Am Montag ging es früh raus. Wir hatten nicht nur einen langen Tag im Auto vor uns, sondern wollten überdies am Vormittag zum Great Sand Dunes National Park, der am schönsten im Morgenlicht aussieht.
Trotz guter Vorsätze sind wir dann doch ein wenig später losgefahren und kamen gegen neun Uhr an, was aber gar nichts gemacht hat, denn der Himmel war wolkig, und es wehte ein kräftiger Wind.
So etwas kann einen gewieften Wanderer jedoch nicht abschrecken, und sogar wir weniger erfahrenen Flachlandtiroler machten uns unverzagt auf den Weg, zumal immer wieder die Sonne rauskam. Der Weg führte zunächst über eine weite Ebene, an deren Ende die Sanddünen lagen, die von weitem gar nicht so hoch aussahen. Vor allem wenn man sie mit den Bergen dahinter verglich, deren Gipfel in den Wolken steckten. Später erfuhren und sahen wir, dass diese Berge viereinhalbtausend Meter hoch und mit Schnee sind.
Da die Ebene mit Sand bedeckt war, kam man nur langsam voran, und das Gehen war etwas mühsam. Verglichen mit dem Aufstieg war es jedoch der reinste Strandspaziergang. Man sank bei jedem Schritt in den nassen Sand ein, und als wir versuchten, die Dünen hochzuklettern, rutschten wir ständig seitlich weg. Es war eine Tortur, und man kann sich zurecht fragen, ob das Ganze die Mühe überhaupt wert ist.
Sie ist es. Abgesehen davon, dass es ein wunderbares Training für die Beine ist und man auf diese Weise die Kalorien der letzten zehn Mahlzeiten verbrennt, ist die Aussicht fantastisch. Die Dünen bilden steile Berge, lange Kämme und sanft gewellte Täler, die im Morgenlicht einfach zauberhaft aussehen – und außerdem macht es trotz aller Mühen verdammt viel Spaß! Übrigens sind die Dünen teilweise über zweihundert Meter hoch und damit die höchsten in Nordamerika. Wir sind allerdings nicht auf die höchsten Gipfel geklettert, sondern vielleicht auf 175 Meter.
Ein großer Nachteil war allerdings der Wind, der mit jedem Schritt, den wir dem Gipfel unserer Düne näherkamen, stärker wurde. Später haben wir herausgefunden, dass Windgeschwindigkeiten von bis zu siebzig Stundenkilometer herrschten, kein Wunder also, dass es uns mehrfach fast von der Düne geweht hätte. Der Sand peitschte uns ins Gesicht, das noch Stunden danach wie Feuer brannte – man hatte das Gefühl, vor einem Sandstrahler zu stehen, er kroch in jede Körperöffnung, füllte unsere Taschen und sogar die Socken. Als wir später wieder im Auto saßen und den Sand aus den Haaren und der Kleidung schüttelten, mussten wir feststellen, dass er trotz Jacken und T-Shirts auf der Haut klebte. Man fühlte sich wie ein paniertes Schnitzel …
Dass zusätzlich noch die Sonne immer wieder für längere Zeit hinter den Wolken verschwand, war vor allem für die Fotos ärgerlich. Alles in allem hat es dennoch Spaß gemacht. Am Visitor Center kann man sich sogar spezielle Rollstühle ausleihen, um gehbehinderten Personen die Erfahrung zu ermöglichen, sich einmal wie ein Beduine in einem Sandsturm zu fühlen, und Plastikschlitten gibt es dort auch, um damit von den Dünen zu sausen. Nachdem wir schon auf Schlamm skigefahren waren, wäre das noch eine weitere Möglichkeit gewesen, sich auf den Wintersport vorzubereiten, die wir jedoch verstreichen ließen.
Von den Sanddünen aus ging es nach Süden, wo das Wetter etwas besser war. Die Landschaft war weiterhin reizvoll, weshalb wir auch zwei Zwischenstopps eingeplant hatten, um sie zu genießen und das historische Erbe der Region zu besichtigen. Der Rio Grande del Norte ist ein sehr junger Nationalpark, der noch nicht einmal auf den Karten verzeichnet ist, weshalb wir ihn zunächst gar nicht gefunden haben. Irgendwann kam eine Abzweigung, die zu einem abgelegenen Bereich des Parks führt, nur gab es dort weder Karten noch einen Ranger, den man um Rat hätte fragen können. Am Ende entschieden wir uns dagegen, auf eigene Faust in den sehr weitläufigen Park vorzudringen, weil wir Angst hatten, dann nicht mehr herauszufinden.
Die zweite Enttäuschung bereiteten uns die Indianer. Wir wollten zu den Taos Pueblos, die jedoch wegen einer rituellen Veranstaltung am Montag leider geschlossen waren. Zeugen für die heiligen Zeremonien, die dort abgehalten werden, waren auch keine erwünscht, weshalb wir unverrichteter Dinge wieder umkehren mussten.
Stattdessen haben wir uns Taos angesehen, ein quirligen kleines Städtchen, das sich ganz dem Kunsthandwerk zu verschrieben haben schien. Eine Galerie reihte sich an die nächste, und dazwischen gab es Läden mit Souvenirs und indianischem Kunsthandwerk. Manche Stücke waren sogar durchaus sehenswert, auch wenn das Gros eher unter den Begriff Kitsch und naive Kunst fiel. Aber jedem wie es ihm gefällt. Touristen, die durch die Läden schlenderten, gab es jedenfalls zu Hauf.
Leider wurde der gesamte Verkehr durch die Stadt gelenkt, was es sowohl als Fußgänger als auch als Autofahrer extrem anstrengend machte, sich alles in Ruhe anzusehen. Taos ist wirklich eine hübsche Kleinstadt mit Häusern im Pueblo-Stil, Liebe zu dekorativen Details, Blumenschmuck und regionalen Geschäften. Die großen Ketten sucht man vergeblich, und das ist schon wieder sehr sympathisch. Am liebsten hätten wir auch dort gegessen, am besten in einem indianischen Restaurant, aber das gab es dann leider doch nicht, außerdem war es in den viel zu wenigen Lokalen ziemlich voll.
Wir machten uns also wieder auf den Weg nach Santa Fe, wo wir am späten Nachmittag ankamen. Für die nächsten Tage wird dies unser Hauptquartier sein. Direkt gegenüber unserer Hotelanlage, die wie ein kleines Dorf aussieht, befinden sich ein Ärztehaus und ein Krebszentrum. Daneben gibt es noch ein kleines Einkaufszentrums mit einem Supermarkt und mehreren Restaurants – eine insgesamt seltsame Mischung. Weil wir keine Lust mehr hatten, in die Innenstadt zu fahren, haben wir dann dort auch gleich in einem japanischen Lokal zu Abend gegessen.