Mit dem Start der Summer-Season wird der Box Office FocUS bekanntlich aufgrund der geringeren Anzahl gestarteter Filme ein wenig kompakter, dafür habe ich nun die Ehre, euch Woche für Woche das zu präsentieren, was von den Studios als „Tentpole“ bezeichnet wird. Ob die Filme diesen Titel letztendlich auch alle verdienen, werde ich in den folgenden Zeilen für euch eruieren.
Wochenende 18 vom 5. Mai. 2017 – 7. Mai. 2017
- Dass Marvel den Sommer einläutet, kann man nun fast schon als Tradition bezeichnen. Seit Disney 2012 den Verleih für das Comicstudio übernommen hat, hat keine der Produktionen zu diesem Termin die magische $400m-Grenze verfehlt. Eigentlich eine unglaubliche Leistung. Eine, die man in der Chefetage in Burbank wohl auch in diesem Jahr wieder sehr begrüßen würde. „Guardians of the Galaxy Vol. 2“, obwohl bisher (noch) nicht Teil des Avengers-Universums, hatte man durchaus gute Chancen ausgerechnet, die Hoffnungen zu erfüllen. Das Sequel zu einer der Überraschungen des Jahres 2014 kann sich durch seine satirische, coole Machart weiterhin von den typischen Marvel-Geschwistern abheben. Dennoch und obwohl Teil 1 ein absoluter Langläufer und Heimvideo-Hit war, besteht immer die Gefahr, dass sich dieses Gimmick der Eigenständigkeit schneller abnutzt, als gewöhnlich. So hat der Hype nicht die Dimensionen erreichen können, die ich erhofft hatte und auch die Ergebnisse aus dem vorgezogenen Start im Rest der Welt deuten nicht darauf hin, dass die Guardians vollends in Avengers-Regionen vordringen werden. Das alles ist natürlich Jammern auf extrem hohem Niveau, denn mit $145m/$375m würden die Kassen bei überschaubarer Konkurrenz im Wonnemonat mit erneut starken Kritiken im Rücken noch immer ordentlich klingeln.
Wochenende 19 vom 12. Mai. 2017 – 14. Mai. 2017
- Amy Schumer ist momentan eine der erfolgreichsten Komödiantinnen in den USA. Mit ihrer ersten Kinohauptrolle in „Dating Queen“ erreichte sie in Zusammenarbeit mit Comedy-Spezialist Judd Apatow direkt Blockbusterstatus. Wie schon bei ihrem Vorgängerwerk, ist das Multitalent erneut am Drehbuch beteiligt, das es immerhin geschafft hat, die fast schon zur Legende gewordene Goldie Hawn nach 15 Jahren Leinwandabstinenz zu einer Rückkehr ins Showgeschäft zu bewegen. Die Mutter-Tochter-Roadtrip-Komödie „Mädelstrip“ (so langsam haben wir alle Trips durch, oder?) startet natürlich nicht zufällig an diesem Wochenende. Vielmehr wollen die Verleiher sich den für Frauenfilme umsatzstarken Muttertag zunutze machen. Auch die Tatsache, dass Komödien und speziell an Frauen gerichtete Filme in diesem Jahr bisher mal wieder Mangelware waren, dürfte dem Erfolg ebenfalls dienlich sein. Verglichen mit dem Überraschungshit „Bad Moms“ scheinen die Trailer allerdings nur mäßig anzukommen und auch die Trailerklicks sind etwas zurückhaltender. Dennoch sollten Schumers Fanbase und der „Feiertagsbonus“ für schöne $20m/$60m sorgen.
- Sorgenkind des Monats ist ohne Zweifel„King Arthur: Legend of the Sword“. Die 743. Neuinterpretation der Artus-Sage sollte ursprünglich bereits im letzten Sommer starten, musste seitdem aber einige Male seinen Platz für stärker einzuschätzende Konkurrenz räumen. Vermutlich wurde in der Zeit vom Verleih auch noch kräftig an Guy Ritchies Vision des Stoffes herumgeschnipselt. Historische Filme, speziell deren Neuinterpretationen, hatten zuletzt keinen guten Stand an den Kinokassen, deswegen verstehe ich auch nicht, weshalb nach dem letzten „King Arthur“-Flop 2004 überhaupt noch ein Studio grünes Licht für die Produktion gab. Die Geschichte ist auserzählt, im Kino, im TV, da helfen auch (wohl mittelmäßig animierte) gepanzerte Kriegselefanten und Co nicht mehr. Dass der Verleih versucht seine 30.000 verschenkten Previewtickets als „ausverkaufte“ Previews zu bewerben, zeigt, wie verzweifelt man versucht, dem Film ein wenig Leben einzuhauchen. Die Reaktionen auf diese Vorpremieren sind bisher eher gemischt und das Presseembargo bis kurz vor Filmstart gibt auch keinen Grund zum Optimismus. Ich hoffe ich irre mich wie im letzten Jahr bei „Tarzan“, aber mehr als $20m/$55m sehe ich momentan nicht.
