Serien im Free-TV anzuschauen ist selten ein Vergnügen. Entweder muss man alle paar Minuten nervige Werbung ertragen oder die Serie wird nach einigen Folgen abgesetzt oder auf einen unmöglichen Sendeplatz verschoben. Deshalb zeichne ich häufig Serien auf und sehe sie mir später komplett an. So bin ich auch mit Happy Valley verfahren, als die erste Staffel vergangenen Herbst im WDR lief und ich zu der Zeit im Urlaub war.
Leider ist auf niemanden Verlass, nicht einmal auf die öffentlich-rechtlichen Sender. So liefen die ersten vier Folgen der Serie zur angegebenen Sendezeit, die letzten beiden aber nicht, weil der WDR stattdessen – und vermutlich aus einem hochaktuellen Anlass – zwei Folgen Klimbim gezeigt hat. Dummerweise fiel mir das erst auf, als ich sie anschauen wollte …
Am zum Glück gibt es Netflix, wo die erste Staffel auch zu finden ist – ohne dass man Rücksicht auf sich ständig verschiebende Sendetermine nehmen müsste. So graben sich die Sender ihr eigenes Grab.
Happy Valley
Catherine Cawood (Sarah Lancashire) ist Polizistin in der britischen Provinz. Vor Jahren wurde ihre Tochter vergewaltigt und brachte infolgedessen einen Jungen zur Welt, bevor sie sich das Leben nahm. Catherine beschloss, das Kind aufzuziehen, ihr Mann (Derek Riddell) ließ sich scheiden und heiratete erneut, so ganz kommen sie aber nicht voneinander los.
Eines Tages erfährt Catherine, dass der Vergewaltiger ihrer Tochter, der nicht wegen dieses Verbrechens, sondern wegen Drogenhandels im Gefängnis saß, wieder auf freiem Fuß ist: Tommy Lee Royce (James Norton) setzt seine Karriere im Drogenbusiness fort und arbeitet für Ashley Cowgill (Joe Armstrong).
Kevin Weatherill (Steve Pemberton) ist Buchhalter und in Geldnöten. Leider verweigert ihm sein Chef (Nevison Gallagher) eine Gehaltserhöhung. Als Kevin kurz darauf zufällig entdeckt, dass Ashley mit Drogen handelt, macht er ihm den Vorschlag, die Tochter seines Chefs zu entführen …
Es dauert eine gute Folge lang, bevor man die vielen handelnden Figuren kennt und der Plot an Fahrt aufnimmt, aber dann entwickelt die Geschichte einen immer stärkeren Sog. Der Plot ist sehr clever konstruiert und zeigt einmal mehr, dass viele Kleinigkeiten mitunter mehr auslösen können als eine einzige, große Tat. Wie das Verhalten einzelner Menschen den Lauf des Schicksals lenken und beeinflussen kann, ist hervorragend geschildert. Und da die Figuren allesamt gut geschildert sind, empfindet man selbst für manche Übeltäter noch einen Funken Mitleid.
Der dramatische Höhepunkt wird dann Ende der vierten Folge erreicht, was ein wenig zu früh ist, aber auch danach verfolgt man noch fasziniert, wie es mit den Menschen, die man inzwischen liebgewonnen hat, weitergeht. Vor allem Sarah Lancashire spielt hervorragend, so dass man nur hoffen kann, dass es über die zweite Staffel hinaus mit ihr noch weitergeht.