Es ist immer dasselbe im ersten Quartal des Jahres, mit den Oscarfilmen starten so viele neue sehenswerte Produktionen innerhalb kurzer Zeit, dass man mit dem Anschauen kaum hinterherkommt. Darüber hinaus gibt es ja ohnehin ein sehr breites Angebot, und in diesem Jahr kommt es mir sogar so vor, als wären darunter mehr interessante Filme als zuvor. In den letzten Tagen war ich daher gleich mehrmals im Kino. Als Kontrastprogramm zu Hidden Figures gab es noch das Wiedersehen mit einem alten Bekannten:
John Wick Kapitel 2
Kaum hat John Wick (Keanu Reeves) mit der Russenmafia Frieden geschlossen, taucht ein alter Bekannter von der italienischen Mafia bei ihm auf: Santino D’Antonio (Riccardo Scamarcio) fordert eine alte Schuld von John ein und verlangt, dass er seine Schwester tötet. Widerwillig lässt sich John darauf ein und erledigt den Auftrag in Rom, nur um festzustellen, dass Santino ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt hat …
Der erste Teil lief vor zwei Jahren und war eine kleine Überraschung im ausgelutschten Genre des Actionfilms, in dem es meistens nur schneller, blutiger, lauter heißt. Die Fortsetzung geht nahtlos weiter und setzt noch einen Epilog des überaus blutigen ersten Teils voran. In diesem wird behauptet, dass John Wick seinen Rachefeldzug nur wegen seines Hundes angezettelt hätte, was zwar lustig klingt und wunderbar zur Mystifizierung eines Killers passt, der „Der Schwarze Mann“ genannt wird und berühmt dafür ist, dass er drei Männer mit einem Bleistift getötet hat, aber nur teilweise wahr ist.
Das Besondere am ersten Teil war, dass John ausgestiegen war und dank seiner Frau Helen (Bridget Moynahan) zum Leben zurückgefunden hatte. Der Hund, ihr letztes Geschenk an ihn, symbolisierte alles, was er mit ihrem Tod verloren hatte, stand aber auch für ein normales Leben ohne Mord, an dem er Gefallen gefunden hat, in letzter Konsequenz sogar für alles, noch menschlich an ihm war. Insofern hatte er ein starkes Motiv, sich zu rächen, was ihn ungeheuer sympathisch machte.
Dieses Motiv fehlt nun im zweiten Teil. Jetzt dreht sich alles um die obskure Bruderschaft des Mordens mit ihren merkwürdigen Regeln und supergeheimen Plätzen. In diese Welt einzutauchen, ist zwar höchst vergnüglich, erinnert aber in ihrer überzeichneten, grotesken Art gleichzeitig stark an die James Bond-Filme. Dazu passt auch wunderbar die taubstumme Killerin Ares (Ruby Rose), die neben einem von Common gespielten Leibwächter die schlagkräftigste Widersacherin des Helden ist.
John Wick weigert sich, eine alte Schuld zu begleichen, und bricht so bewusst die Regeln jenes exklusiven Killer-Clubs, in dem er wie ein Heiliger verehrt und gleichzeitig gefürchtet wird. Man kann seine Reaktion zwar nachvollziehen, aber gleichzeitig wird noch etwas anderes offenbar, das ein direktes Resultat des ersten Teils zu sein scheint und im Gegensatz zu seinen dortigen Motiven zu stehen scheint: John sucht den Tod, er fordert ihn geradezu heraus, wütend, trotzig und todernst, und darauf deutet auch das Ende hin, das einen weiteren, noch düsteren dritten Teil verspricht. Das alles verschiebt leider die Wahrnehmung der Figur John Wick, der nun nicht mehr für seinen Hund, für das Leben in den Kampf zieht, und das kostet ihn in letzter Konsequenz die Sympathien der Zuschauer.
Der Rest ist erneut ein endloser Kampf ums Überleben, der wieder rasant und überaus blutig umgesetzt wird. Leider fehlt der Fortsetzung weitgehend die bissige Ironie ihres Vorgängers, alles wirkt ernster und damit geradezu bleischwer. Und auch die Kampfszenen sind weniger innovativ, auch wenn diesmal sogar ein Bleistift zum Einsatz kommt.
Insgesamt macht der zweite Teil noch einmal Spaß, wirkt aber wie eine schwächere Version seines Vorgängers, was sehr schade ist.
Note: 3