auf Teufels Brücke

SAM_4748Eines muss man den Menschen hier in Sedona lassen, sie sind unglaublich freundlich. Jeder grüßt, alle lächeln, und viele sind einem kleinen Schwätzchen nicht abgeneigt. Sogar auf den Wanderungen sind uns Plaudertaschen begegnet, die uns ihre gesamte Lebensgeschichte erzählt haben. Muss an der Sonne liegen oder am vielen Yoga.

Apropos Sonne: Bis vor fünf Tagen hat es in den vergangenen Monaten beinahe jeden Tag geregnet, Kein Wunder, dass hier alles so grün ist. Als wir am Freitagmorgen aufstanden, schien aber wie in den Tagen zuvor auch die Sonne, und ein weiterer, heißer Tag erwartete uns. Zum Frühstück musste ich natürlich erneut die frisch zubereiteten Waffeln mit Ahornsirup kosten.

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Diesmal ging es in den Westen Sedonas (Video), der landschaftlich ebenso reizvoll ist wie der Rest. Egal in welche Richtung man fährt, überall erblickt man wunderschöne Felsformationen in Rot und Orange. Sogar das Warten an der Ampel ist dadurch ein Genuss.

SAM_4781100_4577Die erste Wanderung ging zur Devil’s Bridge, einer natürlichen Felsbrücke, die leider etwas umständlich zu erreichen ist. Da unser Auto über keinen Vierradantrieb verfügt, mussten wir bis zum Beginn des Weges laufen – ein anderthalbstündiger Umweg durch Wald und über eine leider recht schattenlose Ebene, aber wieder mit einem tollen Ausblick auf die umliegenden Berge. An der Brücke wurde ich genötigt, nach oben zu klettern, damit Mark G. Fotos davon machen konnte. Ein bisschen mulmig war mir schon zumute, aber zum Glück war die Brücke breit genug.

Nach unserer Rückkehr zum Wagen (wir nahmen diesmal den direkten Weg an einer Straße entlang, die mit ihren knietiefen Schlaglöchern und Felsbrocken kaum als solche bezeichnet werden kann) fuhren wir nach Sedona, um eine kleine Lunch-Pause zu machen. In einem Bio-Supermarkt (von denen es hier mehr gibt als reguläre) erstanden wir einen sündhaft teuren, aber recht schmackhaften Salat. Sämtliche Produkte waren bio, energetisierend oder sonstwie speziell, Fudge wurde aus Ziegenmilch gemacht (was das ekelhaft süße Zeug noch widerlicher machen dürfte), und der Hühnersalat wurde tatsächlich als huhnlos beworben. Alles Tofu, oder was? Es ist die Art von Supermarkt, bei der ich ein schlechtes Gewissen bekomme, wenn ich an meine Ernährung denke. Die Art, in der man Spinat-Scones und Brokkolisaft bekommt und beim Kauf von glutenfreiem Brot über Nietzsche diskutiert. Glutenfrei ist übrigens der neueste Hit hier, ebenso wie Grünkohl. Als Sauerländer kann ich diese Entwicklung nur begrüßen, aber ungekochter Grünkohl im Salat? Ohne Mettwurst? Geht gar nicht…

Nach dieser kleinen Stärkung unternahmen wir noch eine kurze Wanderung in einem Tal zu einem Möchtegern-Arch, der im Arches National Park nicht einmal eine Fußnote bei den Wegbeschreibungen wert wäre. Auf dem Rückweg zum Hotel war noch genug Zeit für einen weiteren Abstecher zu einer kleinen katholischen Kapelle hoch oben auf einem Felsrücken. Die Aussicht von hier ist – wie überall – umwerfend.

Die Einwohner Sedonas sind nicht nur besonders freudlich, sondern auch besonders fromm. Überall gibt es Kirchen und Kapellen oder wenigstens einen schamanistischen Singkreis. Wir sind sogar an einer Cowboy Church vorbeigekommen – wer weiß, vielleicht darf man dort hoch zu Roß am Gottesdienst teilnehmen?

Da im Hotel leider immer noch die Internetprobleme bestanden, mussten wir erneut in das gegenüberliegende Café ausweichen. Dem Laden ist eine Kaffeerösterei angeschlossen, was die Auswahl an Grüntee leider ziemlich einschränkt (auf genau eine Sorte, die mir nicht besonders schmeckt). Jemand sollte den Leute hier mal verklickern, wie unglaublich gesund Grüntee ist, und dass Matcha Tee in Europa gerade der letzte Schrei ist…

Zum Abendessen holten wir uns nur ein Sandwich und einen Salat – die bewusste Ernährung ist echt ansteckend. Gerade als wir gingen, kam uns ein Cowboy entgegen, komplett mit Hut, Weste und Halfter inklusive Waffe. Vielleicht gehört er zu einer Wild-West-Show. Oder er kam gerade aus der Kirche…

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Mark G. & Pi Jay in La-La-Land 2013 von Pi Jay. Setze ein Lesezeichen zum Permalink.

Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.