Codename U.N.C.L.E.

Hollywood ist eine gigantische Recyclingfabrik, die nicht nur alten Filmideen wiederbelebt, sondern sich auch bei Klassikern des Fernsehens bedient. So wird Baywatch kurz vor seinem dreißigsten Geburtstag erneut aus der Taufe gehoben, und die Drei Engel für Charlie hatten schon vor so vielen Jahren ein paar neue Einsätze, dass sie vielleicht schon bald ihre Wiedergeburt erleben dürften. Nicht ganz so erfolgreich waren hingegen Neuauflagen von Ein Duke kommt selten allein, Miami Vice, Dark Shadows, Tennisschläger und Kanonen oder A-Team.

In den Sechzigern, einer Hochzeit des Kalten Krieges, die auch die Geburt von James Bond gesehen hat, waren Agentengeschichten ungeheuer beliebt. Seit einiger Zeit erfahren auch diese eine kleine Renaissance. Es gab Filme und Serien nach Romanen von John le Carré wie The Night Manager, Verräter wie wir oder Dame, König, As, Spion, und Einzelstücke wie Bridge of Spies oder The Americans, um einmal ein paar bekanntere Titel zu nennen. Hinzu kommen noch die Agenten-Komödien, von denen es in letzter Zeit auch ein paar gegeben hat – Spy: Susan Cooper Undercover, Central Intelligence oder Der Spion und sein Bruder.

Aus diesem Grund verwundert es nicht, dass Guy Ritchie eine Kultserie der Sechziger neu fürs Kino verfilmt und mit ein paar humoristischen Elementen versehen hat:

Codename U.N.C.L.E.

Napoleon Solo (Henry Cavill) ist ein ehemaliger Meisterdieb, der gezwungen ist, für den amerikanischen Geheimdienst zu arbeiten, um eine Haftstrafe zu vermeiden. Seine jüngste Mission führt ihn nach Ostberlin, wo er die Nichte eines deutschen Raketenwissenschaftlers (Sylvester Groth), der spurlos und mit brisantem Material zur Kernwaffentechnik verschwunden ist, aufsucht: Gaby (Alicia Vikander) soll Napoleon helfen, ihren Onkel in Rom ausfindig zu machen, doch der russische Agent Kuryakin (Armie Hammer) funkt ihnen dazwischen. Da Ost und West diesmal gemeinsame Interessen haben und den Verkauf der Technik und einer Atomwaffe an eine Gruppe untergetauchter Nazis verhindern wollen, müssen die Agenten zusammenarbeiten …

Der Anfang macht richtig Spaß. Henry Cavill als gelackter Bond-Verschnitt macht eine herrlich arrogante und selbstverliebte Figur, und Alicia Vikander ist als bodenständige, handfeste Automechanikerin der ideale weibliche Gegenpart. Ihre Flucht aus Ostberlin ist temporeich und witzig in Szene gesetzt. Auch Armie Hammer, der ja immer ein bisschen zu blass und nichtssagend ist, um sich an ihn zu erinnern, gibt einen guten Verfolger ab, den nichts so schnell zu erschüttern vermag.

Dass aus den dreien ein Team werden soll, ist also eine gute Voraussetzung für eine spritzige Komödie der Gegensätze, denn beide Seiten sind jeweils von der Überlegenheit ihrer Spionagedienste überzeugt. Überraschenderweise wird dann nicht viel aus dieser Vorlage gemacht. Es gibt ein, zwei nette Szenen, etwa wenn die beiden Agenten sich ihre heimlich untergeschobenen Wanzen zurückgeben oder wenn sie mit ihren neuesten „Spielzeugen“ auftrumpfen oder geheime Kampfkünste demonstrieren, aber insgesamt bleibt der Film weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.

Die Schauspieler sind zwar gut aufgelegt, finden aber nie zu ihrer perfekten Form, sondern agieren weitgehend zurückhaltend, stellenweise schon beinahe lustlos. Weder ihre Rivalität noch ihre spätere Kameraderie kommt richtig zum Tragen, sogar die aufkeimende Romanze zwischen Gaby und Kuryakin ereignet sich eher nebenbei und unaufgeregt.

Schuld ist das uninspirierte und arg vorhersehbare Drehbuch, das recht einfallslos eine geheime Nazi-Organisation als Gegenspieler etabliert, die dann nicht einmal direkt in Erscheinung tritt. Das Ganze wirkt wie eine Story, die man schon zu oft gesehen hat, um ihr noch etwas abgewinnen zu können, ist dafür aber sehr liebevoll ausgestattet. Überhaupt muss man den Ausstattern und Kostümbildern ein dickes Lob für ihre Arbeit aussprechen.

Guy Ritchie lässt sich zwar ebenfalls bei seiner Inszenierung von der Serie und dem Stil jener Zeit inspirieren, bleibt aber insgesamt hinter seiner üblichen Verve zurück. Ein bisschen kommt einem der Film wie eine Aufwärmübung vor, wie der Auftakt zu einer neuen Filmreihe, auf die auch die letzte Szene hindeutet, aus der dann aber nichts geworden ist.

Note: 3-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.