Es gibt Männer, die fühlen sich in Baumärkten wie zuhause, die geraten bei Werkzeugen und Maschinen ins Schwärmen und freuen sich wie kleine Kinder, wenn sie zum Geburtstag oder zu Weihnachten einen Satz neuer Schraubenschlüssel geschenkt bekommen. Ich stehe nur hilflos in einem der endlos langen Gänge, blicke mich um und frage mich: Wer zum Teufel braucht all das?
In den vergangenen drei Tagen war ich zweimal in einem Baumarkt, um Schrauben und Dübel für ein Bücherregal zu kaufen. Beim ersten Mal hatte ich sogar eine der alten Schrauben dabei, fragte einen Fachmann um Rat – und kam doch mit der falschen Größe nach Hause, weil der Verkäufer noch weniger Ahnung von der Materie hatte als ich. Oder er hatte das Gewünschte nicht auf Lager und wollte mir unbedingt etwas verkaufen, auch wenn es das Falsche war. Dass die gesamte Aktion mit Hin- und Rückweg und endlos langen Wartezeiten, bis endlich ein Verkäufer verfügbar war, knapp zwei Stunden gedauert hat, machte es nur noch ärgerlicher.
Gestern war ich wieder auf der Jagd nach Schrauben, habe mich auf dem Weg zum Baumarkt natürlich prompt verirrt – der Orientierungssinn scheint wohl vom gleichen Gen beeinflusst zu werden wie die Begeisterung für Werkzeug – und hoffe nun, die richtigen Schrauben gefunden zu haben. Das werde ich aber erst in ein paar Tagen wissen, wenn der Bekannte mit der Bohrmaschine kommt, um mir zu helfen. Umtauschen kann ich das Gekaufte vermutlich auch nicht mehr – denn der Baumarkt schließt demnächst für immer seine Pforten. Anscheinend mangelt es in der Stadt an begeisterungsfähigen Männern mit einem Faible für Baumaterialien …
Passend zu all den männlichen Aktivitäten gibt es heute die Kritik zu einem Actionfilm. Der Titel ist bei mir seit einiger Zeit übrigens Programm, nur müsste er Run all Day heißen.
Run All Night
Jimmy (Liam Neeson) ist ein abgehalfterter Ex-Profilkiller einer New Yorker Mafia-Familie, der den Kontakt zu seinem Sohn Mike (Joel Kinnaman) verloren hat. Mike arbeitet hart als Limousinenfahrer, um seine Familie zu ernähren. Eines Abends bringt er zwei Männer zu Danny (Boyd Holbrooke), dem Sohn des Mafia-Paten Shawn (Ed Harris), und wird Zeuge, wie Danny die beiden erschießt. Als Danny nun hinter Mike her ist, greift Jimmy ein und tötet ihn. Daraufhin schwört Shawn Rache und schickt ihnen sowohl korrupte Polizisten als auch einen Auftragsmörder (Common) hinterher …
Liam Neesons erstaunliche späte Actionkarriere beschert uns in schöner Regelmäßigkeit Filme wie diesen – und häufig geht es um eine Familie, die er retten muss. Actionfilme erscheinen manchmal ja ohnehin wie Familiendramen mit anderen Mitteln, und häufig geht es um abwesende Väter und ihre entfremdeten Kinder. Auch in Run All Night ist das Verhältnis zwischen Jimmy und Mike völlig zerrüttet, weil der Vater die Familie verlassen hat, um sie vor dem, was er tut, zu schützen. Was der Sohn unkommentiert hinnimmt, dabei wäre doch die Frage naheliegend: Warum hast du dir nicht einfach einen anderen Job gesucht?
Aber auch darauf weiß der Film eine einfache Antwort: Wenn man einmal einen bestimmten Weg beschritten hat, muss man ihn bis zum Ende gehen. Da zählen auch keine alten Freundschaften oder etwa die Tatsache, dass Jimmy Danny in Notwehr erschossen hat. Für Mafia-Boss Shawn ist die Rache eine notwendige, im Grunde aber lästige Pflicht, der er nachkommen muss Vermutlich weil man das eben so macht, wenn man ein Verbrechersyndikat leitet und – Achtung, noch ein Familiendrama – der missratene Sohn einem den ganzen Ärger einbrockt. Familie hält eben zusammen.
Es gibt noch eine Menge weiterer einfacher Antworten in der Geschichte, die so ziemlich jedes Klischee bedient, das es in dem Genre gibt. Das zeugt nicht gerade von Originalität, wäre aber noch akzeptabel, solange die Action überzeugt und die Story spannend erzählt ist. Davon kann leider keine Rede sein, die Action-Sequenzen sind zwar leidlich gut inszeniert, aber leider auch ein wenig sparsam dosiert, und das Familiendrama ist trotz guter schauspielerischer Leistungen auch nicht besonders packend geschrieben. Eine endlose fiebrige Jagd durch die Nacht, die der Titel verspricht, ist es jedenfalls nicht.
Note: 4+