Besser liegen im Kino

Der heutige Tag begann zwar nicht mit einer Fiesta, aber dafür mexikanisch: mit Melletes. Bei diesem Frühstück für Latinos handelt es sich um Baguettebrötchen, die ein wenig ausgehöhlt, mit Bohnenmus gefüllt und dann mit Käse überbacken werden. Ungewöhnlich für europäische Gaumen (zumindest zu dieser Tageszeit), aber sehr lecker.

Solchermaßen gestärkt, ging es in die South Bay Galeria, eine hübsche, aber nicht sonderlich große Mall mit einem Kino. Hier hat sich seit dem letzten Jahr nicht viel verändert, außer dass nun ein Miniaturzug seine Runden dreht und laute Pfiffe den Besucher erschrecken. Ein, zwei Leute, meist Erwachsene, saßen sogar drin.

Das AMC-Kino wurde vor einiger Zeit in ein Luxus-Kino umgewandelt, die erste Vorstellung am Vormittag kostet allerdings nur die Hälfte ($6,49!!!) des sonst recht üppigen Eintrittspreises, weshalb wir es gleich einmal ausprobiert haben. Breite, dick gepolsterte Sitze mit einem kleinen Tisch, der an einer Lehne befestigt ist und den man zu sich heranziehen kann, laden zum Verweilen ein. Der Look erinnert entfernt an die Tische aus meiner Schulzeit, nur haben wir damals nicht so bequem gesessen. Was heißt hier überhaupt sitzen? Man kann quasi liegen, man muss nur per Knopfdruck die Beinestütze hoch- und die Lehne runterfahren und schon kann man sich in den Sessel fläzen. Das ist gemütlich, bei langsamen Filmen aber auch ziemlich gefährlich. Bei der Wahl unseres Films bestand allerdings kein Risiko:

Don’t breathe

Rocky (Jane Levy), Alex (Dylan Minnette) und Money (Daniel Zuvatto) brechen in Häuser ein, die Alexʼ Vater in seiner Sicherheitsfirma bewacht. Ein Tipp führt das kriminelle Trio zu dem Haus eines Blinden (Stephen Lang), der angeblich eine Menge Bargeld besitzt. Doch sehr schnell müssen sie feststellen, dass der Ex-Soldat zwar behindert, aber keines wehrlos ist – und mehr als nur einen Haufen Geld in seinem Keller versteckt …

Die Konstellation erinnert stark an den Audrey Hepburn-Klassiker Warte, bis es dunkel ist, nur dass die Eindringlinge hier die (Anti-)Helden sind. Die Ausgangssituation ist ziemlich klischeehaft, denn Rocky will vor allem von ihrer fiesen Mutter fort, Alex hat die meisten Skrupel, macht aber nur mit, weil er in Rocky verschossen ist, und Money ist ein geldgieriges Arschloch. Sympathisch werden sie erst mit der Zeit, wenn der Zuschauer herausfindet, dass derjenige, den sie berauben wollen, ein noch viel schlimmerer Mensch ist als sie.

Was der blinde Mann, dem die Autoren nicht einmal einen Namen gegönnt haben, alles zu verbergen hat, sei hier nicht verraten, verleiht der Geschichte aber eine schicksalhafte Note und der Figur eine Tiefe, die man nicht erwartet hätte. Darauf hätten die Macher aufbauen und die moralischen Dimensionen der Geschichte noch weiter ergründen können, worauf sie leider verzichtet haben.

Stattdessen bekommt man als Zuschauer einen reinrassigen und hochspannenden Thriller geboten, der in jeder Szene eine dramatische Steigerung findet, auch wenn diese manchmal etwas übertrieben oder sogar unlogisch wirkt. Auch die einzelnen Wendungen, die die Geschichte nimmt, kennt man bereits aus anderen Filmen dieses Genres. Dass in der Inszenierung immer und immer wieder noch eins draufgesetzt wird, wirkt in der Summe etwas formelhaft, doch die guten Darsteller machen diese Schwächen des Buches wieder wett, so dass man sich neunzig Minuten lang gut unterhalten fühlt. Und das ist heutzutage ja schon fast eine Seltenheit.

Note: 2-

Nach dem Film bekamen wir Hunger und kehrten bei meinem Lieblingsimbiss ein: Der California Fish Grill ist vor allem für seine Meeresfrüchte berühmt und besitzt inzwischen fast zwanzig Filialen in der Stadt der Engel. Meine allerliebsten Speisen sind auch nach elf Jahren immer noch die gegrillten Zucchini, die einen samtig-rauchigen Geschmack besitzen, was bei einem ansonsten recht faden Gemüse geradezu erstaunlich ist. Leider verraten sie nicht ihr Geheimrezept, und am Ende ist es wahrscheinlich einfach nur Salz mit künstlichem Raucharoma, aber diese Illusion will ich mir auch nicht rauben lassen. Daneben essen wir fast immer den Shrimp-Burrito, zu dem es auch hervorragende hauseigene Salsas gibt, und als Vorspeise die beste Calm Showder Soup südlich von San Francisco. Am liebsten würde ich jede Woche dort speisen …

Der Rest des Tages war nicht weiter erwähnenswert und bestand vor allem in Reisevorbereitungen. Am Samstag geht es endlich los, zum Wandern in die Wüste.

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Mark G. & Pi Jay in La-La-Land 2016 und verschlagwortet mit , , , von Pi Jay. Permanenter Link zum Eintrag.

Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.