Mein neues Büro geht zum Garten raus und hat einen Balkon, auf dem man wunderbar sitzen und nachdenken kann. Es ist ruhig, die Vögel zwitschern, und manchmal tropft Wasser von oben herunter, wenn die Nachbarin allzu enthusiastisch ihre Blumen gießt. Hier lässt es sich gut arbeiten – es sei denn, in einem der Gärten wird gegrillt. Dann riecht es oft so verführerisch, dass man vor lauter Magenknurren keinen klaren Gedanken mehr fassen kann.
Man kann diese Qual noch ein wenig auf die Spitze treiben, wenn man selbst nur einen Salat isst und dabei vom saftigen Steak träumt, oder man sieht sich einen Film an, der einem die tollsten kulinarischen Genüsse vor Augen führt, von denen man nicht einmal weiß, wie sie wohl schmecken. Kombiniert mit einem Ausflug in eine wunderschöne Landschaft wird man solchermaßen gleich zweifach gefoltert: Zum Appetit kommt dann noch das Fernweh hinzu.
Madame Mallory und der Duft von Curry gehört in diese Kategorie, aber auch Chocolat oder dieser kleine Film, den ich neulich gesehen habe:
Kiss the Cook: So schmeckt das Leben
Carl (Jon Favreau) ist ein begnadeter Koch in L.A., der seit zehn Jahren für Riva (Dustin Hoffman) arbeitet und immer dasselbe kochen muss. Als der bekannte Foodblogger Ramsey Michel (Oliver Platt) seinen Mangel an Innovation beklagt, beginnt Carl ungewollt einen Twitterkrieg mit ihm, der ihn am Ende seinen Job kostet. Zusammen mit seiner Ex-Frau (Sofia Vergara) und ihrem gemeinsamen Sohn Percy (Emjay Anthony), den er viel zu lange vernachlässigt hat, fährt er daraufhin nach Miami, um dort einen altmodischen Imbisswagen zu kaufen und mit einer mobilen Küche einen Neustart zu wagen.
Filme über das Essen sind meistens ungeheuer sinnlich inszeniert und plätschern in einem angenehm langsamen Tempo vor sich hin. Man meint, die Zutaten beinahe riechen und schmecken zu können und muss sich zusammenreißen, um nicht sofort den Kühlschrank zu plündern. Jon Favreau, der seit langem mal wieder eine größere Rolle übernommen sowie das Buch geschrieben und Regie geführt hat, schien große Lust auf einen kleinen, feinen Film gehabt zu haben, als Gegengewicht zu den ganzen Blockbuster-Popcorn-Filmen, die er in letzter Zeit gemacht hat. Slow Food statt Fast Food gewissermaßen.
Die Story vom Genie, das sein Potential nicht voll entfalten kann, ist nicht gerade neu, funktioniert aber hervorragend. Auch der Vater-Sohn-Konflikt strotzt nicht vor Originalität, sieht man aber dennoch gerne, weil der Junge hervorragend besetzt ist. Überhaupt hat Favreau eine Menge Freunde versammelt, die ihn unterstützen – neben den bereits Genannten spielen noch Scarlett Johansson und Robert Downey Jr. mit. In der zweiten Hälfte wird die Story leider etwas dünn, wie Suppe, die zu oft verlängert wurde, verwöhnt das Auge aber dafür mit einem kulinarischen Streifzug durch den Südosten der USA.
Alles in allem kein Meisterwerk, aber ein Film mit Wohlfühlcharakter, den man keinesfalls mit leerem Magen sehen sollte.
Note: 3