Downtown

usa113Am Freitag konnten wir tatsächlich einmal etwas länger schlafen, da wir erst am frühen Nachmittag in Glendale verabredet waren. Zusammen mit unseren Freunden, mit denen wir bereits den Tag zuvor verbracht hatten, fuhren wir nach Downtown, um uns das Zentrum des historischen Los Angeles anzusehen.

Geparkt haben wir direkt neben der Walt Disney Concert Hall, die relativ zentral liegt, und sind dann zu Fuß weiter zur Kathedrale gegangen. Viel verändert hat sich eigentlich nicht, seit wir das letzte Mal hier gewesen sind, aber es wird in diesem Teil der Stadt immer noch fleißig gebaut. Meistens entstehen neue Bürogebäude oder Apartmentkomplexe, die zu einer weiteren Gentrifizierung dieses Viertels beitragen. Die Kehrseite liegt jedoch auf der Hand: Die Zahl der Obdachlosen hat sich massiv erhöht, und weil sie aus immer mehr Straßen verbannt werden, sobald die neuen Apartmenthäuser fertig sind, konzentrieren sie sich an bestimmten Ecken. Es gibt Orte, die erinnern mehr an einen asiatischen oder afrikanischen Slum denn an Amerika, und es sind nicht nur die Alten und Kranken, die auf der Straße leben, sondern auch junge Leute, die bereits aus leeren, desillusionierten Augen in die Welt blicken. Das alles macht einen traurig und wütend.

Insgesamt verfügt Downtown immer noch über reichlich rauen Charme, um einen an New York zu erinnern, und dann gibt es auch noch die ethnischen Viertel wie Chinatown, Little Tokyo oder die mexikanische Keimzelle der Stadt rund um die Olvera Street, die alle zusammen diesen Stadtteil so anziehend machen. In der Olvera Street bereitet man sich dieser Tage ebenfalls auf den Dia de los Muertos vor. Auf der zentralen Plaza traten einige Musiker auf, ein Mann mit einem Hirschgeweih auf dem Kopf tanzte zu ihrer fröhlichen Musik, und zahlreiche Menschen lauschten ihnen ganz andächtig. Ich nehme mal an, der gehörnte Mann gehörte zur Truppe dazu, aber so ganz sicher kann man sich hier ja nie sein …

In der Kathedrale fand gerade eine Hochzeit statt, weshalb wir uns nur flüchtig umsehen konnten, doch wir waren immerhin noch in den Katakomben, um uns das Grab von Gregory Peck anzusehen. Es gibt noch immer sehr viele freie Grabstätten dort unten, was wohl mit den Preisen zusammenhängt, die die Kirche verlangt.

Natürlich waren wir auch im 27. Stock des Rathauses, um einen Blick auf die City zu werfen. Leider war es am Freitag ziemlich diesig, so dass die Berge nicht zu erkennen waren. Zum Abschluss dieses kleinen Rundgangs schauten wir noch rasch beim Grand Central Market vorbei, um Kaffee und Jamaica zu trinken, und stoppten kurz im Bradbury Building und am Biltmore Hotel, dessen Interieur man sich ebenfalls nicht entgehen lassen sollte. Für einen Abstecher zu den Toy, Flower oder Fashion Districts blieb dann leider keine Zeit mehr.

Als wir unterwegs einmal kurz Halt machten, um ein paar Kleinigkeiten in einer Drogerie zu kaufen, fielen uns einige neue Sorten mit Kartoffelchips in den Regalen auf, von denen eine uns besonders faszinierte: Chips mit Waffel-Hühnchen-Geschmack. Hmm, wer mag auf diese Idee gekommen sein? Es kann eigentlich nur ein Amerikaner gewesen sein, schließlich lieben sie es ja auch, ihre Waffeln oder Pancakes mit dem Frühstücksspeck zu vermischen. Obwohl es irgendwie abstoßend klang, mussten wir sie natürlich probieren. Und sie schmeckten tatsächlich nach Waffeln, oder zumindest nach Ahornsirup. Nur das Hühnchen war ziemlich geschmacksneutral.

Dafür waren wir bei unserem Lieblingschinesen Yang Chow in Chinatown essen. Berühmt sind sie ja vor allem für ihre Slippery Shrimps, aber alles andere dort schmeckt ebenfalls hervorragend, und dass seit unserem letzten Besuch wieder zahlreiche Fotos von Prominenten an der Wand hinzugekommen sind, spricht ebenfalls für die Beliebtheit des Lokals.

Am Abend ging es dann wieder zurück zu unseren Freunden in Gardena, wo gerade ein Verwandter zu Besuch war, den wir schon lange nicht mehr gesehen hatten. So konnten wir noch ein wenig plaudern und diesen netten Tag Revue passieren lassen.

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Mark G. & Pi Jay in La-La-Land 2016 von Pi Jay. Setze ein Lesezeichen zum Permalink.

Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.