Box Office FocUS März 2017

_focUSWährend die Rekordjagd nach Besuchern in Deutschland heutzutage kaum mehr Aussicht auf Erfolg hat, hat man es in den USA dank Inflation und Einspielmeldungen deutlich leichter. Immer neue Rekorde werden erreicht und später auch als solche beworben. Im äußerst stark besetzten März 2017 könnten gleich zwei dieser Rekorde purzeln und wie so oft in letzter Zeit, wird die Marke Walt Disney wieder großen Anteil daran haben. Von welchen Rekorden ich spreche? Lest selbst!

 

Wochenende 9 vom 3. März. 2017 – 5. März. 2017 

  • Superhelden boomen und das nicht erst seit gestern. Doch während sich Marvel und DC mit ganze Universen weiterentwickeln konnten, wirkt die Rechtesituation für die X-Men wie ein Bremsklotz. Zwar konnte Bryan Singer mit „Zukunft ist Vergangenheit“ dank guter Qualität noch einmal ein Ausrufezeichen setzen, geriet aber mit dem letztjährigen „Apocalypse“ schnell wieder unter die Räder. Nachdem man im vergangenen Jahr mit dem erfreulich frischen „Deadpool“ große Erfolge feierte, hat auch James Mangold erkannt, dass es so nicht weitergehen kann. Mangold übernahm bereits beim zweiten Wolverine-Solo, „Wege des Kriegers“, den Regieposten. Insgesamt wirkte der Film aber recht uninspiriert und der große Erfolg blieb (in den USA) folgerichtig weitestgehend aus. Für „Logan – The Wolverine“ stehen die Sterne deutlich besser. Mangold distanziert sich, ähnlich wie seinerzeit Chris Nolan, nicht nur bei der Titelfindung von Altbekanntem. Die Trailer wirken weniger wie die eines Superheldenfilmes, sondern vielmehr wie eine Mischung aus einer Folge „The Walking Dead“ und dem Endzeitfilm „The Road“. Aber nicht nur die Trailer kamen an, Wolverines letztes Abenteuer wurde auch von den Kritikern äußerst wohlwollend aufgenommen. Ich glaube Fox hat hier alles richtig gemacht und eröffnet den rekordverdächtigen März mit $80m/$230m.
  • Mehr als 22 Millionen weltweite Leser können nicht irren: „Die Hütte“ scheint eine faszinierende Geschichte zu sein. Als Autor William Paul Young seiner Familie das Manuskript zum Weihnachtsfest 2005 unter den Christbaum legte, ahnte noch keiner, dass dieses Geschenk zu einem solchen Welterfolg werden würde. Die Familie, überzeugt vom Material, drängte den Vater zu einer Veröffentlichung und hier stehen wir, 12 Jahre später, vor der Premiere der Verfilmung. Glaubensbasierte Filme kommen in Hollywood meist mit der zuckersüßen Holzhammermethode daher. Die Trailer zu „Die Hütte“ sind da ein wenig frischer und könnten durchaus auch ein breiteres Publikum ansprechen. Nicht zuletzt dank der außergewöhnlich starken Besetzung (welcher christliche Film kann schon mit einer Oscarpreisträgerin aufwarten?), kann man erahnen, dass Buch und Drehbuch etwas hergaben, denn ansonsten hätte Octavia Spencer diese Rolle sicherlich nicht angenommen. Vor allem im Social Media-Bereich scheint der Trailer hervorragend zu funktionieren und auch die Tatsache, dass in einem von Weißen dominierten Genre eine preisgekrönte Afro-Amerikanerin eine göttliche Hauptrolle übernimmt, wird dem Erfolg des Filmes nur zuträglich sein. $17m/$65m würden mich, auch ohne die Hilfe des Osterfestes, nicht überraschen.
  • Kaum ein Monat vergeht ohne Jugendbuchverfilmung. Zwar scheint so langsam alles vernünftige Material abgegrast, doch die Verleiher setzen noch immer ihre Hoffnungen in einen Glückstreffer. Ein solcher soll nun also auch die Adaption des 2010 erschienenen Romans „Before I Fall“ werden. Im diesem Drama steht die Protagonistin vor der schweren Aufgabe, den Tag ihres Todes in einer Zeitschleife immer wieder zu durchleben. Die Open Road Pictures-Produktion feierte bereits im Januar beim Sundance Film Festival seine Uraufführung, konnte aber nicht alle Kritiker vollends überzeugen. Mit Zoey Deutsch hat der Film zumindest ein aufstrebendes Talent im Angebot, ich fürchte allerdings, dass dies dem Film nicht weiterhelfen wird. Zwar sind die Trailerklicks nicht vollkommen hoffnungslos, die Aktivität in den sozialen Medien ist dagegen kaum messbar. Das Szenario erinnert sehr an den gerade erst an den Kinokassen durchgefallenen „Den Sternen so nah“, deswegen erwarte ich auch hier nur $4m/$10m.

