Am Mittwoch wollten wir noch einmal und vermutlich für einige Zeit das letzte Mal wandern gehen.
Obwohl Santa Fe nicht sehr groß ist, herrschte lange nach der morgendlichen Rush Hour noch so viel Verkehr, dass man meinen könnte, in einer Großstadt unterwegs zu sein. Und eine Großbaustelle auf dem Weg erschwerte unser Fortkommen zusätzlich. Nicht sehr weit von der Stadt entfernt liegt das Kasha-Katuwe Tent Rocks National Monument, das nicht so groß ist wie der Name vielleicht suggeriert. Es liegt teilweise auf dem Gebiet eines indianischen Reservats und weist lediglich zwei relativ kurze Wanderwege auf, die es allerdings in sich haben.
Ein Rundweg führt vom Parkplatz aus durch ein Tal und streift dabei die seltsamen Felsformationen, die wie riesige Kegel oder die Hütchen beim Mensch-ärgere-dich-nicht aussehen. Entstanden sind sie durch vulkanische Aktivität, und Wind und Wetter haben dann den Rest erledigt. Von den Farben her überwiegt ein cremiges Weiß, das von zahlreichen Schichten in zartem Ocker, Rot oder Orange durchzogen ist.
Von diesem Rundweg aus zweigt ein weiterer Wanderweg ab, der zunächst durch einen offenen Slot-Canyon führt. Hier muss man gelegentlich über Felsen klettern, gebeugt unter ihnen durchgehen oder sich durch Spalten zwängen, bevor man schließlich einen Berg hinaufklettert. Der Weg, der vor allem über improvisierte Stufen führt, zieht sich in Serpentinen den Hang hinauf, ist aber sehr gut zu gehen, wenngleich man – nicht zuletzt wegen der Höhe von über zweitausend Metern – ziemlich ins Schnaufen gerät. Das eigentliche Problem sind die vielen Menschen, die es ebenfalls hierher verschlagen hat. Ich hätte nie damit gerechnet, dass so viele Leute unter der Woche und in der touristischen Nachsaison unterwegs sein würden.
Unterwegs öffnen sich einem immer wieder wunderbare Ausblicke auf die umliegenden Berge, aus denen die genannten Kegel herausragen. Oben angelangt, kann man die ganze Pracht noch von einer höheren Warte aus genießen und hat zugleich einen schönen Blick auf das gesamte Tal. Am äußersten Punkt, der ziemlich windumtost war, haben wir dann gleich vier Deutsche getroffen, allerdings lebte eine davon in Griechenland, ein anderer in Australien. Es ist immer dasselbe: An den entlegensten Punkten sind nur Deutsche und ein eiliger Asiate, der sich rasch nähert, ein paar Fotos schießt und dann wieder verschwindet als wäre er auf der Flucht.
Nach einem Schwätzchen haben wir uns dann auch auf den Rückweg gemacht, und weil es erst früher Nachmittag war und wir keine Lust mehr hatten, etwas Neues zu unternehmen, entschieden wir uns, noch einmal ins Kino zu gehen:
Snowden
Im Sommer 2013 trifft sich der Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowdon (Joseph Gordon-Levitt) mit drei Journalisten (Tom Wilkinson, Melissa Leo und Zachary Quinto), um ihnen zu offenbaren, dass die CIA und die NSA im großen Stil die Kommunikation der amerikanischen Bürger abfängt und analysiert. In Rückblicken erzählt Snowden seine Geschichte, wie er von einem konservativen, durch die Anschläge vom 11. September stark patriotisch beeinflussten jungen Mann zu einem der bekanntesten Whistleblower unserer Zeit wurde.
Jeder kennt Snowdens Geschichte oder glaubt zumindest, sie zu kennen, und eigentlich ist es noch viel zu früh, seine Biografie zu verfilmen, da die Ereignisse, die er damals losgetreten hat, uns immer noch beschäftigen. Im Grunde erfährt man aus dem Film auch nichts grundlegend Neues oder Überraschendes, aber man bekommt einen tieferen Einblick in die Arbeitsweise der amerikanischen Geheimdienste und vor allem in Snowdens Charakter.
Es ist interessant zu beobachten, wie ein junger, technisch hochbegabter, politisch aber etwas naiver Nerd, dessen Wesen schon beinahe etwas Autistisches hat, sich zu einem reifen, verantwortungsbewussten Mann entwickelt, der es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren kann, dass sein Arbeitgeber, die amerikanische Regierung, das Recht mit Füßen tritt. Dieser Konflikt ist aufgrund der Tätigkeit Snowdens weitgehend ein innerer und spiegelt sich nur gelegentlich in den Auseinandersetzungen mit seiner liberal eingestellten, freigeistigen Freundin Lindsey (Shailene Woodley). So ist der Film in gewisser Weise auch eine zarte Liebesgeschichte, die aber insgesamt etwas zu kurz kommt.
Regisseur Oliver Stone verwendet die meiste Zeit darauf, Snowdens Werdegang aufzuzeichnen und zu zeigen, wozu die Geheimdienste fähig sind. Nichts davon ist überraschend, da man es schon lange aus den Enthüllungen kennt, aber immer wieder gelingen ihm ein paar aufschlussreiche Szenen. Inszenatorisch war Stone allerdings schon mal besser und vor allem bissiger.
Joseph Gordon-Levitt geht ganz in seiner Rolle auf und spielt den schüchternen Einzelgänger mit stiller Intensität. Der Film wartet mit jeder Menge prominenter Gaststars auf, zu denen Rhys Ifans, Joely Richardson und Nicolas Cage gehören.
Alles in allem ist es ein solides Bio Pic geworden, das durchweg unterhält und bisweilen sogar spannend ist. Die große Empörung bleibt aber aus – vielleicht weil man schon weiß, was hier enthüllt wird, vielleicht weil man sich trotz allem nicht wirklich betroffen fühlt. Und das sollte einem auch zu denken geben …
Note: 3+