Box Office FocUS Mai 2016

_focUSDa ist sie, die Blockbuster-Season. Endlich. Es kann losgehen, die Langeweile ist vorbei, jetzt geht es richtig los…hmm…moment?!? Willkommen im Jahr 2016. Man müsste nur 10 Jahre in der Zeit zurückreisen und man würde eine Masse von Menschen treffen, denen der erste Satz aus der Seele gesprochen hätte. Wie sich die Zeiten doch verändern. Damals starteten 2 der erfolgreichsten 20 Filme des Jahres in den ersten 4 Monaten des Jahres, 2016 dagegen hat mit seinen vier $300Mio-Blockbustern schon jetzt vier sichere Top 10-Kandidaten produziert. Doch auch, wenn sich nicht mehr alle Aufmerksamkeit auf die 3 Sommermonate richtet, haben diese natürlich auch in diesem Jahr eine Menge zu bieten.

Wochenende 19 vom 6. – 8. Mai 2016

  • Vor nun genau 10 Jahren, war ein gewisser Ethan Hunt der letzte Mensch, der die Summer Season eröffnen durfte. Seitdem liegt dieser Termin in den Händen der Marvel-Superhelden. Wenig überraschend, dass sich dies auch 2016 nicht ändern wird. Der dritte Solo-Auftritt von Captain America hat in diesem Jahr die Ehre, wenngleich von „solo“ hier kaum die Rede sein kann. Vielmehr kommt „The First Avenger: Civil War“ wie eine sehr kalorienreiche Light-Variante der Avengers daher und das macht sich bemerkbar. Die weltweiten Einspielergebnisse können sich mit denen des letzten Avengers-Abenteuers messen. Ein gutes Omen für den leicht verspäteten US-Start. Genau dieser späte Start könnte sich nämlich als Segen erweisen, denn so können sich sowohl die positiven Reaktionen auf die Qualität, als auch die enormen Einspielergebnisse noch durch die Presse und bis ins Wohnzimmer des größten Kinomuffels arbeiten. Auch sonst spricht alles für einen gigantischen Erfolg: Der bisher nie dagewesene Duellcharakter der Geschichte, enorme Trailerviews…ach was rede ich, hier gibt es nicht den kleinsten Zweifel, dass der Kampf um den zweiterfolgreichsten Start aller Zeiten eröffnet ist. Ich glaube, dieser Kampf wird gewonnen. $215m/$540m

Wochenende 19 vom 13. – 15. Mai 2016

  • Nach einem solchen Start in den Mai, folgt erfahrungsgemäß eine Verschnaufpause am 2. Wochenende. Hier und da trauen sich die Studios, mit Counter-Programming anzusetzen, aber meist bleibt es bei Einsätzen von Filmen mit geringeren Erfolgsaussichten. „Money Monster“ ist einer davon. Obwohl die Besetzung mit Julia Roberts und George Clooney erstklassig ist und dazu noch Jodie Foster auf dem Regiestuhl Platz nimmt, sind die Zeiten vorbei, in denen diese Namen alleine die Besucher in die Kinos spülten. Der von Sony/Tristar produzierte Thriller wird sein Publikum vor allem im Bereich „Männlich, 40 Plus“ finden und somit in der Tat, zumindest auf überschaubarem Niveau, als Gegenprogramm zu Captain America funktionieren. Auch wenn der Trailer ansprechendes Spannungskino verspricht, sieht es bisher so aus, als drohte der Film im Sog der Vorwoche unterzugehen. Sony muss wohl noch eine Wochen warten, bis es bessere Nachrichten von den Kinokassen gibt. $12m/$35m könnten dennoch am Ende herausspringen.
  • Was darf am Freitag den 13. natürlich nicht fehlen? Richtig, ein Horrorfilm. Was für Ethan Hawke „Sinister“, ist für Kevin Bacon „The Darkness“. Ein ehemaliger Star der 2. Reihe, darf sich im gehobenen Alter in einem Grusler austoben. Das ist auch schon das Stichwort, viel Grusel gibt der Trailer nicht her, was aber auch kein Wunder ist, denn die von „High Top Releasing“ vertriebene Blumhouse-Produktion wurde mit einem harmlosen PG-13-Rating ausgestattet. Nun haben wir  in der Vergangenheit gelernt, dass man den PG-13-Horror nicht unterschätzen darf. Der Trailer ist allerdings mehr als lahm, wenngleich man sagen muss, dass die Trailerklicks für einen so „kleinen“ Film gar nicht schlecht sind. Bei einem Verleih, dessen größter Erfolg bisher $7 Mio eingenommen hat, muss man natürlich vorsichtig sein, da muss man auch immer abwarten, wie breit der Film überhaupt gestartet wird, aber mit dem Gimmick „Freitag der 13.“ als moralische Unterstützung, könnten $7m/15m zum größten Hit des kleinen Verleihs reichen.

