Machen wir uns nichts vor! Der April wird mit dem rekordträchtigen März nicht Schritt halten können. Dies zu erwarten wäre schlicht vermessen. Wie bereits in den zwei zurückliegenden Jahren, ist auch 2017 wieder eine „One-Movie-Show“ zu erwarten. Die spannendsten Fragen werden sein, wie nahe der abgeschlagene Zweite an die Blockbustermarke heranreichen kann und welcher der vielen Anwärter das faule Osterei für den größten Flop einheimsen kann.
Wochenende 14 vom 7. April. 2017 – 9. April. 2017
- Als „Die Schlümpfe“ im Sommer 2011 zu einem weltweiten Überraschungserfolg wurde, war die Welt für Sony noch in Ordnung. 6 Jahre, einige Skandälchen und zu viele Flops später, ist der nun komplett animierte dritte Teil „Die Schlümpfe: Das verlorene Dorf“ einer der wenigen Strohhalme, an die sich der Verleih 2017 klammern kann. Ich bin mir sicher, dass man am vorherigen Wochenende mit Spannung auf die Einspielergebnisse der direkten Konkurrenz „Boss Baby“ geschielt hat, doch bereits mit den Freitagszahlen dürfte klar gewesen sein, dass eine weitere Niederlage lauert. Der Termin war ein Wagnis mit Blick auf die Ferien und das kommende Osterfest, allerdings scheint das Publikum für sich bereits bessere Optionen ausgemacht zu haben. Aufgrund der Ferien und einer sehr vorteilhaften Konkurrenzsituation bis in den Juni besteht zumindest die Chance, über die Laufzeit noch ein wenig punkten zu können. Erste Ergebnisse aus Übersee versprechen in jedem Fall keinen überzeugenden Start. Mit $17m/$65m würde man wohl sogar hinter dem schwachen Vorgänger zurückbleiben, zumindest aber das moderate Budget wieder einspielen.
- Morgan Freeman, Michael Caine und Alan Arkin zusammen in einer Komödie? Das macht doch direkt neugierig. Ein ähnliches Ensemble durfte Ende 2013 in „Last Vegas“ bereits auf den Putz hauen. Morgan Freeman hatte wohl so viel Spaß mit seinen Kollegen, dass er ein weiteres Mal die Zusage für ein wenig Spaß unter betagteren Herren gab. In „Abgang mit Stil“ gibt es zwar weniger Party und vielmehr einen kleinen Banküberfall als Aufhänger, die Dynamik ist aber sehr wohl vergleichbar. Was man dem Film zugutehalten muss, ist ganz klar das gehobenere Niveau. In Zeiten von meist fluchenden Opis, scheint ein Film wie dieser eine willkommene Abwechslung zu sein. Dennoch wird man das Gefühl nicht los, dass „Garden State“-Macher Zach Braff hier ein wenig zu brav ans Werk gegangen ist, was bei dieser talentierten Besetzung eigentlich schade ist. Der Film ist ohne Frage an ein älteres Publikum gerichtet, sodass eine längere Laufzeit wahrscheinlich ist. Auch fehlende Konkurrenz dürfte in die Karten der Warner Bros-Produktion spielen, sodass $11m/$45m möglich scheinen.
- Was wäre das Osterfest ohne eine mit dem Holzhammer ausgeführte Atheistenaustreibung aus dem Hause Pure Flix Entertainment? Für Freunde des seriösen Investigativjournalismus wartet hier ein echter Leckerbissen. Der Film basiert, selbstverständlich, auf einer wahren Begebenheit. Als Vorlage für „The Case for Christ“ dient die gleichnamige wissenschaftliche Biografie des ehemals atheistischen Journalisten Lee Strobel, der den neu gefundenen Glauben seiner Ehefrau mit Fakten wiederlegen wollte und dabei selbst den Weg zu Gott gefunden hat. Den Wahrheitsgehalt diese Geschichte kann ich mangels Kenntnis nicht weiter beurteilen. Was ich beurteilen kann, ist der furchtbar manipulative Trailer und die Tatsache, dass ihn kaum jemand anklicken wollte. Normalerweise ist jetzt die richtige Zeit diesen Film zu starten, die Signale deuten aber auf den nächsten Misserfolg für das Studio hin, das wohl noch einige Jahre vom Erfolg von „God’s not Dead“ zehren kann. Mehr als $10m werden wohl kaum auf dem Konto des Studios landen.
