Box Office FocUS Oktober 2016

_focUSFür viele Menschen fängt nun im Oktober das lange Warten auf den Frühling an. Ich sehe das anders. Ich bin ein Fan jeder Jahreszeit. Der Oktober bringt gemütliche Abende vor der Glotze bei Tee und Kerzenschein und zeitgleich goldene Momente auf den Feldern, in den Wäldern und von Jahr zu Jahr auch mehr und mehr in den US-Kinos. Während es für den geneigten Zuschauer hierzulande im Oktober schon immer reichlich Nahrung gab, entwickelte sich in Übersee erst in den letzten Jahren eine verlängerte Holiday-Season. Nachdem wir in der Vergangenheit recht verwöhnt waren, müssen wir im Jahr 2016 vielleicht etwas kleinere Brötchen backen, aber wer weiß, vielleicht weiß ja einer der Filme zu überraschen. 

Wochenende 40 vom 7.Oktober – 9. Oktober 2016

  • Was auch immer passiert, den Preis für das beste Poster des Jahres von Insidekino, hätte „Girl on the Train“ wohl sicher, würde die Wahl noch stattfinden. Der Thriller, der aus ästhetischer und inhaltlicher Sicht recht deutlich an den Überraschungshit „Gone Girl“ angelegt ist, darf sein Glück ebenfalls im Oktober versuchen. Regisseur Tate Taylor begibt sich nach seinem riesigen Erfolg „The Help“ und der James Brown Biografie „Get on Up“ mit diesem Film erstmals auf völlig gegensätzliches Terrain. Mit 11 Millionen weltweit verkauften Exemplaren, davon 3 Millionen allein in den USA, ist der Thriller, genau wie Gone Girl, vorab bereits mit einer mehr als ordentlichen Fangemeinde gesegnet. Vielleicht auch deshalb lässt es Universal mit der Werbekampagne ein wenig schleppend angehen. Während „Gone Girl“ zu diesem Zeitpunkt bereits von den Kritikern gefeiert wurde und so in aller Munde war, hat es das Mädchen mit seinem Zug noch nicht in die Schlagzeilen geschafft. Da der Film sicher auch wieder ein älteres Publikum anspircht, ist die Onlineaktivität beileibe nicht alles, aber momentan sieht es nicht danach aus, dass der Erfolg aus dem Jahr 2014 in dieser Form wiederholt werden kann. $25m/$75m wären aber auch nicht zu verachten.
  • „Die Geburt einer Nation“ hat mittlerweile seinen 100. Geburtstag hinter sich, gilt als Stummfilmklassiker und gleichzeitig als rassistischer Grundstein der Neuformierung des Ku-Klux-Clans. In ironischer Anlehnung daran, benannte Regisseur und Hauptdarsteller Nate Parker sein Widerstandsdrama nach dem damaligen Originaltitel: „The Birth of a Nation“. Der Film behandelt die wahre Geschichte des aufständigen Sklaven Nat Turner, die im Staat Virginia auch im Jahr 2016 noch totgeschwiegen wird und in keinem einzigen Lehrplan zu finden ist. Traurig! In Zeiten, in denen die Kluft zwischen schwarz und weiß wieder bedenklich auseinanderzugehen scheint, ist ein Film wie dieser genau richtig platziert oder eben auch nicht. Wie so oft, alles eine Frage des Blickwinkels und der Lehre, die aus einem Film wie diesem gezogen wird. Vor einigen Jahren konnte „12 Years a Slave“ die Kritiker vollends überzeugen und brachte die Thematik zurück in die Köpfe der Menschen. Trotz Oscarbonus und erheblich mehr Starpower, blieb der Film im Heimatland jedoch hinter meinen Erwartungen zurück. Vielleicht war er einigen zu schmerzhaft? Das wird in „Die Geburt einer Nation“ sicher nicht besser. Hinzu kommt die angebliche, private Vergangenheit des Filmemachers, die einen zweifeln lässt, ob dieser Mann der richtige ist, eine solch wichtige Geschichte der Unterdrückung zu repräsentieren. Der Zuschauer muss es selbst entscheiden, ich könnte mir aber vorstellen, dass einige Damen vom Kauf eines Kinotickets, trotz starker Kritiken absehen werden. $8m/$25m
  • Die zweite Bestsellerverfilmung nach bewährtem Muster an diesem Wochenende heißt „Middle School: The Worst Years of my Life“. Sie erinnert verdächtig an die „Gregs Tagebuch“-Reihe, die im nächsten Jahr ebenfalls wieder aus der Mottenkiste gekramt wird. Aber nun erst einmal Bühne frei für den comiczeichnenden Helden aus der Feder von Bestsellerautor James Patterson. Bald wieder „Gilmore Girl“ Lauren Graham dürfte der bekannteste Name sein, der sein Herzblut in den Film investiert hat. Die größte Überraschung ist allerdings, dass es nicht Jennifer Garner ist, die die Rolle übernommen hat, war sie doch gefühlt an jedem ähnlich gelagerten Film in den vergangenen 3 Jahren beteiligt . Vor genau 2 Jahren landete Disney mit „Die Coopers: Schlimmer geht immer“ (und Jennifer Garner), einem vergleichbaren Film, einen soliden Hit. Für den zuletzt leidgeplagten Verleih Lionsgate, ist die Aussicht nicht ganz so rosig. Für Disney ist es ein Leichtes, einen Familienfilm zu verkaufen, an deren Marketing hätte man sich aber eine Scheibe abschneiden können, denn es scheint nicht, als wäre „Middle School“ bei der breiten Masse bisher angekommen. Vielleicht spricht sich der Film ja noch herum und erreicht $7m/$20m.