- Recht schwer einzuschätzen ist das Latino-Drama „Lowriders“. „How to be a Latin Lover“ hat an diesem Wochenende gezeigt, dass Einwanderer aus Süd- und Mittelamerika durchaus für einen Erfolgsfilm sorgen können, den niemand auf der Rechnung hatte. Sollte der Verleih BH Tilt Wort halten und den Film tatsächlich in 1500 Kinos starten, dann halte ich dank erfreulicher Trailerklickzahlen und zuletzt guter Möglichkeiten zur Bewerbung ein Endergebnis von $10m und mehr durchaus für machbar.
Wochenende 20 vom 19. Mai. 2017 – 21. Mai. 2017
- „Alien: Covenant“ ist, man will es kaum glauben, Sequel und Prequel zugleich. 10 Jahre nach den Geschehnissen des ersten Prequels, „Prometheus“, aber noch vor den Geschehnissen der Mutter allen Alien-Horros, „Alien“, platziert Ridley Scott nun eine weitere Portion Alienfutter in ein gemütliches Raumschiff in Richtung Hölle. „Prometheus“ blieb im Heimatland ohne Zweifel hinter den Erwartungen zurück, weswegen es kaum verwundert, dass sich Verleih Fox für einen weiteren Versuch nun immerhin 5 Jahre Zeit ließ. Auch die Zuschauerresonanz des Vorgängers hätte nicht zwingend für eine weitere Fortsetzung gesprochen, dennoch wollte Scott ein weiteres Mal dorthin zurück, wo 1979 eine ganz große Karriere ihren Ursprung fand. Bei der Wahl seiner Projekte hatte der Altmeister in den vergangenen Jahren nicht immer das beste Händchen, deswegen bleibt auch hier die Frage, ob das Publikum überhaupt für eine weitere und in den Trailern auch repetetiv wirkende Episode bereit ist. Ich fürchte, dass sich die Begeisterung abseits der eingefleischten Fangemeinde in Grenzen halten wird, aber zumindest die Blockbustermarke würde man mit $40m/$100m erneut erreichen.
- Die Geschichte des kranken Teenies, der die Mauern um sich herum einreißt und in die große Welt hinauszieht, hat sich schon für „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ als Erfolgsrezept herausgestellt. Die rührende Buchverfilmung war eine kleine Vitaminspritze für das etwas müde gewordenen Young-Adult-Genres. Doch schon beim vom Verleih schnell nachgelegten „Margos Spuren“ war der Zauber bereits wieder verflogen. Dennoch glaube ich, dass es für „Du neben mir“ durchaus einen Markt gibt. Auf einen Film wie diesen warten junge Frauen nun doch schon wieder zwei Jahre und auch hier basiert das Produkt natürlich auf einem Bestseller. Zu punkten weiß der Film sicher mit der wohl ersten Afroamerikanerin in einer solchen Hauptrolle. Wir sehen hier die Geschichte eines jungen Mädchens, in der die Farbe der Haut absolut keine Relevanz hat. Leider noch immer eine Seltenheit in Hollywoodproduktionen. Man kann der aus Jamaika stammenden Autorin Nicola Yoon nur gratulieren, dass sie mit ihrem Roman diese Barriere durchbrechen konnte und ein Stück Normalität geschaffen hat, die wir dringend brauchen. Die Aktivität in den sozialen Netzwerken ist sehr erfreulich und ich denke dass viele junge Frauen, die sich mit der Heldin identifizieren können, in die Kinos strömen werden. Vielleicht gibt es ja mit $16m/$50m eine kleine Überraschung.
