Coming of age-Filme sind nicht nur etwas für Jugendliche, die sich selbst in dieser Phase des Heranwachsens befinden, sondern sprechen auch ältere Kinogänger an, die entweder mit denselben Problemen konfrontiert waren oder sich hin und wieder gerne an ihre Jugend erinnern wollen (nach dem Motto, dass unmittelbar nach dem Ende eines Ereignisses die Verklärung einsetzt). Meine liebsten Filme aus diesem Genre sind Die Outsider, den ich allerdings seit den Achtzigern nicht mehr gesehen habe, und Vielleicht lieber morgen. Beide beruhen auf sehr erfolgreichen und gut geschriebenen Büchern.
Einer der beliebtesten und erfolgreichsten Autoren auf diesem Gebiet ist seit einigen Jahren John Green. Von ihm stammt auch die Vorlage zu Das Schicksal ist ein mieser Verräter, der bei mir noch auf der Festplatte schlummert und auf seine Sichtung wartet. Ich muss gestehen, dass die Schwere des Themas mich immer ein bisschen abgeschreckt hat, aber ich bin zuversichtlich, dass ich ihn in absehbarer Zeit anschauen werde. Dafür habe ich vor ungefähr zwei Jahren seinen Roman Margos Spuren gelesen, den ein Verleiher uns einmal bei einer Tradeshow geschenkt hat. Es ist ein gutes, lesenswertes Buch, und am vergangenen Wochenende habe ich mit einigen Freunden den Film dazu gesehen.
Margos Spuren
Seit sie Kinder waren, ist Quentin (Nat Wolff) hoffnungslos ist die Nachbarstochter Margo (Cara Delevingne) verliebt. Verbrachten sie als Kinder noch relativ viel Zeit miteinander, haben sie auf der High School kaum noch Kontakt. Margo zählt zu den beliebtesten Mädchen der Schule, ist wild und geheimnisvoll, während Q zu den Nerds gehört, die keine Freundin, nicht einmal ein Date zum Abschlussball haben. Eines Nachts bittet Margo Q jedoch, sie auf einen Rachefeldzug an ihrem betrügerischen Freund zu begleiten – und am nächsten Morgen ist sie spurlos verschwunden. Zusammen mit seinen Freunden macht Q sich auf die Suche nach ihr, denn Margo hat ihm ein paar kryptische Hinweise hinterlassen.
Coming of age-Filme haben häufig einen eher bodenständigen Charakter als Hauptfigur, der sich dann entweder in ein wildes Mädchen verliebt, das sein Leben auf den Kopf stellt, oder einen unkonventionellen Freund kennenlernt, der es ihm ermöglicht, alles aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Auch Q ist ein ganz normaler, recht braver Schüler, der in keine Probleme verwickelt ist und bescheidene Wünsche an sein Leben hat: Er will zum College gehen, einen guten Beruf erlernen, sich verlieben, heiraten und eine Familie gründen. Dass Margo nicht diese zukünftige Gattin sein wird, ist ihm klar, sie ist die unerreichbare Frau seiner Träume.
Aber Margo ist nicht die Frau, die er in ihr sieht, sie ist für Q und für alle anderen nur eine Projektionsfläche, ein Fixpunkt der eigenen Sehnsüchte. Das lernt er aber erst am Ende seiner langen Suche nach ihr, die ihn weit aus dem heimatlichen Orlando und seiner Komfortzone hinausführt. Es wird zwar nie erwähnt, aber Orlando mit seinen vielen Freizeitparks steht ja auch für eine etwas unwirkliche und künstliche Welt, und genau so sieht Margo ihr Zuhause – als eine Stadt aus Papier, in der nichts echt ist, in der es kein wirkliches Leben gibt.
Paper Towns ist der – bessere – Originaltitel, der sich auf eine Besonderheit in der Kartografie bezieht. Früher, als es noch keine Navis gab und man auf Karten angewiesen war, wurden erfundene Städte hinzugefügt, um Raubkopien leichter entlarven zu können. Für Margo steht die papierene Stadt jedoch vielmehr für ein flaches, unspektakuläres Leben ohne Geheimnisse oder größere Ziele. Sie jedoch will mehr, sie hungert nach einem Leben, das Bedeutung und Größe haben soll, und spricht damit vielen Jugendlichen auf der Suche nach der eigenen Identität aus der Seele.
Man lernt Margo am Anfang kennen, wenn sie Q in ein Abenteuer verstrickt, das für ihn wie der Beginn einer neuen Beziehung zu seiner alten Freundin ist, für sie aber ein Abschied von ihrem Zuhause. Danach verschwindet sie leider und hinterlässt auch beim Zuschauer eine gewisse Leere. Nach dieser aufregenden nächtlichen Tour dauert es eine ganze Weile, bis Q die Spuren, die Margo hinterlassen hat, zu deuten weiß und sich auf ihre Fährte begibt. Wenn das eigentliche Abenteuer also beginnt, ist der Film beinahe schon zu Ende, und das ist schade, unterscheidet sich allerdings nicht vom Buch. Während man im Roman aber der Hauptfigur näher kommt, bleibt der Q des Films weitgehend blass, und das ist das größte Problem.
Margos Spuren ist kein schlechter Film, als coming of age-Story funktioniert er gut, er ist bisweilen poetisch und anrührend, lustig und unterhaltsam, aber leider auch ein wenig handlungsarm. Der Roman ist besser.
Note: 3