Wochenende 10 vom 10. März. 2017 – 12. März. 2017 

  • Für Peter Jackson standen nach seinem gigantischen Erfolg mit der „Herr der Ringe“-Trilogie alle Türen Hollywoods offen. Zusammen mit Universal entschied er sich dazu, King Kong neues Leben einzuhauchen. Der Film blieb leider insgesamt hinter den Erwartungen des Studios zurück, sodass es 12 Jahre dauerte, bis man sich wieder auf die Insel des grimmigen Primaten zurückwagte. „Kong: Skull Island“ ist der Versuch, nach der erfolgreichen Neuauflage Godzillas, ein Monster-Franchise zu etablieren. Auch deswegen hat der Affe deutlich an Größe zugelegt, schließlich muss er sich ja irgendwann, so zumindest der Plan, mit 100m Godzilla auseinandersetzen. Ich bezweifle, dass der Plan wie gewünscht aufgeht. Die Optionen im März sind einfach zu vielfältig, die Konkurrenz groß, sodass die $190m-Produktion unterzugehen droht. Auch wenn die Trailer sehr ansprechend sind, sie erreichten nicht das gleiche Spannungslevel, das „Godzilla“ 2014 zum Erfolg verholfen hat. Mit Jordan Vogt-Roberts (The Kings of Summer) ist ein sehr talentierter Nachwuchsregisseur am Werk und immerhin hat man ihm auch einen starken Cast zur Verfügung gestellt. Der Verleih hat für die kommenden Tage viele Previews ansetzt, das lässt zumindest auf Vertrauen in die Qualität des Filmes hoffen, sodass nach einem überschaubaren Start noch eine vernünftige Laufzeit wartet. $40m/$120m

Wochenende 11 vom 17. März. 2017 – 19. März. 2017 

  • Wenn wir ehrlich sind, dann waren die ersten 2 Wochen nur ein leises Vorspiel zum großen Höhepunkt des Monats oder vielmehr zu einem der Höhepunkte des Jahres. Disney hält auch 2017 an seinem Frühjahrs-Termin für die überaus erfolgreichen Neuverfilmungen seiner Zeichentrick-Klassiker fest. Schon „The Jungle Book“ überraschte im vergangenen Jahr mit unglaublichen Zahlen, „Die Schöne und das Biest“ wird diese jedoch noch einmal deutlich in den Schatten stellen. Selten hat ein Film einen größeren Hype entfacht, als das von Ex-Hermine Emma Watson getragene Märchen, das im Jahr 1991 mit der ersten Oscarnominierung für einen Zeichentrickfilm in der Kategorie „Bester Film“ belohnt wurde. In meinen Augen vollkommen zu Recht. Die Trailer brachen sämtliche bestehende Klick-Rekorde, die Aktivität in den sozialen Medien ist außergewöhnlich hoch und wenn die Qualität, wie die ersten Reaktionen nach der Weltpremiere vermuten lassen auch noch stimmt, dann ist der Startrekord im März fällig. Bei Vorverkaufszahlen, die sich auf dem Niveau der bisher erfolgreichsten Comicverfilmungen bewegen, muss man einfach mit etwas Außergewöhnlichem rechnen. Sind $185m/$575m außergewöhnlich genug?
  • Gegen einen solch übermächtigen Gegner, sollte man von „The Belko Experiment“ keine Wunder erwarten. Der Horror-Thriller aus der Feder von „Guardians of the Galaxy“-Regisseur James Gunn, ist den Trailern nach zu urteilen eine Großraumbüro-Variante von „Saw“. Ganz nach dem Motto „Wer hat noch nicht, wer will nochmal“, gibt es unter der Aufsicht von Big Brother ein riesengroßes Gemetzel, bei dem wohl nur diejenigen überleben sollen, die buchstäblich über Leichen gehen. Die Horror-Erfolge der letzten Wochen waren natürlich eine gute Möglichkeit, den Trailer gewinnbringend zu vermarkten. Dennoch stehen die Zeichen mit Blick auf die Online-Aktivität nicht auf Erfolg. Als Gegenprogramm zum frauenlastigeren „Die Schöne und das Biest“ war der Termin von Verleih Blumhouse sicher gut gemeint, manchmal ist die Konkurrenz aber einfach zu groß, weswegen ich nur $7m/$17m in der Endabrechnung sehe.