- Auch der erste Film für die jüngere Generation ist in dieser Saison ist eine Fortsetzung. Tagebuchfanatiker Greg bekam vom Verleih ebenfalls eine fünfjährige Schaffenspause verordnet. Warum weiß keiner so genau, wenn man im Jahresrhythmus weitergemacht hätte, dann hätte man mit dem Originalcast zumindest noch 2 oder 3 weitere Filme drehen können. Und das wäre auch die bessere Variante gewesen, denn die Fangemeinde ist über die Neubesetzung in „Gregs Tagebuch 4: Böse Falle!“ alles andere als begeistert. Überhaupt ist das Timing einfach schlecht. Keine Frage, die Buchvorlagen aus Jeff Kinneys Feder erscheinen weiterhin jährlich und sind noch immer erfolgreich. Über 150 Mio Bücher konnte der Autor bisher weltweit in die Kinderzimmer ausliefern. Dennoch hat jede Reihe für Kinder ihren Zenit und ist oft recht kurzlebig, das hat im vergangenen Jahr das eher mittelmäßige Abschneiden der neuen Generation der „Wilden Kerle“ gezeigt. Fox hat sich hier in meinen Augen mit seiner lieblosen Fortsetzung, die völlig willkürlich Buch #9 behandelt, keinen Gefallen getan. Dass Alicia Silverstone nun in Mutterrollen gecastet wird, beweist, dass die Zeit nicht still steht, auch nicht für Greg und seine Freunde. $8m/$25m sind sicher nicht das, was man sich von der Neuauflage erhofft hatte.
Wochenende 21 vom 26. Mai. 2017 – 28. Mai. 2017 (Memorial Day)
- Bevor „Fluch der Karibik“ 2003 für Disney zu einer Art Renaissance führte, war der Piratenfilm mausetot. Die erste Idee zum Film entstand bereits in den frühen 90er Jahren, wurde aber von Disney erst einmal abgelehnt. 10 Jahre sollte es dauern, bis man überzeugt davon war, dass der Film funktionieren kann. Und wie er das tat. Johnny Depp schuf mit seiner Interpretation des alkoholaffinen Piraten Jack Sparrow eine der ikonischsten Figuren des neuen Jahrtausends. Die ursprüngliche Trilogie bekam nach einer vierjährigen Pause eine Fortsetzung, die aber auf zwei wichtige Hauptcharaktere verzichten -und an den Kinokassen deutliche Einbußen hinnehmen musste. Weitere 6 Jahre sind seitdem vergangen, 6 Jahre, in denen Johnny Depps Reputation schwer zu leiden hatte. „Pirates of the Caribbean: Salazars Rache“ soll nach dem gescheiterten Sequel zu „Alice im Wunderland“ nun retten, was noch zu retten ist. Überraschende Unterstützung erhält Depp im fünften Anlauf von Orlando Bloom und (so zeigt es ein japanischer Trailer) auch Keira Knightley. Seltsamerweise hält sich Disney in dieser Hinsicht bisher überraschend bedeckt und verzichtet größtenteils darauf, die beiden Namen für das Marketing zu nutzen. Vielleicht möchte man diese Infos aber auch für den finalen Push nutzen. Sollte dem so sein, dann sehe ich am Feiertagswochenende durchaus noch einmal $80m(4T)/$200m für die untote Crew.
- Bereits am Donnerstag startet die auf Spielfilmlänge komprimierte Neuauflage der einstigen Kultserie „Baywatch“. Beschränkte sich der Inhalt in den 90ern noch ausschließlich darauf, gutaussehende, junge Menschen in möglichst knappen -und knallroten Badeklamotten abzulichten, gab es für das Remake von Paramount nun das Action-Comedy-Upgrade, das Sony vor einigen Jahren bereits „21 Jump Street“ spendiert hatte. Dessen großer Erfolg dürfte einer der Hauptgründe sein, weshalb „Baywatch“ überhaupt grünes Licht bekam. Retro im neuen Gewand, momentan ein echtes Erfolgsrezept. Dass man sich mit Dwayne Johnson einen dicken Fisch an Land ziehen konnte, wird sich für den Verleih als Glücksfall herausstellen und auch Zac Efron ist kein Unbekannter in Sachen erfolgreicher Sommerkomödien. Die Trailerklicks sind stark, die Aktivität bei Facebook und Twitter schon erstaunlich rege. Da es an diesem Wochenende kaum zu Zielgruppenüberschneidungen kommen wird, ist durchaus Raum für zwei dicke Hits. $65m(5T)/$160m scheint hoch gegriffen, würde mich aber nicht wirklich überraschen und den leidgeplagten Verleih Paramount äußerst glücklich machen.
Ein, zugegeben, kurzes Vergnügen, das es aber sehr wohl in sich hat. Es geht wieder rund an den Kinokassen, die Klimaanlagen werden gewartet, der Sommer kann kommen. Der Mai bietet einige echte Hits, da gibt es nichts zu meckern, auch wenn es wohl keinen großen Ausreißer nach oben geben wird. Solange die Filme aber meine Erwartungen erfüllen, können wir unseren Blick zufrieden in Richtung Juni lenken, der, wenig überraschend, wieder einiges zu bieten weiß.