Wochenende 41 vom 14.Oktober – 16. Oktober 2016

  • Und weiter geht es im Herbst der Erwachsenenfilme. Nicht DIESE Art von Erwachsenenfilmen, sondern die, die auf eine Zielgruppe jenseits der 30 schielt. Ben Affleck ist in Filmen dieser Art immer häufiger zu sehen und so hat er es sich auch nicht nehmen lassen, die Hauptrolle in „The Accountant“ zu übernehmen. Zum 2. Mal im Jahr 2016 nimmt Gavin O’Connor Platz auf dem Regiestuhl und möchte diese Chance sicher nutzen, den Flop „Jane Got a Gun“ vergessen zu machen. Die Erfolgschancen stehen gut, mit Ben Affleck und der Thematik sollte der Film, so zumindest verspricht es die jüngste Vergangenheit, eine sichere Bank für Warner Bros darstellen. Das Interesse am Film ist zwar noch ausbaufähig, die eigentliche Zielgruppe dürfte allerdings nicht allzu internetaffin sein, weswegen die Kernpromotion da wohl auf anderem Wege stattfinden wird. Es gab in jedem Fall zuletzt genügend Filme, vor denen der Trailer hervorragend platziert werden konnte, sodass mit dem Streifen $18m/$65m in die Kinokassen spülen sollten.
  • Kevin Hart ist unbestritten einer der größten Comedy-Stars dieses Jahrtausends. Seine Filme erreichen stets die Massen, zuletzt in diesem Sommer in „Central Intelligence“ geschehen. Kevin Hart ist aber nicht nur Schauspieler, sondern auch ein überaus erfolgreicher Stand-up Comedian. So erfolgreich, dass er im vergangenen Jahr eine Show vor über 50.000 begeisterten Zuschauern in Philadelphia spielte. Diese wurde, wie bereits „Kevin Hart: Laugh at my Pain“ und „Kevin Hart: Let me Explain“, aufgezeichnet und wird nun unter dem Titel „Kevin Hart: What Now?“ von Universal im Kino ausgewertet. Einen solchen Film einzuschätzen ist immer schwierig, da Trailerklicks oder ähnliches hier kaum zählen und die Entscheidung, den Film sehen zu wollen, eher eine Fan-Entscheidung sein wird. Vor 3 Jahren spielte „Let Me Explain“ über $30Mio ein. Einen verlängerten Feiertagsstart wird es diesmal nicht geben und ich denke, der Sommertermin ist allgemein passender, aber $11m/$25m sind für einen Konzertfilm sicher nicht von schlechten Eltern.
  • Die filmische Totgeburt des Monats, vielleicht sogar des Jahres, stellt Open Road Films mit seiner (und Mattels) Spielzeugverfilmung „Max Steel“ an diesem Wochenende vor. Was wohl einst seitens Paramount als Big-Budget-Gegenstück zu Hasbros „Transformers“-Reihe geplant war, verkam im Laufe der Jahre zu dem, was der dilettantische Trailer zu Tage förderte. Halbgar, unwitzig und mit guten Willen auf TV-Niveau, erinnert das alles doch sehr an die 2009er-Gurke „Dragonball Evolution“. Auch Max Stell war einst eine Animationsserie, etwa 15 Jahre liegt das nun zurück. Wie sich die Dinge doch ähneln können. Zwar findet man bei Youtube einen Trailer, der 18 Mio Mal geklickt wurde, wie das zustande kam ist mir allerdings ein Rätsel. Sonstige Onlineaktivitäten sind absolut vernichtend, vermutlich hat der Verleih sich auch gar nicht erst bemüht, den Film vernünftig zu bewerben. Den ersten Trailer gab es dazu überhaupt erst vor knapp 2 Monaten. Da man davon ausgehen kann, dass der Film doch einige Milliönchen in der Produktion verschlungen hat, kann man bei einem Ergebnis von $5m/$10m durchaus von einem Desaster sprechen.

