Unser Bed and Breakfast in Monticello befindet sich in einer alten, umgebauten Getreidemühle, weshalb es auch The Grist Mill Inn heißt. Die Zimmer sind groß, besitzen aber manchmal einen etwas ungewöhnlichen Grundriss oder unterschiedlich hohe Decken, und weil es ein sehr altes Gebäude ist, sind die Böden krumm und schief. Das hat Charme, führt aber mitunter dazu, dass man das Gefühl hat, zu schwanken wie ein Seemann auf Landgang. Im obersten Stock befindet sich sogar eine kleine Bibliothek, die ich mir noch genauer ansehen muss, es gibt ein Fernsehzimmer und eine Küche, in der man sich selbst etwas zu essen zubereiten kann, wenn einem im Urlaub der Sinn danach steht. Mir nicht, sonst könnte ich auch campen.
Den Mittwoch wollten wir etwas gemütlicher angehen lassen. Als erstes fuhren wir zum Visitor Center im Arches National Park. Außer uns hatten noch einige Dutzend andere Leute dieselbe Idee weshalb die Fahrzeugschlange am Einlass endlos war. Wir wollten ursprünglich eine von Ranchern geführte Tour zu einer Stelle im Park buchen, zu der man sonst nicht gelangt, aber leider waren sämtliche Termine für diese Woche schon vergeben.
Nach dieser kleinen Enttäuschung fuhren wir zu einem Denny’s, um in Ruhe zu frühstücken und unsere Pläne zu ändern. Seit relativ kurzer Zeit gibt es auf der Speisekarte auch Buttermilch-Pfannkuchen, und ich war neugierig, ob sie wohl genauso gut schmecken würden wie die in Las Vegas. Ich entschied mich für die Variante mit Erdbeeren und weißer Schokolade, und sie waren auch ziemlich lecker, aber die anderen sind trotzdem besser …
Ein ganzes Stück außerhalb von Moab beginnt die La Sal Mountain Loop Road, die 63 Meilen lang ist und durch eine wunderschöne Landschaft führt. Das nördliche Ende folgt dem Colorado River, der sich durch ein sattgrünes Tal schlängelt, das an beiden Seiten von einer Mauer aus Tafelbergen im kräftigen Rot-Braun begrenzt wird. Boote kreuzen auf dem Wassern, und an den Ufern reihen sich Ranches und Campingplätze aneinander. Nach einer Weile mussten wir den idyllischen Fluss leider hinter uns lassen und kamen in eine kargere, aber dennoch pittoreske Landschaft, die entfernt an Monument Valley erinnert.
Unser Ziel waren die Fisher Towers, die sich etwas abseits der Straße befinden. Der Parkplatz war schon recht gut gefüllt, obwohl die Wanderung, die um die Felswände und –türme herumführt, ziemlich anstrengend ist. Anscheinend gibt es doch genug Amerikaner, die in ihrem Urlaub solche Strapazen auf sich nehmen …
Und es war in der Tat eine Strapaze. Der Weg führte steil bergab bis zu einem trockenen Flusslauf, dann wieder hinauf und hinab und immer so weiter, während man gleichzeitig eine Flanke des Bergmassivs umrundete, aus dem die drei großen und etlichen kleineren Formationen herausragen. Dabei eröffneten sich immer neue, interessante Ausblicke auf die Felsen, die sich himmelhoch über unsere Köpfe erhoben. Dass es dabei noch dreißig Grad heiß war, machte es nicht gerade angenehmer. Andererseits ist es gerade in Los Angeles mit vierzig Grad sogar noch wärmer …
Nach anderthalb Meilen erreichten wir eine Stelle, an der man den besten Blick auf The Titan hat, den größten und beeindruckendsten Turm des Herrn Fisher. Danach wäre es noch eine knappe Meile weiterhin bergauf und bergab gegangen, bis man das Massiv ganz umrundet hat, aber es sollte ja ein etwas gemütlicherer Tag werden, also machten wir uns auf den Rückweg.
Die La Sal Mountain Loop Road führte anschließend an einigen jener beeindruckenden Tafelberge vorbei, die uns schon während der Anfahrt und auf unserer Wanderung aufgefallen waren. Farmen säumten die Straße, und gerade als es anfing, ein wenig eintönig zu werden, erreichten wir den Manti-La Sal National Forrest. Plötzlich ging es nur noch bergauf, die Straße bestand größtenteils aus Schlaglöchern, und wir fragten uns, ob es nicht besser gewesen wäre umzukehren. Doch der Ausblick war einfach fantastisch! Das gesamte Tal mit den Tafelbergen, dem leuchtenden Gelb-Grün des Weidelands und den letzten Schleifendes Colorado Rivers lag nun unter uns im sanften Licht der Nachmittagssonne. Und immer, wenn wir dachten, jetzt hätten wir endlich den höchsten Punkt der Strecke erreicht, ging es nach einer Biegung noch weiter nach oben. Als wir endlich am höchsten Punkt ankamen, lagen die majestätischen Tafelberge plötzlich weit unter uns. Die höchste Erhebung in dem Gebiet hat übrigens knapp viertausend Meter, aber so hoch waren wir dann doch nicht.
Es war zweifellos eine der schönsten Strecken, die wir je gefahren sind, was aber auch an dem bunten Herbstlaub lag, das dem Wald eine zauberische Note verlieh. Später kamen wir an eine Stelle, an der es vor Jahren gebrannt haben musste. Die verkohlten Überreste von Bäumen und Sträuchern ragten noch in das Blau des Himmels, doch es waren jede Menge neuer Büsche nachgewachsen, deren Blätter alle möglichen Schattierungen von Gelb und Rot aufwiesen und die das gesamte Tal und die Hänge der umliegenden Berge bedeckten. Da es kaum Verkehr gab, war es sehr still, nur das Muhen vereinzelter Kühe, die hier friedlich vor sich hin grasten, erfüllte die Luft. Die Temperatur war bedingt durch die Höhe um zehn Grad gefallen.
Als wir den Wald verließen, säumten zahlreiche Häuser die Straße, darunter auch etliche Berghütten, die man mieten kann. Wer gerne klettert, Mountainbike fährt, wandert oder mit dem Boot den Colorado erkundet, kann hier viel Spaß haben; es ist allerdings auch sehr abgelegen. In Serpentinen führte die Straße schließlich wieder hinab in die Ebene und weiter nach Moab.
Dort haben wir in einem kleinen mexikanischen Restaurant zu Abend gegessen. Die Gerichte waren überraschend gut, zumindest besser als in dem hochgelobten Lokal in Cedar City, in dem wir vor ein paar Tagen zu Gast waren. So endete unser nicht ganz so gemütliche Tag in Moab.