Box Office FocUS Februar 2017

_focUSSich selbst für Jubiläen zu feiern, ist ja eigentlich albern. Dennoch weise ich gerne darauf hin, dass der kleine Box Office FocUS in diesem Monat seinen ersten Geburtstag feiert. Vieles hat er kommen sehen, vieles hat ihn überrascht, vieles konnte er nicht kommen sehen und nicht selten hat er schlicht versagt. Doch ein Jahr ohne vorzeitige Absetzung bedeutet ja auch, dass er etwas richtig gemacht hat und deswegen knüpfen wir doch einfach mit einem auf den ersten Blick recht unspektakulären Februar 2017 an Vergangenes an und polieren unsere Kristallkugel noch ein wenig akribischer.

Wochenende 5 vom 3. Februar. 2017 – 5. Februar. 2017

  • Der Super Bowl findet traditionell in der ersten Februarwoche statt. Zwar kann das Wochenende selbst noch im Januar starten, doch die häufigere Variante ist die diesjährige, in der das komplette Wochenende zum Februar zählt. Der Sonntag ist dementsprechend also einspieltechnisch mehr wie ein typischer Montag zu betrachten. „Ring“ wurde vor 15 Jahren zu einem der erfolgreichsten Horrorfilme aller Zeiten und löste eine kleine Remake-Welle nach asiatischer Vorlage aus. Das Sequel „Ring 2“ blieb zwar hinter den Ergebnissen des Vorgängers zurück, war aber trotz des immensen Budgets ein Erfolg für Paramount. Pläne für das Ende einer Trilogie gab es lange, ins Rollen kam die Produktion aber erst im Jahr 2014 unter der Leitung des spanischen Horrorspezialisten F. Javier Gutiérrez. Verzichten muss „Rings“, der 13 Jahre nach den Ereignissen des zweiten Teiles spielt, auf die zweifach oscarnominierte Naomi Watts. Dafür kommen Fans der „Big Bang Theory“ auf ihre Kosten, denn Johnny Galecki ist in einer der Hauptrollen zu sehen. Insgesamt erinnert das Konzept natürlich sehr an den zuletzt an den Kinokassen gescheiterten „Blair Witch“. „Rings“ scheint aber, nicht zuletzt dank eines gelungenen Prank-Videos, das mittlerweile über 250 Mio Mal geklickt wurde, mehr Beachtung zu erhalten. Auch das PG-13 Rating dürfte nach dem großen Erfolg von Split nur Vorteile bringen. An die Vorgänger wird der Film nicht anknüpfen können, aber mit $15m/$35m wäre es zumindest kein zweiter „Blair Witch“.
  • „Den Sternen so nah“ hat schon so einige Turbulenzen durchleben müssen. Erst der Verkauf seitens Relativity an STX Entertainment, später unzählige Terminverschiebungen, ein äußerst verwirrender erster Trailer und da wäre dann noch die seltsam anmutende Paarung des sehr jungebliebenen Asa Butterfield und der ihm deutlich über den Kopf gewachsenen Britt Robertson. Eigentlich schade, denn nachdem man im neuen Trailer die „Marsianer“-Anleihen herausgeschnitten hat, verspricht dieser eine durchaus sympathische und sogar außergewöhnliche Teenie-Romanze, die, heutzutage eine Rarität, keine Buchadaption ist. Auch der nun gewählte Termin ist angesichts der zu erwartenden Zielgruppe von jungen Mädchen/Frauen unter 25 als Gegenprogramm zum Super Bowl nicht schlecht gewählt. Zumindest nicht schlechter, als der ursprünglich angedachte Start gegen „Star Wars: Rogue One“ im vergangenen Dezember. Ein Film mit dieser Zielgruppe sollte in Sachen Online-Buzz eigentlich ganz vorne dabei sein, viel passiert in dieser Hinsicht leider bisher nicht, deswegen erwarte ich nur $7m/$20m.

