Fun mit Harry, Bart und Zombies

usa20Eine wirklich lästige und unangenehme Begleiterscheinung des Lebens in Los Angeles sind die Erdbeben. Am Montagabend durften wir erneut eines erleben, es gab einen lauten Rumms, gefolgt von einem kräftigen Ruckler und das war’s dann auch schon. Es fühlte sich an, als würde man in einem Zug sitzen, an den gerade ein weiterer Waggon angekuppelt wird, also nicht wirklich beängstigend und schneller vorbei, als man „Erdbeben“ aussprechen kann. In der Nacht hat die Erde ein weiteres Mal gebebt, was ich glücklicherweise verschlafen habe, und dann noch einmal, als ich gerade unter der Dusche stand. Ausgerechnet das Beben war am kräftigsten, aber auch nicht dramatisch. Insgesamt hat es zwei Erdstöße über 2 und zwei weitere über 3 auf der Richter-Skala gegeben. Mal sehen, was noch so kommt.

usa19Normalerweise fahren wir am ersten Tag in L.A. immer an den Strand, aber am Montag war es dafür zu nebelig, und am Dienstag wollte eine Freundin mit uns in die Universal Studios. Wer könnte dagegen schon etwas einwenden? Ich war zuletzt vor elf Jahren dort, und seither hat sich einiges verändert. Die Simpsons sind nun dort ebenso zu Hause wie Harry Potter und die Zombies von The Walking Dead – nun ja, es hat vielleicht schon seltsamere Nachbarn gegeben …

usa18Verglichen mit Disneyland sind die Universal Studios wesentlich kleiner, vom Preis her jedoch vergleichbar. Wir haben uns entschieden, für nur vier Dollar mehr gleich den Season Pass zu kaufen, weil wir in ein paar Wochen mit einigen Freunden aus Deutschland noch einmal hin wollen. Jetzt können wir bis Ende Februar so oft wir wollen Achterbahn fahren.
Apropos Achterbahn: Der Trend in den Fahrgeschäften geht immer mehr weg von den traditionellen Karussells, in denen man vor allem im Kreis herumgewirbelt wird, und dafür hin zu aufwändigen High-Tech-3-D-Wir-schütteln-euch-durcheinander-bis-eure-Knochen-klappern-Attraktionen. Meistens sitzt man in einer mehr oder weniger beengten Kabine, starrt auf eine riesige Leinwand, auf der in 3D Transformers kämpfen, Harry Potter Quidditch spielt, die Minions Unsinn treiben oder die Simpsons vor einem Serienmörder fliehen. Und auf der Studio-Tour, die immerhin auch einen Blick hinter die Kulissen erlaubt, oder die alten Sets von Der weiße Hai, Erdbeben und Krieg der Welten wiederbelebt, gerät man noch zusätzlich in den Kampf zwischen King Kong und den Sauriern bzw. in eine Verfolgungsjagd mit der Fast & Furious-Crew. Überhaupt wird in diesen Fahrgeschäften sehr viel gekämpft, so dass man wie eine virtuelle Flipperkugel hin und her geschossen wird, was sich dank moderner Technik eins zu eins auf die Sitzgelegenheit übertragen lässt. Die Projektion erinnert zwar mehr an ein älteres Videospiel, aber immerhin schaffen sie es, sehr gekonnt die Illusion von Geschwindigkeit zu erzeugen. Vor den Sitzen gibt es meistens ein Netz, in dem man seine Siebensachen verstauen kann, damit sie nicht durch die Gegend fliegen, und eigentlich sollten dort auch Spucktüten zu finden sein.

usa15Wenn man nicht herumgeschleudert wird, spritzen sie einem Wasser ins Gesicht. Mal spuckt einen eine Riesenspinne an, dann wieder ein Saurier, oder bei einer Verfolgungsjagd spritzt Wasser vom Asphalt auf. Bei rund dreißig Grad im Schatten ist das aber sehr angenehm, zumindest wenn man wieder im Freien ist. Richtig nass werden kann man immer noch im Jurassic Park-Ride, bei dem man mit etlichen anderen Besuchern im sprichwörtlichen selben Boot sitzt. Einige Spielverderber tragen sogar Regenponchos, aber denen entgeht das Beste. Ich habe mich notdürftig mit meinem Hut geschützt, so dass ich einigermaßen trocken blieb – nur um in dem Moment, als ich ihn für ein Schlussfoto abnahm, von einem blöden Saurier einen eimervoll Wasser mitten ins Gesicht zu bekommen.