Wochenende 42 vom 21.Oktober – 23. Oktober 2016

  • Und weiter geht es mit der Bespaßung der Ü-30-Herren. 4 Jahre nach dem Original, in meinen Augen mal wieder viel zu spät, schlüpft Tom Cruise wieder in die Rolle des Jack Reacher. Paramount spendierte dem Sequel, was eigentlich ungewöhlich ist, sogar ein Upgrade in Sachen Regie. Edward Zwick ist alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. Dass er nun erstmals die Leitung in einer Fortsetzung übernimmt, zeigt, dass auch er schon bessere Zeiten gesehen hat. Teil 1 lief, vor allem dank der Weihnachtsferien, überaus erfolgreich. Es ist jedoch das typische Material, das eigentlich nicht nach einem Sequel schreit. Hinzu kommt die lange Pause zum Vorgänger, die Konkurrenz in diesem Monat und die Masse an Filmen an diesem Wochenende, die es „Jack Reacher: Kein Weg zurück“ alles andere als leicht machen werden. Für den Film spricht in jedem Fall sein Einsatz im IMAX und die klassische, geradlinige Action. Nicht zu vergessen natürlich Tom Cruise, dessen Karriere sich nach einer Durststrecke massiv erholen konnte. Teil 1 wird wohl nicht noch einmal erreicht, aber $22m/$65m wären ein annehmbares Ergebnis.
  • Die erste Komödie an diesem Wochenende richtet sich speziell an das afroamerikanische Publikum. Der siebte Streich von Tyler Perrys Kultfigur Madea steht in den Startlöchern. Lionsgate scheint nun alle Feste abzuarbeiten, denn nach dem Weihnachtsfest, gibt es mit „Boo! A Madea Halloween“ nun folgerichtig den Film zum Geisterfest. Kein Beitrag der Reihe hat bisher weniger als $50m eingespielt, wenngleich der Trend der letzten Filme eher nach unten zeigt. Dennoch, der Name Tyler Perry ist noch immer eine Bank und bei den erwartet geringen Produktionskosten, wird auch dieser Teil wieder Gewinn machen. Der Trailer wurde, zumindest via Facebook, sehr häufig geklickt, eine Fangemeinde scheint also noch immer vorhanden. Durch den Halloweenbezug, sollte dem Film auch ein passables zweites Wochenende gelingen. Insgesamt scheint der Film die besseren Chancen haben, die erfolgreichste Komödie des Monats zu werden. Dies könnte sich in $15m/$40m ausdrücken.
  • Und weiter geht es mit Sequel oder besser Prequel #3 an diesem völlig überladenen Wochenende. Da wir straff auf Halloween zugehen, darf ein Horrorfilm natürlich nicht fehlen. „Ouija – Spiel mit dem Teufel“ startete vor genau 2 Jahren zu diesem Termin und wurde für Universal nach anfänglich absurden Budgetüberlegungen zu einem echten Cashgrabber.  Klar, dass Teil 2 da nur eine Frage der Zeit war, vor allem da das finanzielle Risiko bei einem Budget von abermals nur $6m verschwindend gering ist. Am PG-13-Erfolgsrezept hält man auch für „Ouija 2: Ursprung des Bösen“ fest. Anders als Filme wie „Lights Out“, schaffte man es aber nicht, einen atmosphärischen oder gruseligen Trailer abzuliefern. Da „Rings“ abermals verschoben wurde, ist die Hasbro-Verfilmung nun der einzige Horrorfilm weit und breit und allein deswegen schon im Fokus der Genrefans. Einige werden sicher vom faden Trailer abgeschreckt und ihren Blick auf zukünftige Projekte richten, dass man den PG-13 Horror aber niemals unterschätzen darf, das lehrte uns die Vergangenheit bereits mehrfach. Das Original wird wohl nicht erreicht werden, aber vielleicht kann der Verleih noch einmal $12m/$30m einstecken.
  • Weshalb dieser Film an diesem Wochenende starten muss, das weiß wohl nur 20th Century Fox. 5 Filme, 2 Komödien, absoluter Irrsinn. Da wurde „Die Jones – Spione von Nebenan“ schon verschoben, nur um jetzt auf diesem undankbaren Termin zu landen. Nächste Woche wäre gegen „Inferno“ deutlich mehr Luft zum Atmen gewesen, nun muss die zweite Zach Galfianakis-Komödie innerhalb eines Monats eben hier sein Glück versuchen. Mit Isla Fisher, Jon Hamm und Gal Gadot, der ikonischen Wonder Woman, ist der Film zumindest sehr gut besetzt. Inhaltlich wirkt alles wie eine unausgegorene Mischung aus „Mr. & Mrs. Smith“ und „Bad Neighbors“. Der Trailer ist okay, hat aber, ähnlich wie der Flop „Masterminds“ am vergangenen Wochenende, kaum große Lacher zu bieten. Die Onlineaktivität rund um den Film lässt bisher ebenfalls noch zu wünschen übrig. Comedy-Fans hatten im September und Oktober allerdings nicht allzu große Auswahl, sodass der Hunger nach ein paar lustigen Stunden am Ende für $9m/$25m sorgen sollte.
  • Zum Schluss darf sich auch noch das auf christliche Filme spezialisierte Studio Pure Flix an diesem Wochenende austoben. Da ich ehrlich gesagt nach Sicht des Trailers von „I’m not Ashamed“ keine große Lust habe einen Film zu beschreiben, der eine Tragödie und ein Opfer dieser Tragödie für eigene Zwecke missbraucht, belasse ich es bei der Prognose von $4m/$12m und hoffe, dass die Youtube-Kontroverse keinen positiven Werbeeffekt hat.

