Als wir in den USA weilten und dort – ziemlich häufig sogar – ins Kino gingen, haben wir die Trailer zweier Filme immer und immer wieder gesehen: Split und Passengers. Obwohl beide durchaus effektiv bzw. visuell ansprechend sind, kommt irgendwann einfach der Zeitpunkt, an dem man sie nicht mehr sehen mag und sogar die Augen schließt, sobald die ersten Bilder über die Leinwand flimmern.
Ein guter Trailer sollte neugierig machen, einen Hinweis darauf liefern, was man von dem Film erwarten darf, aber nicht zu viel über die Handlung verraten. Man sollte Lust auf den Film bekommen, doch sieht man ihn zu oft, setzt beinahe die gegenteilige Wirkung ein …
Nun ja, ganz so schlimm war es nicht. Passengers habe ich kurz nach dem Start gesehen, und Split sogar in einer Preview.
Split
Casey (Anya Taylor-Joy) wird eines Tages zusammen mit zwei Freundinnen entführt. Sehr schnell ist ihnen klar, dass ihr Kidnapper (James McAvoy) unter einer Persönlichkeitsspaltung leidet. Ganze 23 unterschiedliche Personen leben in ihm, und zwei davon haben sich gegen die anderen verbündet, um die Mädchen zu entführen und einer geheimnisvollen 24. Persönlichkeit zu opfern – dem Biest. Die einzige, die misstrauisch wird, ist seine Therapeutin Dr. Fletcher (Betty Buckley).
Dissoziative Persönlichkeitsstörungen wurden als Theorie in den Neunzigern populär und führten zu einer wahren Flut an Geschichten mit gespaltenen Killern, von denen Identity und Fight Club wohl die bekanntesten sind. Natürlich hat es auch früher schon Geschichten gegeben, in denen zwei Persönlichkeiten in einer Person im Wettstreit miteinander liegen – man denke nur an Stevensons Dr. Jekyll und Mr. Hyde.
Night Shyamalan, der Ende der Neunziger mit Sixth Sense seine erfolgreiche Schauer-Karriere begründete, ist also rund zwanzig Jahre zu spät dran. Inzwischen gilt die Theorie sogar als überholt, was Shyamalan klugerweise in seinem Drehbuch aufgegriffen hat. Leider geht er dann noch einen Schritt weiter und behauptet, dass solche Patienten ihre Körperchemie und sogar ihre Physiognomie ändern könnten, was im Finale zwar dramatisch wirkt, aber auch die Frage aufkommen lässt, warum dem Entführer keine Brüste wachsen, wenn seine weiblichen Persönlichkeiten dominant werden …
Der Film hat also nichts Neues zu bieten, komponiert aber recht geschickt die diversen Versatzstücke, die man zur Genüge aus anderen Thrillern kennt, zu einer spannenden Collage. Da gibt es die Jungfrau in Not, die am Ende über sich hinauswächst und sich ihrem Peiniger entgegenstellt. Anya Taylor-Joy spielt sie sehr gut als rehäugige Amazone, die schon als Kind zur Jägerin ausgebildet wurde, wie man aus immer wieder eingestreuten Rückblenden erzählt, die gegen Ende hin jedoch eine überraschende Wendung nehmen.
Auch den irren Killer hat man schon häufiger gesehen. James McAvoy agiert gut in dieser für einen Schauspieler sehr reizvollen Rolle, in der er sich immer wieder ausprobieren kann. Doch von den über zwanzig Persönlichkeiten, die er verkörpert, nehmen nur fünf eine wichtige Rolle ein, und gelegentlich wirkt er in seinem Spiel eine Spur zu angestrengt. Casey versucht zwar, die einzelnen Figuren gegeneinander auszuspielen, aber dieses Katz-und-Maus-Spiel kommt leider viel zu kurz.
Größere Schwächen hat der Film nicht, er ist von Zeit zu Zeit recht spannend und eindringlich inszeniert, weist aber auch die eine oder andere Länge auf und einen Showdown, von dem man sich etwas mehr erwartet hätte. Insgesamt ist es aber ein solider, unterhaltsamer Thriller.
Note: 3