Ich muss zugeben, dass ich nie ein riesiger Fan von Trainspotting war. Um Missverständnisse auszuräumen: Es ist ein großartiger Film, der seinerzeit das Kino ein Stück weit revolutioniert und neue Erzählweisen etabliert hat, nur war ich weder damals noch bin ich heute wirklich warm mit ihm geworden. Vielleicht liegt es am deprimierenden Drogenmilieu, vielleicht auch daran, dass die Figuren selbst ihre ärgsten Feinde sind, was mich in der Regel automatisch auf Distanz zu ihnen bringt, dass mein Herz nicht übermäßig an Danny Boyles Meisterwerk hängt. Jedenfalls war ich nicht sonderlich scharf darauf, die Fortsetzung zu sehen.
Und wenn ich mir die Zahlen vom Wochenende anschaue, bin ich wohl nicht der einzige. Nichtdestotrotz habe ich mir den Film vergangenen Samstag angesehen.
T2 Trainspotting
Zwanzig Jahre nachdem er seine Kumpel abgezockt und mit dem Geld aus dem gemeinsamen Drogengeschäft abgehauen ist, kehrt Mark (Ewan McGregor) wieder nach Edinburgh zurück. Richtig toll ist es in all den Jahren nicht für ihn gelaufen, seine bürgerliche Existenz mit Job und Ehe ist implodiert, und Herzprobleme lassen ihn über sein Leben und die Jahre, die ihm noch bleiben, nachdenken. Der Empfang zu Hause ist nicht übermäßig herzlich, denn seine Mutter ist verstorben, und nur Spud (Ewen Bremner), der inzwischen clean geworden ist, aber keinen Sinn mehr im Leben sieht, freut sich, ihn zu sehen. Simon (Johnny Lee Miller) hingegen verprügelt ihn erst, bevor er beschließt, ihn in ein dubioses Betrugsgeschäft zu verwickeln und dann zu linken. Und Begbie (Robert Carlyle), der gerade gerade aus dem Knast getürmt ist, sinnt ebenfalls auf Rache …
Trainspotting war vor zwanzig Jahren eine Frischzellenkur für den europäischen Film, wild, radikal und aufregend, ein rotziger, kompromissloser, schmutziger Film, der zum Vorbild vieler Regisseure geworden ist. Wie soll man daran anknüpfen? Kann man ein solches Ereignis toppen oder wenigstens wiederholen? Die Antwort ist ganz klar: Nein. T2 Trainspotting ist eine Fortsetzung, die man eigentlich nicht braucht.
Erschwerend hinzukommt, dass Irvine Welsh Porno, die Romanfortsetzung von Trainspotting bereits 2002 veröffentlich hat, was nun auch schon eine ganze Weile zurückliegt. Danny Boyle und sein Drehbuchautor John Hodge sind klug genug, das Buch nur als Grundlage ihrer Geschichte zu benutzen und sich zu fragen, wie die Figuren in ihren mittleren Jahren zum Leben und ihrer Jugend stehen.
Auf diese Weise entsteht eine interessante Mischung aus Gaunerkomödie und nostalgischer Nabelschau in die Jahre gekommener Junkies, die wissen, dass man irgendwann erwachsen, sprich vernünftig und clean werden oder den Löffel abgeben muss. Es ist vor allem Mark, der über seine Kindheit, seine Freundschaft zu Simon und Spud nachdenkt und mit dem wehmütigen Blick des Heimkehrers all die Veränderungen in seiner Heimat registriert. Auch Schottland hat sich verändert, Edinburgh hat sich zu einer Touristenhochburg gemausert, und viele urbane Brennpunkte sind nun gentrifiziert.
Boyle lässt wieder geschickt eine Menge Gesellschaftskritik in die Handlung einfließen, überrascht mit verblüffenden Montagen und kopiert präzise manche Einstellungen des ersten Films, wodurch sich die Vergangenheit wie ein dünner Schleier über die Gegenwart legt und die nostalgischen Gefühle der Figuren für den Zuschauer sichtbar macht. So ergibt sich eine durch und durch stimmige Atmosphäre wehmütiger Nostalgie.
Nicht ganz so stimmig ist hingegen die Geschichte, die viel zu lange braucht, um an Fahrt aufzunehmen, und als halbherzig erzählte Gaunerkomödie einen unentschlossenen Schlingerkurs fährt, bis sie sich endlich auf ihre zwischenmenschlichen Stärken besinnt und zu einem versöhnlichen Ende findet. So erreicht T2 Trainspotting nie die erzählerische Wucht des alten Films, schafft es aber dank der Figuren, die man immer noch mag, einen einigermaßen gut zu unterhalten. Es hätte auch alles viel schlimmer kommen können.
Note: 3