Bei Colorado denke ich zuerst an die Lakritzmischung von Haribo, dabei schmeckt die mir überhaupt nicht. Vor sieben Jahren war ich das erste Mal in diesem Bundesstaat, aber nur im äußersten südwestlichen Zipfel, um mir indianische Ruinen anzusehen. Heuer haben wir uns weiter vorgewagt und sind am Samstag von Monticello (Utah) aus nach Grand Junction gefahren. Die große Kreuzung – irgendwie kein besonders schöner Name für eine Stadt. Andererseits klingen Darmstadt oder Schweinfurt auch nicht viel besser.
Da uns das klassische amerikanische Frühstück ein wenig zu viel wurde, kauften wir uns unterwegs in Moab einen Frühstücks-Burrito, nur um festzustellen, dass er im Prinzip keine anderen Zutaten enthält: Eier, Speck und Kartoffeln, nur eben in einen Tortillafladen gewickelt. Fehlten eigentlich nur die Pancakes mit Ahornsirup. Es gab allerdings auch Varianten mit Chorizo, Rindfleisch oder diversen anderen Zutaten, aber das war mir dann zu üppig am frühen Morgen.
Unser einziges Ziel unterwegs war das Colorado National Monument, ein kleinerer Park, der nur wenige Meilen hinter der Staatsgrenze liegt. Die Gegend hier sieht nicht viel anders aus als in Utah um Arches und Moab herum, vielleicht ist sie ein klein wenig grüner. Eine Straße führt hoch in die Berge hinauf und dann am Rand mehrerer zusammenhängender Canyons entlang. Unterwegs gibt es ein gutes Dutzend Haltepunkte, an denen man aussteigen, die herrliche Landschaft zu seinen Füßen bewundern und Fotos machen kann. In der Nähe des Visitor Centers hing dann auch eine wehmütige Melodie, gespielt von einer einsamen Flöte, in der Luft. Zunächst dachten wir, dass hinter irgendeinem Busch vielleicht ein Indianer sitzt, den die Parkverwaltung angestellt hat, doch später sahen wir, dass man an der Straße einen Lautsprecher aufgestellt hatte.
Einige Wanderwege gibt es natürlich auch, aber wir beließen es lediglich bei den Strecken vom Parkplatz zu den Aussichtspunkten. Zum einen weil man von dort viel mehr sieht, zum anderen weil wir von dem Gewaltmarsch am Vortag noch rechtschaffen müde waren. Trotzdem kamen insgesamt wieder ca. fünf Kilometer zusammen, und nach jedem Schritt schrien unsere Muskeln: Nein, nicht schon wieder!
Der nördliche Teil des Parks, in dem wir unsere Rundfahrt gestartet haben, ist mit Abstand der schönste und abwechslungsreichste. Entstanden ist der Park Anfang der Dreißigerjahre, und es war damals sicherlich eine Herausforderung, eine Straße in einer Höhe zu bauen, „in der sonst nur Vögel fliegen“. So ähnlich hat sich der Initiator, John Otto, ausgedrückt. Ein bisschen erinnerte die Fahrt entlang der Schluchten an den Canyon de Chelly – auch hier reicht es völlig, die Schönheit von oben zu betrachten.
Da es Wochenende war, waren auch relativ viele Leute unterwegs, und als wäre das noch nicht genug, fand ausgerechnet am Samstag ein Radrennen statt. Quasi die Tour de Colorado. Über zweitausend Teilnehmer quälten sich die Berge hoch – die höchste Erhebung hat immerhin über zweitausend Meter – und sausten auf der anderen Seite wieder ins Tal. Zum Glück für uns war das Gros schon wieder fort, als wir im Park ankamen, und die Nachzügler waren meist nur in kleinen Gruppen unterwegs. Wahrscheinlich war für sie auch die Flötenmusik gedacht, nur wäre ich bei dem Gedudel eher schlafend aus dem Fahrradsattel gekippt …
Der östliche Ausgang des Parks führt direkt nach Grand Junction, das auf den ersten Blick ziemlich proper wirkt: Saubere Straßen, schöne, gepflegte Häuser und jede Menge Platz. Wir kamen schon am frühen Nachmittag im Hotel an, was uns Gelegenheit bot, Wäsche zu waschen und noch im beheizten Pool zu planschen.
Das Abendessen wollten wir eigentlich in einem Bistro einnehmen, das über eine vorzügliche Küche und zahlreiche gute Kritiken verfügt, dummerweise war es ausgerechnet am Samstag wegen einer Hochzeit geschlossen. Ein venezolanisches Restaurant schien uns eine interessante Alternative zu sein, doch las sich die Speisekarte ziemlich kompliziert, weil man sich jedes Gericht quasi zusammenbasteln musste – genau der Grund, warum ich zum Beispiel kein mongolisches BBQ mag. Am Ende landeten wir in einem ordentlichen, aber leider nur durchschnittlichen China-Restaurant, in dem kaum Asiaten arbeiteten, dafür ein übereifriger junger Mann, der uns ständig fragte, wie uns das Essen schmeckt (meistens, wenn wir gerade den Mund voll hatten), und ein übermäßig tätowierter Glatzkopf, der aussah, als gehörte er zu den Hells Angels.