Die Insel der besonderen Kinder

Wie ich bereits angekündigt hatte, mussten wir am Dienstag arbeiten. Glücklicherweise begann der Tag grau und wolkenverhangen, so dass wir nicht das Gefühl hatten, etwas zu verpassen. Am Vormittag bin ich mit unserer Freundin jedoch noch kurz zu einem japanischen Supermarkt gefahren, um eine Kleinigkeit zu besorgen, und das war recht interessant.

Ich stöbere gerne in exotischen Geschäften, in denen es lauter Dinge gibt, von denen ich noch nie gehört habe und von denen ich nicht einmal weiß, wozu sie gut sind. Größtenteils war der Laden ein Supermarkt wie jeder andere, mit Zahnpasta, Shampoo und anderen Dingen des täglichen Bedarfs, sogar mit denselben Marken wie in Europa oder in den USA. Darüber hinaus gab es aber auch jede Menge andere Dinge zu entdecken, fremde Lebensmittel, unbekannte Küchenutensilien und bunte Verpackungen, deren japanische Schrift ich nicht lesen konnte. Leider hatte ich nicht sehr viel Zeit, mich genauer umzusehen, aber vielleicht schaue ich demnächst noch einmal vorbei.

Wie versprochen, folgt hier jetzt noch die Kritik zu:

Die Insel der besonderen Kinder

Schon als Kind hat Jake (Asa Butterfield) die angeblich wahren Gruselgeschichten seines Großvaters Abe (Terence Stamp) geliebt, sie aber mit der Zeit als Hirngespinste abgetan. Abe musste als Kind vor den Nazis nach England fliehen und wuchs in einem „Haus für besondere Kinder“ auf, das später von einer deutschen Bombe zerstört wurde und hat danach lange Jahre „Monster“ gejagt. Als Jake eines Tages einen mysteriösen Anruf von Abe bekommt und zu ihm eilt, findet er den alten Mann sterbend im Garten: Jemand hat ihn überfallen und seine Augen entfernt. Jake muss Abe versprechen, nach Wales zu fahren, um das Haus, in dem er aufgewachsen ist, zu suchen und mit der Leiterin Miss Peregrine (Eva Green) zu sprechen. Einige Monate später unternimmt Jake diese Reise zusammen mit seinem Vater – und findet tatsächlich das Waisenhaus und seine seltsamen Bewohner, die sich in einer Zeitschleife vor einem mächtigen Gegner verstecken …

Es ist eine seltsame, verwickelte Geschichte, die uns Tim Burton hier in seinem neuesten Film erzählt, aber das erwartet man auch von diesem Regisseur. Monster, Kinder mit besonderen Fähigkeiten, Zeitreisen und –schleifen, Geheimnisse und schreckenerregende Verfolger – das sind die Zutaten für ein spannendes und aufregendes Abenteuer, an dem nicht nur Kinder ihren Spaß haben können. Tatsächlich besitzt der Film von Anfang an eine besondere Atmosphäre, die weniger künstlich und aufgesetzt wirkt als in Burtons vorherigen Filmen.

Gerade Abes Geschichte kann man als Möglichkeit begreifen, die Gräuel und Schrecken des Zweiten Weltkriegs zu verarbeiten. Und genau so erklärt es auch Jakes Vater, ohne zu wissen, dass noch viel mehr dahinter steckt und die Monster, die Abe gesehen und in späteren Jahren gejagt hat, real waren. Man hätte noch viel mehr mit diesen Ebenen spielen und sie ineinander verschränken können, aber dies ist in erster Linie ein Film für Kinder, auch wenn er ziemlich brutal und angsteinflößend ist.

Auch das Buch von Ransom Riggs besticht durch seine düsteren, geheimnisvollen Bilder, auf denen man die seltsamen Kinder kennenlernt, die in Miss Peregrines Haus leben. Wie Jake sind sie Außenseiter, die sich nur unter ihresgleichen wohlfühlen, sie können fliegen, ihre Träume auf Leinwände projizieren oder Dinge mit ihren Händen in Brand setzen. In einer Welt, in der jeder ein Star sein möchte, wäre das eigentlich ideal, nur sind sie zu anders, zu seltsam, um den Normen zu entsprechen. Miss Peregrine versucht sie – buchstäblich – vor dem Tod zu schützen, indem sie sie in einer Zeitschleife leben lässt, die immer wieder denselben sonnigen Septembertag ablaufen lässt und ihn in dem Moment stoppt, in dem eine deutsche Bombe das Heim und ihre Leben zerstört. Eine wunderbare Metapher für Weltflucht und den Wunsch, sich vor der Grausamkeit der Welt zu verstecken.

Doch es wäre eine schlechte Geschichte, wenn diese Flucht, dieses Versteck perfekt wäre. Denn neben der Welt und ihrem Wahnsinn gibt es noch einen übernatürlichen Feind, der es auf sie und ihre Macht abgesehen hat und nicht weniger wahnsinnig ist: Barron (Samuel L. Jackson) verfolgt die Kinder und ihre Behüter, von denen es einige in der Welt gibt, und will ihre Macht nutzen, um selbst unsterblich zu werden.

Zunächst dauert es eine ganze Weile, bis die Geschichte etabliert ist, bis Jake die Insel der besonderen Kinder erreicht, ihre Gesetze verstanden und sie alle kennengelernt hat. Bevor der Feind allerdings zuschlägt, muss der Held noch mit seinen inneren Kämpfen fertig werden, und hier tritt die Handlung leider eine Weile auf der Stelle, nur um im letzten Drittel in Aktionismus zu verfallen. Plötzlich überschlagen sich die Ereignisse, und die Kinder sind gezwungen, zu fliehen und zurückzuschlagen, was in einer etwas albernen, aber tricktechnisch gut gemachten Schlacht endet, die leider das ansonsten sehr gelungene Setting stört. Alles in allem ein runder, schöner und gelungener Film, der jedoch unter seinen Möglichkeiten bleibt.

Note: 3+

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Mark G. & Pi Jay in La-La-Land 2016 und verschlagwortet mit , , , von Pi Jay. Permanenter Link zum Eintrag.

Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.