Das Angebot an Spielfilmen ist riesig und wird immer größer und damit unübersichtlicher. Neben dem Kino und den zahlreichen TV-Kanälen mischen ja auch die Streamingdienste immer fleißiger mit, produzieren selbst und nehmen auch ältere Streifen in ihr Sortiment auf. Leichter wird die Auswahl dadurch leider nicht. Deshalb warte ich schon seit einiger Zeit darauf, dass ein findiger Kopf eine Webseite entwickelt, auf der man den Titel des gesuchten Films eingeben kann, um sofort danach zu erfahren, wo dieser gerade läuft oder angeboten wird. Noch besser wäre es, wenn man aufgrund einer Liste seiner Lieblingsfilme eine Auswahl an interessanten Titeln bekäme, von denen man womöglich noch nie gehört hat oder die man schon immer mal sehen wollte, an die man aber gerade nicht mehr denkt.
Sicher, auch Netflix und Amazon unterbreiten ihren Kunden solche Listen: „Weil Sie den Film X gesehen haben, dürfte Ihnen auch der Film Y gefallen.“ Meistens orientieren sich die Programme nur an den Genres und berücksichtigen zum Beispiel nicht, wenn man die Sichtung eines Films oder einer Serie abgebrochen hat, weil einem die Geschichte nicht gefiel. Und wenn dann einmal der junge Neffe zu Besuch ist und sich eine Kindersendung anschaut, werden die Empfehlungen noch kruder. Aber vielleicht werden die Suchalgorithmen irgendwann detaillierter und präziser, damit man nicht in ein Dutzend schlechte Filme reinschauen muss, bevor man durch Zufall einmal ein Highlight entdeckt.
Vor ein paar Tagen bin ich bei SkyGo die Liste mit allen Filmen durchgegangen, habe mir bekannte oder einfach nur interessant klingende Titel rausgesucht und diese dann ganz altmodisch bei imdB eingegeben, um etwas mehr zu erfahren. Das hat zwar etwas Arbeit gemacht, aber so habe ich nun wenigstens eine Liste, die ich „abarbeiten“ kann, und die erste Überraschung habe ich auch schon entdeckt …
Das größte Spiel seines Lebens
Francis Ouimet (Shia LaBeouf) wächst neben einem Golfplatz auf und wird in jungen Jahren Caddy. Dabei verliebt er sich in das Spiel und beginnt selbst zu trainieren. Weil er eine außergewöhnliche Begabung entwickelt, bietet ihm der Club an, an einem Amateur-Wettbewerb teilzunehmen, doch seine Mitstreiter aus der Oberschicht akzeptieren ihn nicht. Sogar sein desillusionierter, hart arbeitender Vater (Elias Koteas) will, dass er aufhört, weil sich seine Träume ohnehin nie erfüllen werden. Tatsächlich unterliegt Francis und muss, da er es seinem Vater versprochen hat, mit dem Spielen aufhören. Ein paar Jahre später werden jedoch die U.S. Open in seiner Heimatstadt ausgetragen, und da man gerne einige einheimische talentierte Spieler dabei hätte, erhält Francis das Angebot, mit den besten der Welt um den Pokal zu spielen, darunter auch sein Idol Harry Vardon (Stephen Dillane).
Golf ist öde. Ein Spiel für alte Herrschaften, die zu faul sind, um spazieren zu gehen, ein Spiel für snobistische Manager, die auf dem Grün ihre Geschäfte abwickeln – so oder so ähnlich lauten die Vorurteile. Also kann ein Film darüber auch nicht so besonders spannend sein, könnte man meinen. Dem ist aber nicht so.
Das größte Spiel seines Lebens ist ein klassisches cheerie movie und funktioniert nach allen Regeln dieses Genres: Ein krasser Außenseiter mit einem großen Talent erhält eine Chance, sich zu beweisen, kämpft gegen seine Umwelt, seine Gegner und weitere Widrigkeiten, um am Ende zu triumphieren oder zumindest sich selbst etwas zu beweisen. Genauso funktioniert auch die – natürlich wahre – Geschichte von Francis Ouimet, der Anfang des letzten Jahrhunderts ein begnadeter Golfspieler war. Ob er am Ende das Turnier gewonnen oder einfach nur seinen eingebildeten Widersachern eins ausgewischt und die Herzen der Zuschauer erobert hat, sei hier natürlich nicht verraten.
Interessant ist, dass sein größter Rivale Vardon nicht sein eigentlicher Gegenspieler ist, sondern eine Gesellschaft, die arrogant auf jeden herabblickt, der nicht über ihr Vermögen, ihre Bildung und ihren Status verfügt. Noch schlimmer sind jedoch die Briten, die mit Vardons Hilfe den Yankees beweisen wollen, dass sie, die das Spiel immerhin erfunden haben, besser sind. Dummerweise gehört Vardon nicht zu ihrer Gesellschaftsklasse und ist daher streng genommen kein Gentleman, was er zweit seines Lebens zu spüren bekam. Diese Ablehnung erträgt er weitgehend stoisch, er entwickelt aber von Anfang an eine gewisse Sympathie für den Underdog Ouimet.
Der Film ist allerdings nicht nur ein leidenschaftliches Plädoyer für Chancengleichheit und die Überwindung von Vorurteilen und sozialen Schranken, sondern auch eine Liebeserklärung an einen Sport, bei dem man nicht nur Talent braucht, sondern auch Nervenstärke, wenn man gewinnen will. Regisseur Bil Paxton findet originelle Bilder, um die Vorstellungskraft und Gedankenwelt seiner Figuren deutlich zu machen, aber auch um die Dynamik des Spiels einzufangen und auf den Punkt zu bringen. Gelegentlich ist seine Regie allerdings schon fast zu verspielt. So werden die einzelnen Partien visuell ansprechend und spannend in Szene gesetzt, und man fiebert regelrecht mit dem jungen Francis mit, den Shia LaBeouf nuanciert und leidenschaftlich darstellt.
Mit seinem Caddy Eddie (Josh Flitter) hat Francis dazu den perfekten Sidekick: Ein kleiner, pummeliger Junge, der kaum in der Lage ist, die Golftasche zu tragen, aber immer einen flotten Spruch, einen weisen Rat oder eine Ermutigung auf den Lippen hat – und dem Helden beinahe die Show stiehlt.
Alles in allem ein sehr unterhaltsames cheerie movie, das beweist, dass sogar Golf spannend sein kann.
Note: 2