Wieder ein ereignisloser Tag in Südkalifornien. Man könnte meinen, dass wir unsere Kräfte für die vierzehn Tage Action und Abenteuer aufsparen, die am Samstag beginnen, aber ganz so einfach ist es nun doch nicht. Tatsächlich wollten wir heute ins Kino gehen, haben dann aber zweimal die Anfangszeiten verpasst und am Ende etwas völlig Banales getan. Doch der Reihe nach …
Zum Frühstück habe ich etwas Neues ausprobiert: Chorizo mit Rührei und Tortillas. Klingt nicht wirklich innovativ, ist es eigentlich auch nicht, schmeckt aber ganz gut. Erwähnenswert ist daran nur, dass die mexikanische Chorizo sich von der uns bekannten spanischen Variante dahingehend unterscheidet, dass sie weich ist und nicht luftgetrocknet wird. Sie erinnert eher an eine deutsche Bratwurst, nur eben mit Chili gewürzt. Und die Tortillas stammen aus einer kleinen Manufaktur in Nordmexiko, die sich auf diese etwas dickere Sorte spezialisiert hat, in die sofort nach dem Pressen kleine Taschen geschnitten werden. Eine ziemlich mühselige Arbeit, kann ich mir vorstellen, aber gefüllt mit der krümeligen Chorizo und dem Rührei ergibt sich ein knusperiges, würziges Frühstück, das wirklich lecker war.
Als Vorbereitung auf unsere Rundreise haben wir uns bei Costco’s mit Proviant eingedeckt – Wasser, Cola, Chips und Nüsse, was man halt so in der Wüste alles braucht. Wer Costco noch nicht kennt: Es ist ein Großmarkt, vergleichbar mit Metro oder Fegro in Deutschland, in dem auch normale Konsumenten einkaufen können, sofern sie eine Mitgliedschaft erwerben. Der perfekte Ort, wenn man zu Hamsterkäufen neigt oder sich Vorräte für den Dritten Weltkrieg anschaffen möchte. Fünf Kilo-Beutel Reis, drei Liter Mundwasser oder ein Glas mit Aspirin, dessen Inhalt für den Rest des Lebens reicht, werden hier ebenso verkauft wie Restposten von Designerjeans oder riesige Flachbildschirme. Und die Grippeimpfung kostet in der hauseigenen Apotheke nur 14,99 Dollar. Sollte Trump gewählt werden, haben sie vielleicht auch Atomschutzbunker im Angebot, Parkettböden und Gartenmöbel kann man schon heute bestellen. Seltsamerweise wird das Obst nicht kiloweise verkauft, sondern einzeln in Plastik verschweißt.
Nach diesem Ausflug in die Wunderwelt der Waren waren wir hungrig und machten uns auf zu Rascal’s, Mark G.s Lieblingsimbiss. Als Faustregel in den USA gilt: Wenn man etliche Polizisten, Feuerwehrleute oder Sanitäter in einem Restaurant oder Imbiss entdeckt, die gerade kein Verbrechen aufklären, sondern Mittagspause machen, ist das ein Zeichen für gutes und preiswertes Essen. Rascal’s macht das beste Chicken Teriyaki von Los Angeles, das nur noch von ihrer Salatsauce übertroffen wird. Die Kombination aus Hühnchen und Hühnchensalat ist auf den ersten Blick vielleicht seltsam, schmeckt aber ausgesprochen gut.
Danach wollten wir ins Kino, waren aber für die meisten Vorstellungen schon zu spät dran. Also unternahmen wir einen Abstecher in die Del Amo Mall, um ein wenig zu bummeln – und kamen dann für die nächsten Vorstellungen wieder zu spät. Schuld ist die Weitläufigkeit der Anlage, die mit immer neuen Abzweigungen und Gängen überrascht, bis man sich am Ende hoffnungslos in diesem Labyrinth verlaufen hat. Gekauft haben wir natürlich so gut wie nichts, aber dafür haben wir wenigstens unser Mittagessen abtrainiert.
Am Ende waren wir schlichtweg zu müde, um noch etwas anderes zu unternehmen und landeten mit einer DVD auf der Couch:
Hello, My Name Is Doris
Doris (Sally Field) ist bereits über sechzig, als sie sich noch einmal so heftig und hoffnungslos wie ein Teenager in ihren wesentlich jüngeren Kollegen John (Max Greenfield) verliebt. Tatsächlich findet John Doris ungeheuer nett, wenn auch auf eine etwas schräge Art, und sie werden gute Freunde. Doch eines Tages stellt John ihr seine neue Freundin vor …
Es gibt Filmfiguren, die schließt man bereits bei ihrem ersten Auftritt ins Herz und behält sie dort ein Leben lang. Doris gehört dazu. Sie ist wunderbar schräg, reichlich naiv, eine Chaotin und ein Messie, aber sie besitzt auch ein großes Herz und ist selbst im fortgeschrittenen Alter noch offen für neue Erfahrungen, weil sie nie verlernt hat, sich über die Welt zu wundern. Regisseur Michael Showalter, der auch am Drehbuch mitgeschrieben hat, liefert eine leidenschaftliche Liebeserklärung an Außenseiter und Exzentriker ab, und das einzige, was man bedauern kann, ist, dass er nicht mutiger war und sich intensiver mit Doris auseinandergesetzt hat. Man erfährt zwar einiges, letztlich aber zu wenig über diese schillernde Figur und ihre Welt und hätte sie gerne noch länger auf ihrem Weg begleitet.
Das eigentliche Wunder dieses Films ist Sally Field, die einmal mehr beweist, was für eine großartige Komödiantin sie ist. Jede Szene mit ihr ist wie ein Geschenk. Ein wunderbarer, warmherziger und teilweise zum Brüllen komischer Film, der – warum auch immer – noch keinen deutschen Verleih gefunden hat.
Note: 2