Wochenende 12 vom 24. März. 2017 – 26. März. 2017 

  • Auch wenn die Serie Kult ist, die ersten Kinoverfilmungen sind an den Kassenhäuschen mehr oder weniger gescheitert. Dennoch wagt sich Lionsgate mit „Power Rangers“ noch einmal an eine Neuadaption des Materials. Angelegt als Reboot bzw. Origin-Geschichte, stehen den Machern somit alle Türen offen und glücklicherweise versuchen es die Produzenten diesmal auch gleich mit einem vernünftigen Budget und vernünftigen Schauspielern. Während Serie und frühere Filme eher billig und trashig daherkamen, sieht die Neuauflage nach einer Menge Action mit Humor und Spannung aus. Ein wenig erinnert es an Michael Bays erfolgreiche Neuinterpretation der Turtles im Jahr 2014. Ebenfalls eine Reihe, die lange unter dem Radar flog, mit dem Kinofilm dann aber dank der noch immer anhaltenden Retro-Welle zu einem großen Erfolg wurde. Dass die Power Rangers nie wirklich weg waren, beweisen die noch immer hohen Erträge aus Verkäufen von Actionfiguren und anderem Merchandising. Über 5 Mrd Dollar wurden so mit der Marke bis heute bereits umgesetzt. Die äußerst starken Trailerviews haben mich letztendlich von einem Erfolg des Filmes überzeugt. Die Zielgruppe ist einen Monat nach dem etwas enttäuschenden „Lego Batman“, sicher hungrig nach neuem Material. $60m/175m könnten am Ende der Lohn sein.
  • Man würde es Sony wirklich wünschen, dass sie endlich den Weg aus dem Tal finden, in dem sie seit einigen Jahren gefangen scheinen. Das Sci-Fi Drama „Life“ hätte durchaus der Film sein können, der für den Verleih das Ruder rumreißt, doch das Timing mag so gar nicht stimmen. Nach einiger Verschieberei landete der Film ausgerechnet in diesem starken März zu diesem ungünstigen Termin, in einer Zeit, in der das Genre absolut überpräsent scheint. Dabei sind die Trailer absolut überzeugend, die Besetzung stark und die Thematik durchaus interessant. Man muss sein Material aber auch zu verkaufen wissen. So landete der erste Trailer völlig überraschend auf dem Markt, irgendwo zwischen „Logan“ und „Guardians of the Galaxy“ und blieb dabei weitestgehend unbemerkt. Schon bei „Passengers“ hatte man das Marketing absolut verschlafen und auch im Falle von „Life“ kommt bisher leider kaum eine Regung. Was wie ein Tentpole aussieht, wird behandelt wie ein Film dritter Klasse. Ein weiterer Beweis ist das Poster, bei dem der Designer nicht einmal die Namen den jeweiligen Gesichtern zuordnen konnte. So kann man das Publikum schwer überzeugen. Schon gar nicht in dieser Konkurrenzsituation. Vielleicht geht ja auch hier etwas über entsprechende Qualität und die Laufzeit, aber für den Start bin ich wenig optimistisch und befürchte nur $18m/$55m.
  • Auch Comedy-Fans kommen an diesem Wochenende endlich mal wieder auf ihre Kosten. Neben den bunten Kampfmaschinen, dürfen sich auch die Cops aus der Kultserie „CHiPs“ erstmals auf der Kinoleinwand austoben. In den späten 70er Jahren brachte es die Serie immerhin auf respektable 6 Staffeln und 139 Episoden. Genug Material, um 40 Jahre später einen modernisierten Film daraus zu basteln. Cop-Comedies sind, so lehrt uns die Vergangenheit, eigentlich stets ein gutes Pflaster, was mögliche Erfolgsaussichten betrifft. Der Siegeszug von 21/22 Jump Street dürfte den Machern hier zum Vorbild gedient haben, allerdings trifft „CHiPs“ nicht ganz den Ton, der die zuvor genannten Filme so erfolgreich gemacht hatte. Nicht alle Gags im Trailer zünden, dazu herrscht aktuell eine gewisse Zuschauermüdigkeit, was Komödien  betrifft. Den ganz großen Erfolg erwarte ich daher also nicht, aber vielleicht werden es an diesem überfrachteten Wochenende ja trotzdem $14m/$45.
  • Abrunden wird das Wochenende der breite Start von „T2 Trainspotting“. Wie breit dieser Start ausfallen wird, steht noch in den Sternen. Die Ergebnisse außerhalb des Heimatlandes sprechen bisher eine eindeutige Sprache, deswegen erwarte ich keine allzu prominente Anzahl an Leinwänden, schon gar nicht bei all der starken Konkurrenz. Manchmal sollte man Filme einfach in Frieden ihren Kultstatus feiern lassen und dem Drang widerstehen, die Geschichte weiterzuspinnen. Die Kritiken sind dementsprechend auch nur solide bis gut ausgefallen und werden dem Film kaum die erhoffte Hilfestellung geben. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass der Film an der $10m-Marke scheitern könnte.