Wochenende 6 vom 10. Februar. 2017 – 12. Februar. 2017

  • Der riesige Erfolg von „The LEGO Movie“ vor genau 3 Jahren war für alle Beteiligten ein Segen. So bekamen Familien zum Jahresbeginn endlich einmal nicht nur B-Ware vorgesetzt. Vor „The Lego Movie“ lag der beste Animationsstart in den ersten 2 Monaten des Jahres bei $25m. Seitdem gab es mit „Kung Fu Panda 3“ und „Spongebob Schwammkopf“ Starts von $41m und $55m. Auch dem Februar im Allgemeinen tat dieser Erfolg sichtlich gut, denn Fox landete dort im vergangenen Jahr mit „Deadpool“ einen der größten Blockbuster des Jahres. Keine Frage, dass Warner Bros an diesem Termin festhält und mit „The LEGO Batman Movie“ den ersten massentauglichen Familienblockbuster des Jahres in die Kinos bringt. Der beliebte Sidekick des ersten Teils darf nun sein eigenes Abenteuer erleben, gleichzeitig verliert die Reihe damit aber auch die Starpower von Comedian Will Ferrell, die sicher Teil des Erfolgsrezeptes des Vorgängers war. Dies macht sich auch in den Trailerklicks bemerkbar, die überraschenderweise überschaubarer ausfallen, als für Teil 1. Da ich aber nach ersten Zuschauerreaktionen („Der beste DC-Film seit Nolans Batman“) wieder von starken Kritiken ausgehe, DC trotz zuletzt schwacher Filme noch immer eine unglaublich starke Marke ist und Konkurrenz bis tief in den März hinein nicht zu befürchten ist, sollte WB mit $65m/$225m den mit Abstand stärksten Start des Monats stellen.
  • Mit „50 Shades of Grey 2 – Gefährliche Liebe“ startet an diesem Wochenende gleich noch ein Film, dessen Erfolg sich mir nicht ganz erschließen möchte. Während mit der Humor in „The LEGO Movie“ so gar nicht zusagte, lässt mich die einstige Twilight-Fanfiction für Einstiegs-SMler komplett ratlos zurück. Wie sich allerdings herausstellte, hätten nicht wenige (vornehmlich weibliche Zuschauerinnen) auch privates Interesse an einem persönlichen Mr. Grey, der gerne mal zu einem aufregenden Nachmittag mit Plüschhandschellen und Wattebäuschen vorbeischauen dürfte. Ähnlich wie beim ersten „Sex & the City“-Film, war „50 Shades of Grey“ ein absolutes Phänomen und in aller Munde. Erstgenannter konnte den Erfolg mit dem Sequel nicht wiederholen. Die Geschichte war auserzählt und das gleiche gilt auch für die 50 Shades-Reihe, deren Popularität nicht den Charakteren, sondern dem pseudo-skandalösen Inhalt geschuldet war. So liegen natürlich alle Vergleichswerte hinter dem Erstling zurück. Erschwerend hinzu kommt, dass das helfende Gimmick des Valentinstages diesmal erst Mitte der Woche zum Tragen kommen wird. Keine Frage, auch diesmal werden wieder unzählige Sektflaschen geköpft, an den Erfolg aus dem Jahr 2015 wird man mit $38m/$75m aber nicht heranreichen können.
  • Kinder? Check. Ladies? Check. Was fehlt noch, für ein perfekt ausbalanciertes Kinowochenende? Richtig: Etwas nettes für die großen Jungs. Und da hat Lionsgate genau den richtigen Mann an der Angel, denn ein gewisser Keanu Reeves schlüpft in „John Wick: Kapitel 2“ erneut in die Rolle des titelgebenden Ex-Auftragskillers. Schaut man nur auf das Einspiel des ersten Teils, war ein Sequel nicht zwingend nötig. Dank geringer Produktionskosten wurde der Film aber dennoch zu einem Gewinngeschäft und spätestens mit der Auswertung im Heimvideobereich, wurde der Streifen zu einem Geheimtipp unter Actionfans.Unabhängig von der Qualität sollte der Start des Vorgängers recht komfortabel übertroffen werden, sollten die Kritiken flächendeckend so stark ausfallen, wie erste Vorabmeldungen versprechen, dann ist durchaus auch wieder eine solide Laufzeit möglich. Der Satz „Du, Schatz, sonst immer, aber dieses Wochenende gehe ich mit den Jungs“ wird den ein oder anderen vor Mr.Greys Peitsche retten und dem Studio helfen, $25m/$65m in die Kassen zu hieven.

