Ausnahmsweise geht es heute nicht um einen Film, den ich im Kino oder Fernsehen gesehen habe, sondern um einen, der gerade erst entsteht. Heute beginnen in Niedersachsen die Dreharbeiten zu einem Mystery-Thriller, den ich gemeinsam mit meinem Kollegen Ingo Lechner geschrieben habe und der von Nils Loof umgesetzt wird.
Die Idee zu der Geschichte entstand schon vor ein paar Jahren, lange nachdem ich mich eigentlich aus dem Drehbuchgeschäft zurückgezogen hatte – aber wie sagte schon Al Pacino sinngemäß in Der Pate (war es in Teil 3?): Kaum bin ich draußen, ziehen sie mich wieder hinein.
Drehbücher zu schreiben ist ein großes Vergnügen, sie zu verkaufen und zu realisieren hingegen weniger. Nörgelnde Produzenten, ignorante Redakteure und unberechenbare Förderungen machen einem das Leben schwer, und wenn ein Buch endlich und trotz aller Widrigkeiten fertig ist, beginnt die Auseinandersetzung mit Regisseur und Darstellern. Wenn am Ende etwas dabei herauskommt, was wenigstens noch entfernt mit dem zu tun hat, was man einmal geschrieben hat, kann man sogar froh sein.
Diesmal war es jedoch anders. Wir wollten von Anfang an etwas schreiben, was hierzulande eigentlich so gut wie gar nicht produziert wird: einen Horrorfilm. Dass wir damit kaum Chancen auf dem Markt haben dürften, war uns egal, denn uns gefiel die Story: Eine junge Frau zieht mit Mann und Kind auf einen abgelegenen Bauernhof. Eines Tages geht das Kind zum Spielen in den Wald, und als es nach Hause kommt, ist seine Mutter überzeugt, dass dies nicht mehr ihr Sohn ist.
Zugegeben, die Idee strotzt nicht gerade vor Originalität, aber in diesem Genre ist es mittlerweile ohnehin unmöglich, etwas völlig Neues zu schaffen. Uns interessierte vor allem die Sichtweise der Mutter, die mit etwas Übernatürlichem konfrontiert wird und nicht weiß, ob das, was sie erlebt, real ist oder nicht. Von diesem Punkt an entwickelte sich die Geschichte recht schnell in die gewünschte Richtung: Um ihre Unsicherheit und Verletzlichkeit noch zu betonen, erhielt die Hauptfigur eine Schwester, die unter einer schizophrenen Psychose litt und sich in dem Haus das Leben genommen hat, weshalb sie beginnt, ebenfalls um ihre geistige Gesundheit zu fürchten, und einen Mann, der sehr rational ist und an nichts glaubt, was sich nicht wissenschaftlich erklären lässt.
Wie erwartet war die Resonanz auf das Exposé ablehnend, auch wenn die meisten die Geschichte überaus faszinierend fanden. Doch knapp zwei Jahre später suchte der NDR nach Vorschlägen für seine Debüt-Reihe Nordlichter, und da der Intendant Christian Granderath, mit dem ich bereits als Student einmal an einem solchen Genrestoff gearbeitet habe, ein großer Fan von Mystery-Thrillern ist, wurde nach entsprechenden Vorschlägen gesucht. Von da an lief eigentlich alles wie geschmiert.
Die erste Besprechung mit der zuständigen Redakteurin verlief vielversprechend, auch wenn sie nach der nächsten Überarbeitung des Stoffes plötzlich kein gutes Haar mehr an einigen ihrer eigenen Vorschlägen ließ, die sie nun großzügig uns zuschrieb. Als Autor erlebt man das immer wieder, es ist aber jedes Mal überraschend. Ansonsten war es eine gute, fruchtbare Zusammenarbeit, die ich jederzeit wiederholen würde.
Schwierigkeiten machte eigentlich nur der NDR selbst, der ganz spezielle Vorstellungen davon hat, wie der Film einmal auszuwerten ist. Alle Einzelheiten sind noch nicht geklärt, aber wir hoffen, dass er nicht nur im Sommer auf dem Filmfest Hamburg zu sehen sein wird, sondern vielleicht auch auf dem einen oder anderen Fantasy- oder Horror-Filmfest. Ob es darüber hinaus eine Möglichkeit gibt, die Produktion auf der großen Leinwand zu sehen, bleibt abzuwarten und hängt von vielen Faktoren ab. Ansonsten wird er vermutlich im Herbst/Winter 2017 im Programm des NDR laufen.