Am Mittwoch hat es uns erwischt: Wir bekamen ein Ticket, und dass wir dafür noch nicht einmal das Haus verlassen mussten, entbehrte nicht einer gewissen Ironie. Jeden Mittwoch wird nämlich zwischen neun und elf Uhr die Straße gekehrt, und in dieser Zeit ist es verboten, dort zu parken. Wir wissen das, denn das hat sich in den letzten elf Jahren nicht geändert, nur war uns irgendwie entfallen, dass Mittwoch war. Kann im Urlaub ja mal passieren.
Als wir uns über den Streifenwagen vor der Einfahrt wunderten, war es auch schon zu spät. Immerhin hat sich der nette Officer mehrmals dafür entschuldigt, dass er uns ein Ticket verpasst hat. Zahlen müssen wir dennoch, und mit etwas über fünfzig Dollar ist die Strafe sogar ziemlich happig. Vielleicht ist es uns in Zukunft eine Lehre, den Kalender nicht aus dem Blick zu verlieren …
Ansonsten verbringen wir unsere Zeit hier weiterhin im Erholungsmodus. Es war geplant, noch ein paar Tage in die Wüste zu fahren, um zu wandern, aber ein wenig fehlt uns die nötige Energie dafür, und die Tage und damit die Stunden, in denen man wandern kann, werden außerdem immer kürzer.
Nach dem Frühstück entschlossen wir uns daher, nur ins Kino zu gehen. Unsere Freunde begleiteten uns, denn der Film, den wir vorgeschlagen hatten, interessierte auch sie:
El Jeremías
Jeremías (Martin Castor) ist ein kleiner Junge in Mexiko mit einem IQ von 160, was seinen eher unterdurchschnittlich begabten Eltern leider nicht auffällt. Für sie ist er einfach nur ein sehr neugieriges, etwas sonderbares Kind, das keine Freunde hat. Jeremías versucht, seinen Platz in der Welt zu finden, herauszufinden, was er einmal werden möchte. Zuerst lernt er Schach und bringt es zu einer gewissen Meisterschaft, gibt aber auf, weil sein Vater ihn nur wegen der Preisgelder unterstützt. Später beginnt er ein Medizinstudium, stellt aber fest, dass er keine Spritzen mag. Am Ende findet er in einem Psychologen, der hochbegabte Kinder fördert und unterstützt, einen Mentor und zieht zu ihm nach Mexiko-Stadt. Aber bald entdeckt er, dass auch dieser nur seine eigenen Zwecke verfolgt …
Es war der erste spanischsprachige Film mit englischen Untertiteln, den ich gesehen habe, was es angesichts der flotten Zungen nicht immer einfach machte, den Gesprächen zu folgen. Da konnte man über die stumme Großmutter, die allenfalls grunzte und schief schaute, regelrecht dankbar sein. Der Trailer versprach eine nette Außenseiterkomödie über ein besonderes Kind, und im Wesentlichen hat der Film dieses Versprechen auch gehalten, allerdings mit einigen Abstrichen.
Nach einem tollen, humorvollen Anfang verliert die Geschichte leider ihren Fokus. Der Drehbuchautorin Ana Sofia Clerici fällt nicht mehr ein, als immer wieder neue Vorbilder für Jeremías zu suchen, denen er nacheifern kann, was mit der Zeit etwas langweilig wird. Außerdem wirkt es befremdlich, dass ein acht- oder neunjähriger Junge so eifrig nach seinem Platz in der Welt der Erwachsenen sucht. Dass sie ihn am Ende zu der simplen Erkenntnis gelangen lässt, erst einmal Kind sein zu wollen, ist dabei schon fast ärgerlich.
Der Film macht dennoch Spaß, denn der jugendliche Hauptdarsteller spielt ausgezeichnet und stellt den hochbegabten Jeremías mit feierlichem Ernst als einen unermüdlichen Sucher dar, der von steter Neugier angetrieben wird. Auch die Familie wirkt sympathisch, hätte allerdings ruhig noch etwas chaotischer oder skurriler sein dürfen.
Alles in allem ein netter, etwas zu harmloser Film, der ein wenig an Little Miss Sunshine erinnert.
Note: 3
Nach dem Kinobesuch hielten wir auf dem Rückweg noch bei einer japanischen Bäckerei in der Nachbarschaft (nun ja, sie liegt wenigstens im selben Stadtteil) namens 85 °C. Warum sie so heißt, haben wir bisher nicht in Erfahrung gebracht, aber vielleicht fragen wir beim nächsten Mal einen der Angestellten. Es ist ein Selbstbedienungsladen, bei dem man diverse Gebäckstücke auf ein Tablett packen kann, was den Vorteil hat, dass man sich mit der Entscheidungsfindung Zeit lassen kann. Tortenstücke muss man sich hingegen an der Theke aussuchen.
Wir entschlossen uns, mehrere Dinge auszuprobieren und sie zu teilen, darunter ein tiefschwarzes Brötchen, gefärbt mit dem Sud von Tintenfischen, das mit cremigem Käse gefüllt war, ein schmales Brötchen mit Schinken, eines, das mit Kartoffeln gefüllt war und an Börek erinnerte, sowie ein rosa marmoriertes Gebäckstück mit Tarofüllung, das halb süß, halb salzig war. Und das waren nur die herzhaften Speisen. Für den süßen Zahn wählten wir ein Walnusstörtchen sowie zwei große Muffin-ähnliche Kuchen mit Blaubeer- bzw. Mangofüllung. Alles war sehr lecker und es gibt noch sehr viel mehr dort zu entdecken …