Mutter Natur hat mir den Wecker gestellt. Um kurz nach sechs (vielleicht auch noch früher, ich war zu müde, um auf die Uhr zu sehen), begannen Millionen von Grillen oder Zirkaden mit ihrem Morgengesang. Das aus nur ein, zwei Tönen bestehende Auf und Ab klang fast wie eine Alarmanlage, nur gibt es keinen Knopf zum Ausschalten…
Überhaupt die Natur! Ich weiß nicht, wie es passiert ist, aber sie haben mich tatsächlich erwischt. Auf unserer Wanderung zur Teufelsbrücke wurde ich von zahlreichen Mücken belästigt, und heute morgen habe ich mehrere Einstiche auf meinen Schultern entdeckt. Die Biester müssen echt hungrig gewesen sein, wenn sie durch Stoff hindurch stechen.
Nach dem üblichen Frühstück ging es auf unsere letzte Wanderung im Tal der roten Felsen. Gleich in der Nähe unseres Hotels stehen mit dem Bell Rock und dem Courthouse Butte gleich zwei der bekanntesten Felsformationen der Gegend.
Da es Samstag war, wimmelte es auf dem Parkplatz nur so von Menschen, doch auf dem Weg selbst waren nur wenige Leute zu sehen. Auf die Faulheit der Menschen ist halt immer noch Verlass.
Vor einigen Wochen, als ich überarbeitet am Schreibtisch saß, habe ich von einem solchen Urlaub geträumt: Wandern in der Wüste, umgeben von einer unglaublich schönen Landschaft. Jetzt bin ich da, schwitze und leide vor mich hin, aber tief innen, unter Sonnenbrand und Mückenstichen, irgendwo zwischen meinen vom Rucksack schmerzenden Schultern und meinen brennenden Füßen bin ich ziemlich glücklich. Vor allem da die Wanderung nach gut zwei Stunden vorbei ist.
Am Nachmittag unternahmen wir einen kleinen Ausflug in die Umgebung. Oder das Herz von Arizona, wie es der Reiseführer formuliert. Zuerst hielten wir in Tuzigoot (keine Ahnung, wie man das nun wieder ausspricht), einer jahrhundertealten Indianersiedlung hoch auf einem Berg, von der aber nur ein paar Ruinen geblieben sind.
Das nächste Ziel war Jerome, doch auf dem Weg dorthin kamen wir durch Cottonwood. Sofort fielen uns die vielen Biker auf. An einer Ampel überquerten gleich vier von ihnen die Straße, im Gleichschritt wie die Beatles auf dem Abbey Road-Cover, nur so martialisch-rockig angezogen, dass die Sons of Anarchy dagegen wie brave Chorknaben wirken. Irgendwas war seltsam in dieser Stadt.
Die Antwort erhielten wir wenig später, als wir um die nächste Ecke bogen. Die Hauptstraße war gesperrt worden, und quer darüber hing ein Banner mit der Aufschrift: „Welcome Bikers!“ Ein Biker-Festival. Leider war ich viel zu verblüfft, um ein Foto von den vielen Motorrädern und all den Menschen auf der Straße zu machen, außerdem mussten wir weiterfahren, um den Verkehr nicht zu behindern. Aber es war ein Anblick, den ich nicht so bald vergessen werde.
Das gleiche könnte ich auch über Jerome sagen. Einst eine boomende Bergbaustadt, später eine Geisterstadt, dann ein Touristenmagnet. Die Häuser kleben an den steilen Hängen wie Schwalbennester, manche stehen gar auf Stelzen, und viele sehen so aus, als würden sie einstürzen, wenn man zu laut die Tür zuschlägt. In den engen, düsteren Gassen hätte Hitchcock wunderbar einen Horrorfilm drehen können. Und es war voller Touristen und Biker. Als wir wieder fuhren, war es sogar so voll, dass die Stadt an der Einfallsstraße geschlossen werden musste.
Bevor es zurück ins Hotel ging, machten wir noch einen Abstecher zum Red Rock State Park, der allerdings nicht sehr sehenswert ist. Interessant war jedoch die Kolibri-Station. Ich habe noch nie so viele auf einmal gesehen.
Am Abend ist hier natürlich nicht viel los. Sogar unser Café schließt schon um sieben Uhr, und wenn man danach nicht in die Kirche oder zu einer Seance gehen will, bleibt nicht mehr viel. Zum Glück waren wir sowieso zu müde. Und im Fernsehen liefen gleich zwei Filme von John Hughes. Zuerst habe ich mir eine Stunde von Pretty in Pink angeschaut, danach Sixteen Candles. Und da dies immer noch ein Film-Blog ist, folgt nun eine kurze Kritik:
Das darf man nur als Erwachsener
Samantha (Molly Ringwald) wird sechzehn, doch ihre Familie ist so mit den Vorbereitungen zur Hochzeit ihrer älteren Schwester beschäftigt, dass sie ihn komplett vergisst. Außerdem ist Sam unsterblich in Jake (Michael Schoeffling) verliebt, der sogar Interesse an ihr zeigt. Leider ist Sam in seiner Nähe immer furchtbar schüchtern und linkisch…
Keiner hat das Leben amerikanischer Teenager treffender beschrieben als John Hughes in den Achtzigern. Es sind keine großen Dramen, die hier geschildert werden, zumindest nicht für die Welt, aber dafür für die heranwachsenden Helden, die mit einer bizarren Erwachsenenwelt und einem ungezügelten Sturm der Hormone konfrontiert werden. Es geht um wenig und doch unendlich viel, um die erste, große, oft unerwiderte Liebe, das Ringen um die eigene Identität, um Gruppenzugehörigkeit und Gruppenzwang, um Rituale des Erwachsenwerdens.
Das alles wird von Hughes, der auch Regie geführt hat, mit leichter Hand erzählt, ist in der Summe aber leider nicht perfekt. Der Kern der Handlung ist wunderbar, aber Hughes traut seiner Liebesgeschichte leider nicht zu, den ganzen Film zu tragen, weshalb er sich in unsinnigen und teilweise überflüssigen Nebenhandlungen verliert, die zumeist nur auf der Behauptungsebene funktionieren. Immerhin brilliert Joan Cusack hier in einer stummen Nebenrolle als wandelnder running gag, und auch ihr Bruder John hat eine Nebenrolle. Insgesamt kein perfekter Film (zudem mit einem selten dämlichen und unpassenden deutschen Titel), aber wie geschaffen für nostalgische Abende…
Note: 3-