Wochenende 20 vom 20. – 22. Mai 2016

  • Verfilmungen von Computerspielen hatten in der Vergangenheit einen schweren Stand an den Kinokassen, deswegen dachte man sich bei Sony, dass man es vielleicht einfach einmal mit der Adaption einer App versuchen sollte. Gesagt, getan und heraus kam „Angry Birds“. Grundsätzlich ist es sicher keine schlechte Idee, Animation einfach solche bleiben zu lassen, damit der Schritt vom Computerbildschirm auf die Leinwand nicht zu groß wird. Die wütenden kleinen Vögelchen haben anscheinend eine treue Fangemeinde, diverse Clips bei Youtube erreichten Clickzahlen im dreistelligen Millionenbereich. Auch die Trailer generierten schier unglaubliche Aufrufstatistiken, die sicher einerseits der treuen Onlinegemeinde geschuldet sind, aber alleine daran kann es auch nicht liegen. Irgendetwas muss also an diesem Film dran sein, was die Leute anspricht. Zusätzlich hilft es ungemein, dass man hier als erster Animationsfilm seit über 2 Monaten startet und auch zum letzten Familenfilm, „Jungle Book“, hat man ein mehr als ausreichendes Polster. Für Sony ist momentan jeder Kassenerfolg Balsam für die geschundene Seele, deshalb wäre ein hauseigener Startrekord für das Studio bestimmt ein Grund zum Feiern. $50m/$155m
  • Den Auftakt zur Komödiensaison darf in diesem Jahr ein Sequel übernehmen. Das war zumindest der Plan. Letztendlich wird es aus wenig nachvollziehbaren Gründen ein Zweikampf werden, der zwar bereits im Vorfeld entschieden scheint, aber vielleicht knapper, als angenommen ausgehen könnte. Der Favorit ist ganz eindeutig „Bad Neighbors 2“. Der erste Teil der Seth/Zac-Komödie wurde 2014 zu einem erfreulichen Überraschungserfolg für Universal. Klar, dass man da nun ein Sequel nachreicht. Inhaltlich scheint man beim alten Muster zu bleiben, ersetzt die Antagonisten einfach durch Frauen und dreht den gleichen Film noch einmal. Universal ist im vergangenen Jahr mit seinem uninspirierten Sequel zu „Ted“ böse auf die Nase gefallen, der stand allerdings auch im Schatten des dynamischen Juni-Duos „Jurassic World“ und „Inside Out“. Ganz so groß ist die Konkurrenz in diesem Jahr nicht, aber „Captain America“ und die Komödienkonkurrenz an diesem Wochenende werden ihren Beitrag dazu leisten, dass das Sequel hinter dem Vorgänger zurückbleiben wird. $35m/$95m
  • Kommen wir nun zum Herausforderer an diesem Wochenende. „American Hustle“ hat gezeigt, dass man mit einem coolen 70er Jahre-Streifen auch heute noch gutes Geld verdienen kann. „The Nice Guys“ setzt an dieser Idee an und verspricht eine Krimikomödie, die einfach Spaß macht. Mit Russell Crowe als Prügelknabe und Ryan Gosling als zerbrechlichem Privatdetektiv, liefert Regisseur Shane Black, nach seinem kurzen Ausflug ins Superheldengeschäft, nun einen Buddy-Film, der eher auf den Spuren seines kleinen Kultklassikers „Kiss Kiss Bang Bang“ wandeln dürfte. Die Trailer kommen gut an und der Film sollte auch eher auf ein älteres Publikum abzielen, als „Bad Neighbors 2“, sodass an diesem Wochenende eigentlich für jeden etwas dabei sein wird. Oder für fast jeden, Frauen haben mal wieder das Nachsehen. Ich sehe hier einiges an Sleeper-Potential, weswegen mich ein starker Multiplikator wenig überraschen würde. Der Start mag nicht mit den Nachbarn mithalten können, aber vielleicht reicht es ja am Ende zu erfreulichen $20m/$80m.

