Das Film- und Serienangebot ist ein Dschungel. Jährlich kommen rund fünfhundert Filme heraus, und bei den Serien sollen es angeblich auch bereits vierhundert sein. Wer soll das alles sehen? Früher, als es nur drei Programme gab, war das Fernsehen wie ein nationales Lagerfeuer, um das sich die Generationen herum versammelt haben. Es war Gemeinschaftserlebnis und manchmal beinahe Pflichtprogramm. Diversifikation ist heute das Zauberwort. Es gibt immer mehr Produkte für immer kleinere Zielgruppen, die dafür genau das bekommen, was sie sich wünschen. Wenn sie es denn im Wirrwarr des Angebots finden.
Daher werden persönliche Empfehlungen immer wichtiger. Auch wir bei InsideKino sind immer wieder dankbar für den einen oder anderen Hinweis im Forum auf eine interessante Produktion. Wie beispielsweise …
Midnight Special
Die Nachrichten berichten von einer Kindesentführung in Texas: Roy (Michael Shannon) hat zusammen mit seinem Kumpel Lucas (Joel Edgerton) seinen Sohn Alton (Jaeden Lieberher) aus den Fängen einer Sekte entführt. Deren Anführer (Sam Shepard) schickt seine Männer los, damit sie mit allen Mitteln das Kind, das sie als Propheten verehren, zurückholen sollen. Zur Polizei schaltet sich auch noch das FBI ein, da Alton streng geheime Regierungsinformationen der Öffentlichkeit preisgegeben hat, weshalb aus Washington der NSA-Spezialist Sevier (Adam Driver) anreist, um der Sache auf den Grund zu gehen. Schon bald kommt er hinter das Geheimnis des Jungen: Alton verfügt über übersinnliche Fähigkeiten.
Schon das Plakat verrät einiges über die geheime Natur des Jungen, hinter dem eine Sekte und die US-Regierung her ist, doch erst am Ende des Films erfährt man, was es mit Alton wirklich auf sich hat – und selbst dann bleiben noch viele Fragen unbeantwortet. Immerhin gelingt es Regisseur und Autor Jeff Nichols bis dahin, eine spannende Geschichte zu erzählen, die von der ersten Minute an einen starken Sog entwickelt. Man möchte einfach hinter das Geheimnis dieses Jungen kommen, der stets mit einer Taucherbrille herumläuft und das Sonnenlicht meidet wie ein Vampir.
Vieles in dieser Story erinnert an Starman oder E.T., ist aber dennoch solide erzählt und lebt vor allem von seinen starken Darstellern, zu denen sich auch noch Kirsten Dunst als Mutter des Jungen gesellt. Leider bleiben die Figuren insgesamt etwas blass, man erfährt nicht, was die Eltern in die Arme der Sekte getrieben hat, wie sie sich ineinander verliebt haben oder was sie auseinander gebracht hat, ihre Gefühle und Absichten bleiben weitgehend verborgen bzw. stehen hinter dem Willen, ihm Kind zu helfen zurück. So handelt die Story in erster Linie von kompromissloser Elternliebe, die ihr Kind so akzeptiert, wie es ist, auch wenn sie dafür einen hohen Preis bezahlen muss. Schade, dass Nichols sich nicht getraut hat, mehr auf die Emotionen seiner Figuren zu setzen, so vermeidet er zwar Rührseligkeit, versäumt aber auch einige Chancen, seinen Film über den Durchschnitt herauszuheben.
Note: 3