Wochenende 13 vom 31. März. 2017 – 2. April. 2017 

  • Die Zusammenarbeit von Fox und Dreamworks Animation war nicht unbedingt eine fruchtbare. Nur „Die Croods“ (dessen Sequel gerade erst gestrichen wurde) entwickelte sich zu einem großen Erfolg, alle anderen Neuvorstellungen blieben hinter früheren Erfolgen zurück und selbst die Sequels etablierter Filme verloren deutlich an Boden. Mit „The Boss Baby“ wartet nun der vorletzte Film der Kollaboration auf seine Veröffentlichung, bevor Universal ab 2018 die Fäden in die Hand nimmt. A propos Universal: Deren eigenes Animationsstudio Illumination ist ein Meister darin, die Budgets ihrer Filme niedrig zu halten. Etwas, woran man auch bei Dreamworks in Zukunft weiter arbeiten sollte. Urteilt man anhand der Optik von „The Boss Baby“, könnten hier bereits erste Einsparungen erfolgt sein. Dreamworks hat, so mein Eindruck, vor allen Dingen sein erwachsenes Publikum verloren und mit Boss Baby macht man sich auch keine Mühe, dieses wieder zurückzugewinnen. Die Geschichte, die direkt aus dem aktuellen weißen Haus stammen könnte, wirkt recht albern, könnte aber sein Zielpublikum durchaus erfreuen. An den erlösenden Achtungserfolg von „Trolls“ wird der Film wohl nicht heranreichen, da der letzte Animationsfilm aber schon wieder einige Zeit zurückliegt, könnten Familien mit ihren Kindern $30m/$90m in die Kinos tragen.
  • Wenn es nach den Produzenten Hollywoods geht, scheinen Anime-Verfilmungen die neuen Superhelden-Filme zu werden. Unmengen an Projekten stehen bereits in der Entwicklungsphase, Paramount ist da allerdings schon einen Schritt weiter und testet mit „Ghost in the Shell“ als erstes Studio, ob dies tatsächlich ein Trend für die Zukunft sein könnte. Vergangene Anläufe in diese Richtung scheiterten meist kläglich, man erinnere sich nur an den desaströsen „Dragonball Evolution“. Selbstverständlich kam ein Film, der Scarlet Johansson in einer Rolle für eine Asiatin castet, nicht ohne die obligatorische Whitewashing-Diskussion aus. Nach jetzigem Stand wird diese aber keine Auswirkungen auf den Erfolg des Filmes haben. Vielmehr wird auch dieser Film stark mit der Konkurrenzsituation zu kämpfen haben. Klar, die Anime-Fans werden kommen, aber haben es die Trailer geschafft, auch Genre-Neulinge anzulocken? Es ist in jedem Fall schwierig zu beurteilen, denn Filme wie dieser zeigen oft trügerische Online-Aktivität, welche im Zweifel nicht überbewertet werden sollte. Scarlet Johansson kann mit ihrem Namen sicher zum Einspiel beitragen, dennoch rechne ich nicht mit mehr als $27m/$70m.
  • Den März beschließt das wohl vornehmlich an betagtere Frauen gerichtete Weltkriegsdrama „Die Frau des Zoowärtes“. Der Film basiert auf der gleichnamigen Romanvorlage nach einer wahren Begebenheit. Er erzählt vom heldenhaften Einsatz des Ehepaares Żabiński, das während der Invasion Deutschlands in Polen, flüchtenden Juden Unterschlupf gewährte und somit 300 Menschen das Leben rettete. Mit der neuseeländische Regisseurin Niki Caro, die vor 15 Jahren mit „Whale Rider“ erstmals auf sich aufmerksam machte, hat man eine hervorragende Wahl getroffen. Auch mit Jessica Chastain hat man seitens Focus Features eine absolut überzeugende Hauptdarstellerin gefunden. Leider haben es historische Filme nicht immer leicht, ihr Publikum zu erreichen, obwohl sie doch so wichtig sind. Vieles wird auch hier von der letztendlichen Qualität des Filmes abhängen, momentan rechne ich aufgrund der sehr trägen Herangehensweise an das Marketing aber nur mit $6m/$20m.

Na? Habe ich zu viel versprochen? Sollte meine Glaskugel Recht behalten, dann wäre dies wahrlich ein rekordträchtiger März, der wirklich für jeden etwas zu bieten hat. Für manche Zielgruppen gar viel zu viel. Es macht einfach Spaß, einen Monat wie diesen zu prognostizieren, weil es viele gute und spannende Geschichten zu erzählen gibt. Geschichten, die früher meist nur die Blockbuster Season zu erzählen wusste. Möge es im April genauso spannend weitergehen, nach all den bisherigen Erfolgen wäre aber auch ein kurzes Durchatmen kein Beinbruch für die Kinobetreiber.