- Nicht unerwähnt soll an dieser Stelle der limitierte Start des japanischen Superblockbusters „Your Name“ bleiben, der durchaus das Potential hat, den erfolgreichen Animationsfilmen aus dem Hause Gibli an den US-Kassen Konkurrenz zu machen. Mal sehen, welchen Plan der Verleih hat.
Wochenende 15 vom 14. April. 2017 – 16. April. 2017
- Es gibt wohl kaum ein Franchise, das seinen absoluten Höhepunkt erst mit dem siebten Aufguss erreichen konnte. Die Crew um Dominic Toretto hat genau dies geschafft. Der Abschied des tödlich verunglückten Paul Walker, der unsere Welt viel zu früh verlassen musste, befeuerte die Reihe zu ungeahnten Höhen, auf die alle beteiligten wohl angesichts der Umstände nur zu gerne verzichtet hätten. Aber auch so wäre ein riesiger Erfolg vorprogrammiert gewesen, weswegen es auch keinen wundert, dass es nun auch ohne Walker weitergehen wird. Der nichtssagende deutsche Titel „Fast & Furious 8“ hat leider nicht die Wirkung des Originals, der den großen Verlust und die damit einhergehenden Veränderungen recht gut auszudrücken weiß. Mit dem Buzz des Vorgängers kann die Arbeit von „Straigth outta Compton“-Regisseur F. Gary Gray verständlicherweise nicht mithalten, dafür schrie Teil 7 einfach zu sehr nach endgültigem Abschied, den durchaus einige Zuschauer auch als solchen empfinden- und auf den erneuten Kinogang verzichten könnten. Der Verlust eines Hauptdarstellers war schon einmal der Anfang vom Ende der Reihe, sodass ich von nun an und für die bereits geplanten Sequels mit Rückgängen rechne. Die Serie hat in jedem Fall den Vorteil, als Hauptzielgruppe die immer weiter wachsende hispanische US-Bevölkerung zu haben, die auch diesmal für einen gigantischen Karfreitag sorgen wird. $115m/$240m
- Außerdem startet an diesem Wochenende der Animationsfilm „Spark: A Space Tail“, der vor allem die ganz kleinen Cineasten ansprechen dürfte. Mit der schwachen Grafik, der wenig originellen Geschichte und der Konkurrenz von namhafteren Studios, wird die von Open Road vertriebene Produktion wohl kaum eine Rolle spielen und vermutlich sogar deutlich an der $10m-Marke scheitern.
Wochenende 16 vom 21. April. 2017 – 23. April. 2017
- Was nun folgt, ist eine lange Liste an Filmen, die nirgendwo passen wollten, aber dennoch irgendwie ins Kino gebracht werden mussten. Der vermutlich aussichtsreichste Kandidat ist der Thriller „Unforgettable: Tödliche Liebe“, der inhaltlich deutlich an Filme wie „Obsessed“, „The Boy Next Door“ oder „The Roommate“ erinnert. Für Antagonistin Katherine Heigl dürfte das der Tiefpunkt einer Karriere sein, die doch eigentlich ganz anders geplant war. Wer konnte aber auch ahnen, dass die typische Rom-Com schneller aussterben wird, als die Dinosaurier? Oder war Heigl vielleicht selbst ein Grund? Wir werden es nie erfahren. Während Ex-Kollegin Ellen Pompeo mit „Grey’s Anatomy“ seit Jahren konstant Millionen verdient, sieht die Auftragslage für die ehemalige Fernsehärztin nach einer gerade gescheiterten Serie sehr düster aus. Nun versucht sie sich also in einem Genre, das immer wieder für eine Überraschung gut ist. Zumindest wenn es sich um eine PG-13-Produktion handeln würde. Das R-Rating könnte hier demnach eher zum Hindernis werden. Interessant ist die Wahl der Regisseurin. Denise di Novi, die seit über 30 Jahren erfolgreich Filme produziert, hat sich ausgerechnet diesen Film ausgesucht, um noch tiefer ins Filmgeschäft einzutauchen. Mit $8m/$20m wird der große Erfolg wohl ausbleiben.