Wochenende 43 vom 28.Oktober – 30. Oktober 2016

  • Ein Wochenede ganz für sich alleine bekommt Robert Langons dritte Kinoschnitzeljagd „Inferno“ von Verleih Sony spendiert. Die Dan Brown-Verfilmung setzt auf Altbewährtes und wartet erneut mit dem Erfolgs-Duo Hanks & Howard auf. Während Tom Hanks gerade mit „Sully“ einen echten Hit landen konnte wartet Howard auf einen solchen seit, richtig, „Illuminati“, dem letzten Langdon-Film. „Das verlorene Symbol“, obwohl einst als Sequel geplant, wurde schlicht übergangen. Angesichts der furchtbar zähen Romanvorlage die richtige Entscheidung. „Inferno“ dagegen konnte sich qualitativ durchaus wieder mit den ersten beiden Megaerfolgen messen und auch für Nachschub ist bereits gesorgt, denn bald erscheint Band #5 in den Buchläden unseres Vertrauens. In den USA war die Luft für die Reihe mit „Illuminati“ bereits etwas raus und auch für die Fortsetzung sieht es erst einmal nicht viel besser aus. Vielmehr ist ein weiterer Rückgang zu erwarten. Auch dieser Film setzt seine Hoffnungen sehr wahrscheinlich in ein etwas älteres Publikum, das in diesem Monat einige Entscheidungen zu treffen hat, bzgl. ihres präferierten Filmes. Ich denke, dass es mit  $31m/$100m ganz knapp zum Meilenstein reichen wird.

Und damit ist der Oktober auch schon wieder durch. Jetzt gibt es noch 2 Monate Vollgas und dann freuen wir uns schon wieder auf den März 2017. Verrückt, wie schnell die Zeit vergeht und das Jahr an einem vorüberzieht. Aus Kinosicht kann der Endspurt aber nicht früh genug kommen. Nach einem Sommer voller Enttäuschungen und einem Herbst ohne große Überraschungen, sind wir gewappnet für ein großes Kinofeuerwerk zum Jahresausklang.