Wochenende 7 vom 17. Februar. 2017 – 20. Februar. 2017 (Presidents Day)

  • Recht ungewöhnlich ist die Tatsache, dass das Feiertagswochenende deutlich weniger aussichtsreich besetzt scheint, als das der Vorwoche. Liegt aber vermutlich auch an der Feiertagskonstellation und dem immer populärer werdenden Valentinstag am vorherigen Dienstag. „Weniger aussichtsreich“ bedeutet aber nicht, dass die Verleiher gar nichts zu bieten haben. Ähnlich wie der Frauenfilm, scheint nun auch die Komödie eine aussterbende Spezies zu sein, denn „Fist Fight“ ist tatsächlich der allererste Beitrag des Genres im Jahr 2017. Hauptdarsteller Ice Cube ist nach einigen schleppenden Jahren besser im Geschäft, als jemals zuvor und auch Gegenpart Charlie Day ist nach dem Überraschungserfolg von „Kill the Boss“ kein unbeschriebenes Blatt. Dass Lehrer, die sich in R-Rated-Komödien das F-Wort um die Ohren hauen im Kino funktionieren, wissen wir seit „Bad Teacher“ 2011 zu einem Überraschungserfolg wurde. Ob der titelgebende „Fist Fight“ im Film letztendlich stattfindet müssen wir abwarten, dass sich diese erfreulich massentaugliche Produktion den Platz auf dem Silberrang (hinter „Lego Batman“) erkämpfen wird, steht für mich mit $25m(4T)/$60m aber heute schon fest.
  • Für Gore Verbinski geht es an diesem Wochenende dorthin zurück, wo seine Karriere als Regisseur vor 15 Jahren mit seinem Horrorklassiker „The Ring“ erst richtig Fahrt aufnahm. Während also Anfang des Monats seine Vergangenheit mit einem einfallslosen Sequel wiederbelebt wird, entschied sich Verbinski mit dem visuell beeindruckenden „A Cure for Wellness“ in die Zukunft des Genres zu investieren. Mit Blick auf die Trailer fühlt man sich zwar an Scorseses „Shutter Island“ erinnert, sieht aber auch viele interessante Ansätze, zu denen man gerne mehr erfahren würde. Bleibt noch die Frage, wer den Film letztendlich schauen soll. Für den typischen Horrorfan dürfte der Film, nicht zuletzt dank der Laufzeit von 2 1/2 Stunden, zu ambitioniert wirken. Das durfte 2014 auch „Crimson Peak“ erfahren, der zwar beim Arthouse-Publikum und Filmkunst-Fans gut ankam, von Horrorfans aber größtenteils ignoriert wurde. Es fehlt im Trailer ganz klar an Gruselelementen, Fans von Mystery-Thrillern dürften dagegen großen Gefallen am Material finden. Sollten die Kritiken so gut werden, wie die bisherigen Ausschnitte vermuten lassen, dann halte ich $22m(4T)/$55m für durchaus denkbar.
  •  Ein weiterer Anwärter auf die Krone der Woche ist das Fantasy-Epos „The Great Wall“. Filme dieser Art haben in den Staaten heutzutage einen schweren Stand und sind nicht einfach an den Kunden zu bringen. Kein Wunder also, dass große Teile des Erdballs den Film schon vor dem Mutterland des Blockbusters bestaunen konnten. Allem voran natürlich in China, wo auch der Großteil des letztendlichen, weltweiten Gesamteinspiels herstammen wird. Die chinesisch-amerikanische Co-Produktion, die die Aufgaben brüderlich untereinander aufgeteilt hat, (Regie führt der Chinese Zhang Yimou, die Hauptrolle übernimmt der allseits bekannte Matt Damon) hätte sein Hauptaugenmerk vermutlich besser ganz auf China legen sollen, denn der Amerikaner, der im weit entfernten China die große Mauer gegen Fantasywesen verteidigt, wirkt wenig glaubhaft und ist in Zeiten der Whitewashing-Debatte in Hollywood vielleicht sogar auch ein wenig deplatziert. Die Trailerklicks sind lausig, die Kritiken bestenfalls mittelmäßig und das Interesse an fremden Kulturen scheint in den USA in vielerlei Hinsicht vollkommen erloschen, deswegen erwarte ich nur enttäuschende $18m(4T)/$38m.

