielleicht auch daran, dass die Damen hier schon ein paar Jährchen mehr hinter sich gebracht haben. Wie gewohnt, spielt sich bei afroamerikanischen Filmen in Sachen Marketing viel auf Facebook ab, dementsprechend stark sind dort auch die Vergleichswerte. Ich habe schon viele Komödien in diesem Sommer überschätzt, diesmal muss es mit $22m/$65m bei fehlender Konkurrenz doch endlich einmal klappen.
Trailerklicks YT: 5 Mio
Trailerklicks FB: 29,2 Mio (+24 Mio durch Clips/Tv Spots)
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Wochenende 30 vom 28. Juli. 2017 – 30. Juli. 2017
- Sonys letze Hoffnung des Sommers ist ein etwas gewöhnungsbedürftiger Animationsfilm, in dem einer der Protagonisten, hust, ein Häufchen ist. Allerdings ein digitales. Immerhin. Zum Glück gibt es noch kein Geruchs-Kino. Wobei, mit dem falschen Sitznachbarn? Aber zurück zu „Emoji – Der Film“. Wie man es in Sachen Sony mittlerweile nicht mehr anders gewohnt ist, wird online schon wieder massiv auf den Film, der wie eine Mischung aus „Ralph Reichts!“ und „Alles steht Kopf“ wirkt, munter eingedroschen. Das ist in diesem Fall aber wohl weniger dramatisch, denn die Hauptzielgruppe dürfte sich hier aus 5-13 Jahre alten Smartphonefanatikern und deren Eltern zusammensetzen, die sich weniger für das interessieren, was die Sony-Trolle online von sich geben. Der Termin ist eigentlich perfekt gewählt. „Ich: Einfach Unverbesserlich 3“ wird bis dorthin schon in den fortgeschrittenen Zügen seiner Laufzeit stehen und der August und September ist nahezu frei von nennenswerter Konkurrenz. Die Trailerklicks bei Youtube geben Anlass zur Hoffnung, dass der Film bei den Kids punkten könnte und so glaube ich, dass ein Häufchen von $35m/$130m zusammenkommen wird.
Trailerklicks YT: 35,4 Mio
Trailerklicks FB: 9,8 Mio
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- Nachdem sich die einstige Vorzeige-Actionheldin Angelina Jolie mehr oder weniger aus diesem Geschäft zurückgezogen hat, gilt es nun eine Nachfolgerin zu finden. Mit der vielseitigen Charlize Theron könnte dies nun gelungen sein. Mit ihrem knallharten Auftritt in „Mad Max: Fury Road“ wusste sie bereits alle zu überzeugen, nun soll sie im Spionage-Thriller „Atomic Blonde“ die Kinozuschauer verführen. Regisseur David Leitch, der mit „John Wick“ einen modernen Genreklassiker geschaffen hat, scheint eine naheliegende Wahl für den Job auf dem Klappsessel. Weshalb der Film unter Universals Independant-Label Focus Features in die Kinos kommt, verstehe ich nicht wirklich, vermutlich hat man nicht damit gerechnet, ein breiteres Publikum ansprechen zu können. Dabei wirkt das bisher Gesehene wie ein waschechter Studiofilm, der als einziger echter Actionkracher weit und breit eine lange Laufzeit vor sich haben sollte. Traditionell wird das Publikum hier ein wenig älter sein, dementsprechend verhalten sind auch die Online-Werte. Davon sollte man sich aber nicht täuschen lassen, denn der Film hat mit $24m/$85m angesichts seines geringen Budgets großes Potenzial.
Trailerklicks YT: 10 Mio (+6,7 Mio Clips)
Trailerklicks FB: 12 Mio (+11 Mio Clips)
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Eines zeigt sich sofort: Der Juli gibt den Filmen deutlich mehr Luft zum Atmen. Dies, gepaart mit der Tatsache, dass der August schwach wie lange nicht besetzt ist (Warum startet ein Film wie „Die Mumie“ nicht hier?), sollte für überdurchschnittliche Laufzeiten aller Filme sorgen. Ich hoffe inständig, dass sich die Leichtigkeit des Sommers nun auch endlich in Einspielergebnissen ausdrücken wird. Dem Programm im Juli kann man es nicht anlasten. Für jede Zielgruppe sollte etwas dabei sein und wie es scheint, erwartet uns eine Menge an qualitativ hochwertigen Produktionen. Was möchte das Cineastenherz denn mehr?