Ach ja, die Fotos. Man wird ständig dabei fotografiert, wie man durchgeschüttelt oder herumgewirbelt wird und darf sich dann hinterher über die dämlichen Gesichter ärgern, die man schneidet. Abgesehen von diesen sündhaft teuren Souvenirs macht natürlich jeder seine eigenen Bilder. Mit uns waren gleich drei koreanische oder japanische Reisegruppen unterwegs (alle hatten dieselben Shirts an, nur in unterschiedlichen Farben), die alles geknipst haben, was ihnen unter die Linse kam. Vermutlich sind wir nun auf Dutzenden Facebook-Seiten in Asien präsent.

usa17Am neugierigsten waren wir wohl auf das Harry Potter-Land, und man kann die Detailfreude und Verspieltheit der Entwickler nur loben. Hogwarts sieht zwar düster aus, erinnert aber sehr an die Filme, und auf dem langen, langen Weg zum Beginn des Rides kommt man durch liebevoll gestaltete Treppenhäuser mit sprechenden Gemälden, Dumbledores Arbeitszimmer, in dem er den Besuchern einen Vortrag hält, und landet schließlich in der großen Halle. Dank unserer Freundin, die einen Front of the Line-Pass besitzt, mussten wir nie lange warten, sondern wurden überall durchgewunken. Hier wäre ich jedoch noch gerne ein wenig länger geblieben. Die Fahrt selbst macht Spaß und verbindet die gute, alte Animatronic mit der modernen 3 D-Projektion – durchgerüttelt wird man aber dennoch.

Leider gibt es nur zwei Fahrgeschäfte mit Harry Potter-Bezug. Neben dem genannten Ride kann man noch für gefühlte zehn Sekunden Achterbahn fahren und dabei einen atemberaubenden Ausblick auf das Schloss und das Dorf genießen. Hogsmeade ist gewissermaßen das Herzstück der neuen Anlage, ein schnuckeliges, winterliches Durcheinander windschiefer Häuser mit kuriosen Geschäften. Alles, was in den Büchern Erwähnung findet, gibt es auch hier: Läden für sündhaft teure Zauberstäbe, Süßigkeiten oder Gewänder. Die Souvenirs sehen immerhin nicht zu billig aus, regen die Phantasie der lieben Kleinen an und strapazieren den Geldbeutel ihrer Eltern. Besonders clever gemacht sind vor allem die interaktiven Schaufenster: Wenn man mit seinem Zauberstab davor herumwedelt, öffnet sich ein Schränkchen oder Ähnliches in der Auslage und zeigt einem einen verborgenen Gegenstand. Das Ganze erinnert entfernt an Geocaching und ist genauso spannend.

Das Durchschütteln in den Fahrgeschäften sorgt auf Dauer leider für eine gewisse Übelkeit. Nichtdestotrotz bekommt man irgendwann auch einmal Hunger, und hier gibt es zahllose Möglichkeiten, diesen zu stillen. Wir entschieden uns für „The Three Broomsticks“, das man aus den Potter-Büchern kennt. Die Preise sind erstaunlicherweise zivil und die Portionen groß. Ich habe mein halbes Zitronen-Grillhähnchen mit Maiskolben und Bratkartoffeln nicht aufessen können, obwohl es für einen Imbiss ziemlich lecker war. Statt ein Butterbier habe ich jedoch einen Kürbissaft getrunken, der leider viel zu süß war. Serviert wurde alles natürlich von etwas missmutigen Hauselfen, aber die haben ja auch bei Harry Potter keinen leichten Stand.

usa16Alles in allem kann man in den Universal Studios eine Menge Spaß haben, man sollte nur nicht zu viel von den Fahrgeschäften erwarten. Es sind insgesamt nur acht vorhanden, von denen sich viele einfach unheimlich ähneln, darüber hinaus gibt es aber noch die Studiotour, etliche interessante Shows und das The Walking Dead-Haus, das man durchlaufen und sich von Zombies erschrecken lassen kann. Immerhin handelt es sich dabei um Darsteller, nicht um Puppen, und ich stelle mir immer vor, wie einer von ihnen auf einer Party nach seinem Beruf gefragt wird und sagt: „Ach, ich arbeite Vollzeit als Zombie.“

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Mark G. & Pi Jay in La-La-Land 2016 von Pi Jay. Setze ein Lesezeichen zum Permalink.

Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.