Unser Urlaub liegt nun auch schon fast seit drei Wochen hinter uns. Inzwischen können wir von der wärmenden Sonne Kaliforniens nur noch träumen, während wir in das trist-graue Winterwetter vor dem Fenster starren. Bei der Durchsicht meiner Notizen ist mir aufgefallen, dass ich bislang die Kritik zu einem aktuellen Film noch nicht veröffentlicht habe:
Girl on the Train
Jeden Tag fährt Rachel (Emily Blunt) mit dem Zug nach New York City und kommt dabei an einer Vorortsiedlung vorbei, in der sie bis zu ihrer Scheidung selbst gelebt hat. Und jeden Tag beobachtet sie eine junge Frau, Megan (Haley Bennett), die für Rachel das perfekte Leben mit ihren Ehemann Scott (Luke Evans) führt. Doch eines Tages, nachdem Rachel Megan mit einem anderen Mann zusammen gesehen hat, verschwindet die junge Frau. Die Polizei befragt auch Rachel dazu, die am selben Abend in der Gegend gesehen wurde, aber weil sie Alkoholikerin ist, schenkt man ihr nur wenig Glauben. So beginnt sie auf eigene Faust zu recherchieren …
Es ist schwer, nicht zu viel über die Geschichte und ihre Wendungen zu verraten, weil man sonst die Spannung zerstören würde – und der Film verfügt leider nur über sehr wenig davon. In erster Linie ist er ein Porträt dreier problembeladener Frauen: Rachel steht im Mittelpunkt der Ereignisse, und Emily Blunt spielt sie mit äußerster Eindringlichkeit. Ihr Leben ist an ihrem vergeblichen Kinderwunsch und dem Seitensprung ihres Mannes (Justin Theroux) zerbrochen, und dass ihr Ex nun mit seiner neuen Frau Anna (Rebecca Ferguson) und dem gemeinsamen Kind in ihrem alten Haus lebt, kann Rachel kaum ertragen. Sie ist wütend, und zu sehen, wie diese Fremde, die sie bewundert und beneidet, selbst zur Betrügerin wird, weckt einen lange unterdrückten Zorn in ihr. Dass sie sich an die Nacht von Megans Verschwinden nicht erinnern kann und am nächsten Morgen mit blutbefleckter Kleidung erwacht ist, sorgt zudem für nagende Zweifel: Wäre sie selbst zu einer Gewalttat fähig? Leider fällt es trotz Blunts fantastischem Spiel sehr schwer, Sympathien für dieses alkoholkranke Wrack zu entwickeln, das sich in seinem Selbstmitleid suhlt.
Verglichen mit Rachels Story wirken die anderen beiden Geschichten wie plumpe Klischees. Immerhin bekommt Megan durch die zahlreichen, ineinander verschachtelten Rückblenden, die allerdings recht wahllos aneinander montiert wurden, noch Kontur, bleibt insgesamt aber blass und nicht wirklich zu fassen. Ihre Vergangenheit, die langsam in psychotherapeutischen Sitzungen enthüllt wird, wirkt schon sehr konstruiert und unglaubwürdig. Am schwächsten ist jedoch Anna gezeichnet, ein Stereotyp der gelangweilten und frustrierten Ehefrau, die von ihrem Leben und der Mutterrolle überfordert ist.
Als Thriller funktioniert der Film schlecht, da er kaum spannend ist und Rachels Ermittlungen nur schleppend vorankommen. Hier hätten sich noch zahlreiche Möglichkeiten für unerwartete Wendungen geboten, die jedoch komplett verschenkt wurden und wohl auch nicht im Buch angelegt sind. Das ist schade, weil der Trailer falsche Erwartungen geweckt hat. So bleibt nur das Psychogramm dreier Frauen, das teilweise gelungen ist, und ein Kriminalfall, für dessen nur wenig überraschendes Ende die bessere Geschichte geopfert wurde. Schade.
Note: 3-