Wochenende 21 vom 27. – 30. Mai 2016 (Memorial Day)

  • Die einstmalige Eröffnung des Sommers stellte das Memorial Day-Wochenende da, schon immer ein gutes Pflaster für gepflegte Unterhaltung in den Kinosälen. Auch die X-Men- Reihe hat zu diesem Termin gute Erfahrungen an den Kassen sammlen können und dort die zwei einspielstärksten Beiträge der Serie gestartet. Aller guten Dinge sind ja bekanntlich 3, deswegen macht sich „X-Men: Apocalypse“ nun abermals auf die Jagd nach nach dem Franchise-Thron, den „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ nur um einen Wimpernschlag dem dritten (und unbeliebtesten) Teil der Reihe überlassen musste. Nachdem Brett Ratner den Karren mit zuvorgenanntem Film (inhaltlich) gehörig an die Wand gefahren hatte, leistete Matthew Vaughn in „X-Men: Erste Entscheidung“ Aufbauarbeit, bevor Bryan Singer, der Regisseur der ersten beiden Teile, in „Zukunft ist Vergangenheit“ die Stricke wieder zusammensetzte und das Werk Ratners auslöschte. Auch für Teil 6 zeigt sich Singer verantwortlich und lässt es, wie gewohnt, ordentlich krachen. Der letzte Teil hatte 2014 weniger Superheldenkonkurrenz und daher einfacheres Spiel. Das merkt man auch am vergleichsweise (noch) zurückhaltenden Buzz im Schatten von „Civil War“. Dazu bekommt „Apocalypse“ auch am Startwochenende einen Gegenspieler aus dem Hause Disney. Der Verleih wird das Presseembargo  bereits am Montag aufheben, sodass man von guter Qualität ausgehen kann, der Rekord wird aber wohl wieder knapp verfehlt. $110m(4T)/$230m
  • Und damit nicht genug, auch für die Familie wird an diesem Wochenende etwas geboten. Disney schiebt, 6 Jahre nach Tim Burtons Überraschungshit „Alice im Wunderland“, ein Sequel namens „Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln“ nach. So ganz versteht man nicht, weshalb erst jetzt, weshalb ohne Tim Burton und mit dem Wissen, dass große Teile des Erfolges dem damaligen 3D-Hype geschuldet waren. Natürlich spielte auch Johnny Depp eine Rolle, damals eindeutig auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Heute ist es um den Protagonisten etwas ruhiger geworden und ähnlich verhält es sich mit dem Film. Disney hat momentan wahrlich einen Lauf, man mag sich gar nicht vorstellen, dass etwas nicht funktionieren könnte, aber hier scheinen wir einen Kandidaten gefunden zu haben. Man mag fast meinen, Disney wüsste es und versucht erst gar nicht, noch etwas zu retten, so wurde der Film beispielsweise bei der im April stattgefundenen Cinema Con schlicht komplett ignoriert. Ein wenig erinnert das alles an die Entwicklung der Narnia-Reihe, die ebenfalls einen herben Einbruch zum 2. Teil erdulden musste. Alles deutet darauf hin, dass hier etwas einfach nicht funktioniert. Die Trailerklicks sind bedenklich niedrig und auch sonst möchte sich einfach kein Interesse für den Film einstellen. Eigentlich kein Wunder, war der Vorgänger inhaltlich doch deutlich weniger beliebt, als das Einspiel andeuten mag. Disney wird es verkraften können, aber mit $55m(4T)/$130m wird der Verleih sicher nicht zufrieden sein.

Das war er also, der Mai. In diesem Jahr wird Großes geboten und bei solch enormen Erwartungen und dem vielfältigen Angebot kann es gerne mal passieren, dass der ein oder andere Film durch das Raster fällt, der in schwächeren Jahren vielleicht besser punkten könnte. Es ist  einfach immer auch ein wenig Glück dabei. Am Erfolg von Captain America gibt es nichts zu rütteln, der Rest wird auch stark von der Qualität der anderen Filme abhängen. Wir hoffen das Beste und freuen uns auf den Mai und alles, was danach kommt. Der Juni wird nicht minder spannend, zumindest in den USA, wo sich die Welt trotz Fußball-EM weiterdrehen wird.