- Die absolute Wildcard des Wochenendes ist der Found Footage-Horrorfilm „Phoenix Forgotten“. Der erste breite Start des noch jungen Verleihs „Cinelou Films“ bezieht sich in seinem teeniefreundlichen Gruselstreifen auf UFO-Sichtungen aus dem Jahr 1997 über der US-Stadt Phoenix. Den Rest kann man sich denken: Jetzt bekommen wir zu Gesicht, was uns bisher zu den Vorfällen verschwiegen wurde. Spannend. Der Titel des Filmes deutet es an: Die Produktion kam tatsächlich wie Phönix aus der Asche. Den Teaser gab es beispielsweise erst Anfang März zu sehen, die kurzfristige Betrailerung ist in diesem Genre mittlerweile jedoch ein immer häufiger angewandtes Mittel. Dieses gezielte Marketing, hauptsächlich über Social Media Kanäle, ist wohl einfach kostensparender, vor allem für einen solch jungen Verleih. Mit dem großen Erfolg von „Get Out“ dürften zumindest einige potentielle den Trailer zu Gesicht bekommen haben und auch online wurde dieser erstaunlich häufig konsumiert. Die PG-13 Freigabe lässt mich, gepaart mit den durchaus positiven Vorzeichen, bei ausreichender Kopienzahl auf einen kleinen Achtungserfolg von $7m/$17m setzen.
- Kaum ein Jahr vergeht, indem Disneynature zum Earth Day im April keine seiner Naturdokumentationen veröffentlicht. „Born in China“ ist ein erstes Resultat der 2014 beschlossenen Zusammenarbeit von Disney und der Shanghai Media Group, die sich darauf konzentriert, China in Produktionen aus dem Hause Disney einzubinden und zu thematisieren. Wie könnte man dies besser tun, als mit einer Dokumentation über Chinas Tierwelt in Spielfilmlänge? Mir fällt kein Grund ein, weshalb die überaus konstanten Einspielergebnisse der Vorgänger nicht wiederholen werden sollten. Die Filme eigenen sich perfekt für Schulvorstellungen und in Zeiten, in denen der niesende Panda noch immer millionenfach bei Youtube zu entzücken weiß, ist vielleicht sogar ein minimaler Bonus drin. $5m/$18m
- Alles was ich an diesem Wochenende prognostiziere, ist wirklich mit Vorsicht zu genießen, denn wie breit die Filme wirklich gestartet werden, lässt sich zu diesem Zeitpunkt an solch einem überfüllten Wochenende leider kaum abschätzen. Nach aktuellem Stand wird „Free Fire“ erst der zweite Release des Arthouse-Verleihs A24, der nicht den Weg eines limitierten Startes gehen muss. Bereits im September des vergangenen Jahres wurde der Film bei diversen Festivals voraufgeführt und stieß dort auf durchaus positive Resonanz. Trotzdem wurde der Trailer bisher kaum geklickt und auch das Einspiel im Heimatland Großbritannien stimmt in Sachen Erfolgsaussichten für die wirklich interessante Geschichte nicht allzu optimistisch. Obwohl der Film mit einer namhaften Besetzung und gar Oscargewinnerin Brie Larson in einer Rolle aufwarten kann, muss Regisseur Ben Wheatley wohl weiter auf seinen großen Durchbruch in Hollywood warten. Mehr als $4m/$10m sehe ich momentan leider nicht.
- Den Abschluss an diesem Wochenende macht Terry Georges „The Promise“, ein historische Liebesdrama vor dem Hintergrund des Völkermordes an den Armeniern. Wie auch schon bei „Hotel Ruanda“, wagt sich der Regisseur erneut an ein schwieriges, aber gleichzeitig immens wichtiges Thema, das auch 100 Jahre später noch die Gemüter erhitzt und in seiner Grausamkeit schockiert. Die Leugner des Völkermordes wird der Film keinesfalls überzeugen, vielmehr haben diese bei IMDB eine Schmutzkampagne gegen den Film gestartet und werden diese wohl auch weiter führen. Wen man im vergangenen September bei Festivalaufführungen hätte überzeugen können, wären die Kritiker gewesen, doch auch diese fanden an der Liebesgeschichte keinen großen Gefallen. Filme wie diese sind aber in der Regel auf wohlwollende Rezensionen angewiesen, sodass der Film trotz seiner wichtigen Thematik und guter Besetzung mit $3m/$8m kaum über die Wahrnehmungsgrenze reichen wird.