Wochenende 8 vom 24. Februar. 2017 – 26. Februar. 2017 

  • Wie viel Horror bzw. Thrill verträgt ein einzelner Monat? In der Regel funktioniert das recht gut, denn Hits generieren bekanntlich Hits und mit dem Erfolg von „Split“ werden eine Menge potentielle Zuschauer den Trailer zu „Get Out“ gesehen haben.  Dieser ist durchaus interessant und könnte aufgrund seiner Thematik für Aufsehen sorgen. In Zeiten von massiver Polizeigewalt gegen Afro-Amerikaner und einer Gesellschaft, die sich von Tag zu Tag mehr zweiteilt, könnte diese satirische Jagd einer weißen Familie auf den schwarzen Freund der Tochter durchaus den Nerv der Zeit treffen. Als Überraschungspreview beim Sundance-Filmfestival hat er zumindest den Nerv der Kritiker getroffen. Ob der satirische Ton dem Mainstream so schmecken wird, das bleibt abzuwarten. Schon „The Cabin in the Woods“ hatte in dieser Hinsicht nämlich einige Probleme.
    Da der Trailer in den sozialen Netzwerken bereits fleißig geteilt wird, was gerade für Filme, die auf das afro-amerikanische Publikum bauen, ein guter Gradmesser für mögliche Erfolgsaussichten ist, mache ich mir da aber keine Gedanken. Wenn die Presse in den nächsten Wochen Donald Trump mal auf die stille Treppe verbannt und auf die Thematik anspringen, dann halte ich $26m/$70m für durchaus möglich.
  • Ein weiteres Opfer des Relativity-Bankrotts ist der deutsch-amerikanische Action-Thriller „Collide“. Der fast ausschließlich in Köln entstandene Film sollte ursprünglich im Jahr 2015 erscheinen, wurde wegen den bereits erwähnten Problemen von Relativity aber wieder auf den Markt geworfen und letztendlich von Open Road Films aufgekauft. Doch die Verschieberitis ging auch unter dem neuen Verleih munter weiter und nach einem weiteren Umweg über den vergangenen August, strandete die Produktion irgendwann und endgültig auf diesem Termin. Es ist zu befürchten, dass der Film jetzt einfach achtlos auf den Markt geworfen wird, damit er endlich raus ist. Auch wenn mit Nicholas Hoult und der aus „Star Wars: Rogue One“ bekannten Felicity Jones durchaus prominente Namen für den Film werben könnten, sehe ich nicht mehr als $5m/$12m in der Kinoauswertung.
  • Der chinesische Animationsfilm „Rock Dog“ fiel bereits in der Heimat beim Publikum durch. Dennoch übernahm Lionsgate die Verantwortung, den die $60m-Produktion auch in die US-Kinos zu bringen. Der Erfolg sollte sich trotz überschaubarer Konkurrenz in etwa dort einreihen, wo im vergangenen September „Robinson Crusoe“ strandete. $3m/$7m

Während im vergangenen Jahr ein einziger Film den Monat dominierte, scheinen im Jahr 2017 mehrere Filme einen größeren Teil vom Kuchen abzubekommen. Es ist einfach schön zu sehen, dass die Verleiher weiterhin auf bessere Verteilung der Produktionen über das ganze Jahr setzen. So können wir uns durchaus erst einmal auf den Februar freuen und müssen nicht ungeduldig auf den März schauen, der, Achtung Spoiler, gigantisch wird. Ich freue mich darauf.