Wochenende 17 vom 28. April. 2017 – 30. April. 2017
- Eine Woche vor dem Start der heiß erwarteten Summer Season werden erfahrungsgemäß keine Bäume ausgerissen und so erwartet uns ein weiteres Wochenende, das nur wenig Spannung aufkommen lässt. Dabei sollten die Namen Tom Hanks und Emma Watson doch durchaus aufhorchen lassen. Watson, die mit „Die Schöne und das Biest“ gerade den größten Erfolg ihrer Karriere feiert, scheint auf einem guten Weg, Hermine Granger endlich hinter sich zu lassen und im Geschäft Abseits der Potter-Reihe Fuß zu fassen. Anders sieht es bei Tom Hanks aus, dessen Karriere zuletzt eher ein stetiges Auf und Ab war. Ob die Zusage für die von STX Entertainment verwirklichte Bestsellerverfilmung „The Circle“ eine gute Idee war, muss sich nun herausstellen. Der Verleih scheint zumindest keine Anstalten zu machen, dem gefühlt siebenundvierzigsten dystopischen Thriller eine brauchbare Werbekampagne zu spendieren. Die Trailerklicks sind immerhin solide, sodass mit der eingesetzten Starpower zumindest $12m/$30m möglich sein sollten.
- Sind das nun die Früchte, die aus der letztjährigen Whitewashing-Diskussion resultieren? Erst der unglaubliche Erfolg des Horror-Thrillers „Get Out“ und nun vom gleichen Produzenten ein afroamerikanischer Genrefilm? Hoffen wir, dass dem so ist. „Sleight“ liefert in der Tat ein ungewohntes Bild in Hollywood. Ein Sci-Fi-Drama, das fast ausschließlich mit Afro-Amerikanern besetzt ist? Das dürfte es, zumindest in einer Kinoauswertung, noch nie gegeben haben. Doch gerade das macht das Projekt so interessant, denn es bietet Raum für eine Geschichte, die so noch nicht erzählt wurde und ist das nicht genau das, wonach wir gieren? Dieser Mix aus Milieustudie und Superheldenfilm, wurde bereits 2016 beim Sundance Filmfestival erstmalig aufgeführt und erhielt erfreulich positive Kritiken. Die Aktivität in den Sozialen Medien ist zwar noch nicht durch die Decke gegangen, die Trailerklicks machen aber Mut, dass hier auf der Erfolgswelle von „Get Out“ ein Ergebnis von $8m/$25m erreicht werden könnte.
- „How to be a Latin Lover“ dürfte kaum jemandem ein Begriff sein, dennoch steckt mehr hinter dem Film, als man auf den ersten Blick annehmen würde. Selma Hayek, Rob Lowe, Kristen Bell, alles Namen, die einem ein Begriff sind, aber der eigentliche Star des Filmes ist ein echter Superstar: Eugenio Derbez. Das mexikanische Multitalent wurde 2014 vom Branchenblatt Variety zum einflussreichsten hispanischen Mann der Welt gekürt. Nicht schlecht, oder? Noch heute ist sein Superhit „Plötzlich Vater“ der erfolgreichste spanischsprachige Film aller Zeiten. Und genau deshalb sollte man diese Komödie nicht unterschätzen. Bei mehr als 30 Millionen (Tendenz steigend) mexikanischstämmigen Menschen, die heute in den USA leben, wartet natürlich auch ein stattlicher potentieller Kundenstamm. Vielleicht sollte man sich das mit der Mauer doch noch einmal überlegen, Herr Trump? Auch Mexikaner bringen Geld ins Land. Ich glaube allerdings, dass es keine gute Idee war, den Film in Englisch zu drehen. Davon erhoffte man sich wohl ein breiteres Publikum, ich fürchte aber, dass eher das Gegenteil der Fall sein könnte. Englischsprachige Amerikaner wird der Film sowieso kaum interessieren und spanischsprachige Amerikaner könnten sich zu Recht fragen, weshalb ihr Star nun nicht mehr ihre Sprache sprechen darf. Ich gehe dennoch davon aus, dass mit $7m/$25m ein Achtungserfolg wartet.
Damit hätten wir sie dann alle beisammen. Zugegeben, es gibt Monate, die mehr Spaß bringen, auch für mich als Autoren, aber man muss mit dem arbeiten, was die Verleiher liefern. Ich finde es dennoch schade, dass der April so offensichtlich als Abstellgleis missbraucht wird und gerade dank Ferien und Ostern Chancen ungenutzt bleiben. Stattdessen besinnt man sich auf Filme, die dank selbsterfüllender Prophezeiungen sowieso kaum eine Chance auf Erfolg haben.
Trotz aller Kritik verspreche ich euch immerhin einen $200m-Blockbuster, das ist doch auch etwas wert und macht nur noch mehr Lust, auf die nun kommenden 4 wirklich heißen Monate.